„Nicht unsere Rakete“

Selenskyj traut den NATO-Erkenntnissen nicht

Ausland
17.11.2022 11:38

Die NATO, Polen und auch die USA gehen mittlerweile davon aus, dass jene Trümmerteile, die am Dienstag in den polnischen Grenzort Przewodow einschlugen, höchstwahrscheinlich von einer ukrainischen Luftabwehrrakete stammen. Die Erleichterung in der Militärallianz war am Mittwoch spürbar: Es handle sich um keinen russischen Angriff und damit um keinen Bündnisfall. Doch der ukrainische Präsident hält weiterhin an seiner Version fest und fordert Zugang zum Einschlagsort. Unterdessen hat die polnische Regierung erste Beweise für die ukrainische Herkunft präsentiert.

„Ich habe keinen Zweifel daran, dass dies nicht unsere Rakete ist. Es macht für mich keinen Sinn, ihnen (dem ukrainischen Militär) nicht zu glauben“, betonte Selenskyj am Mittwochabend. Er will nun Fakten „oder irgendwelche Beweise von den Partnern“. Selenskyj forderte die Einbeziehung ukrainischer Spezialisten bei den Untersuchungen zur Aufklärung des Vorfalls. „Alle unsere Informationen stehen zur vollen Verfügung. Wir haben sie an unsere Partner gegeben seit der Nacht, seit den ersten Stunden, als die Welt begann herauszufinden, was passiert ist“, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache am Mittwochabend. Zugleich bräuchten ukrainische Experten Zugang zu den Informationen, die an Ort und Stelle gesammelt worden seien, erklärte er.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert Beweise dafür, dass es sich in Polen um eine ukrainische Rakete gehandelt hat. (Bild: EPA)
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert Beweise dafür, dass es sich in Polen um eine ukrainische Rakete gehandelt hat.

Tatsächlich dürfte der Zugang auch bald gewährt werden. „Ein polnisch-amerikanisches Ermittlungsteam ist vor Ort“, sagte der Außenpolitikberater des polnischen Präsidenten, Jakub Kumoch, im Privatsender TVN 24. „Die Ukrainer haben um Zugang zum Ort der Ermittlungen gebeten. Wenn beide Parteien einverstanden sind - und meines Wissens gibt es keine Einwände von amerikanischer Seite -, könnte es einen solchen Zugang bald geben.“ Polens Präsident Andrzej Duda hatte bereits am Mittwoch erklärt, dieser erfordere die Zustimmung der beiden Länder, die die Ermittlungen leiten.

Lob für Biden aus Moskau
Der Kreml hatte betont, Russland habe mit dem Raketeneinschlag in Polen „nichts zu tun“. Auf Bildern von Trümmern an der Einschlagsstelle hätten russische Militärexperten „eindeutig“ Fragmente einer Rakete des ukrainischen S-300-Luftabwehrsystems identifiziert. S-300-Raketen werden von der Ukraine wie auch von Russland eingesetzt. Am Mittwoch zitierte das russische Außenministerium den polnischen Botschafter ins Außenamt. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow begrüßte die „zurückhaltende“ Reaktion der US-Regierung. Präsident Joe Biden hatte es schon wenige Stunden nach dem Einschlag als „unwahrscheinlich“ bezeichnet, dass die explodierte Rakete von russischem Boden aus abgeschossen worden sei.

Biden wiederholte am Donnerstag nach seiner Rückkehr vom G20-Gipfel auf Bali die Erkenntnisse seiner Experten. Er widersprach seinem ukrainischen Amtskollegen: „Das entspricht nicht den Hinweisen.“ Bei dem Vorfall waren am Dienstag zwei Menschen getötet worden. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen.

Polen liefert erste Beweise
Erste Beweise lieferte der Außenpolitikberater des polnischen Präsidenten am Donnerstag: Vieles deute darauf hin, dass eine der Flugabwehrraketen, die zum Abschuss einer russischen Rakete gestartet wurden, ihr Ziel verfehlt und anschließend der Selbstzerstörungsmechanismus nicht funktioniert habe. Dies habe dann zu einem Unfall geführt. Die Trümmer der Rakete und die Tiefe des Kraters würden diese Schlussfolgerung nahelegen. „Die Experten berechnen die Richtung, aus der die Rakete kam, sogar die Menge des verbrauchten Treibstoffs und damit das Gebiet, aus dem sie gestartet worden sein könnte. Dies ist eine rein technische Feststellung“, führte Kumoch weiter aus.

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