Im Gebiet Donezk im Osten der Ukraine liefern sich ukrainische und russische Truppen heftige Gefechte. Der ukrainische Generalstab meldete am Freitag Artillerie- und Panzerbeschuss auf mehrere Orte im Umkreis der Gebietshauptstadt Donezk, sowie weiter südlich auf Wodjane in der Nähe von Mariupol. Derzeit verändert sich der Frontverlauf noch kaum, laut britischen Geheimdienstinformationen bereiten sich die russischen Invasionstruppen aber auf weitere Rückschläge vor. Auf der Halbinsel Krim werden bereits die Verteidigungsanlagen ausgebaut.
Die Kiewer Angaben über die Gefechte im Donbass - einem wichtigen Kohle- und Stahlrevier - decken sich mit Berichten russischer Militärblogger. Die beschossene Kleinstadt Awdijiwka wird von der Ukraine kontrolliert und liegt wenige Kilometer nördlich von Donezk. Weil dort schon seit 2014 die Front zwischen ukrainischen Kräften und den von Moskau kontrollierten Separatisten verläuft, sind die Stellungen der Ukraine gut ausgebaut. In den fast neun Monaten seit dem russischen Einmarsch am 24. Februar haben die russischen Kräfte nur geringe Geländegewinne erzielt. Zuletzt wurde laut Moskauer Verteidigungsministerium das Dorf Opytne in der Nähe von Awdijiwka erobert.
Truppen von Cherson nach Donezk verlegt
Nach Einschätzung des US-amerikanischen Instituts für Kriegsstudien (ISW) hat Russland an diesen Frontabschnitt Truppen verlegt, die durch den Rückzug aus dem Gebiet Cherson frei geworden sind. Weiterer Schwerpunkt der Gefechte ist laut Lagebericht des ukrainischen Generalstabs die Region um die Stadt Bachmut. Dort seien ukrainische Stellungen mit Panzern, Minenwerfern, Rohr- und Raketenartillerie beschossen worden. Auch hier ist der Frontverlauf seit Monaten praktisch unverändert. Britische Geheimdienste erwarten, dass Russland zur Verstärkung auch hierher aus Cherson abgezogene Truppen verlegt.
Heftigen Artilleriebeschuss habe es auch am Frontabschnitt von Kupjansk gegeben. Dieser wichtige Eisenbahnknoten im Gebiet Charkiw war bei dem schnellen Vorstoß der ukrainischen Armee im September zurückerobert worden. Allerdings sind die Ukrainer seitdem Richtung Osten kaum weiter vorangekommen.
Angriff mit Abwehrraketen
Im Gebiet Saporischschja beschossen nach örtlichen Behördenangaben russische Truppen nachts ein Dorf mit den eigentlich zur Flugabwehr bestimmten Raketen des Systems S-300. Es sei ein Gebäude zerstört, Menschen aber nicht verletzt worden. Die russische Praxis, Abwehrraketen als Angriffswaffen einzusetzen, ist für den Westen ein Indiz dafür, dass Moskau die Raketen ausgehen. Sie war auch ein Grund dafür, warum hinter dem Raketeneinschlag in Polen zunächst Russland vermutet wurde.
Nach Einschätzung britischer Militärexperten bereiten sich die russischen Truppen auf weitere Rückschläge vor. Laut dem Verteidigungsministerium in London fokussieren sich die russischen Streitkräfte nach ihrem Rückzug vom westlichen Ufer des Flusses Dnipro in den meisten von ihnen besetzten Teilen des Landes darauf, sich neu zu ordnen und Vorkehrungen zur Verteidigung zu treffen.
Schützengräben 60 Kilometer hinter der Front
Die britischen Nachrichtendienste bestätigten auch, dass nahe der Grenze zu der von Russland bereits seit 2014 besetzten Schwarzmeer-Halbinsel Krim und nahe dem Fluss Siwerskyj Donez zwischen den Regionen Donezk und Luhansk neue Schützengräben ausgehoben wurden - krone.at berichtete. „Die Standorte befinden sich teilweise bis zu 60 Kilometer hinter der aktuellen Frontlinie, was nahelegt, dass die russischen Planer Vorbereitungen treffen für den Fall weiterer größerer ukrainischer Durchbrüche“, heißt es in der Mitteilung aus London.
Mit den Befestigungsarbeiten solle „die Sicherheit der Krim-Bewohner garantiert“ werden, sagte der von Moskau eingesetzte Verwaltungschef der 2014 annektierten ukrainischen Halbinsel, Sergej Aksjonow, am Freitag. Die Sicherheit der Krim müsse jedoch „hauptsächlich durch Maßnahmen auf dem Territorium“ der Region Cherson gewährleistet werden. Der russische Abzug aus Teilen der Oblast ermöglichte es den ukrainischen Streitkräften, ihre Geschütze näher an der Krim in Stellung zu bringen.
Krim Ziel von Attacken
In den vergangenen Monaten war die Halbinsel mehrfach angegriffen worden. So war im Oktober die Brücke, die die Krim mit dem russischen Festland verbindet, durch eine Bombenexplosion schwer beschädigt worden. Moskau schrieb den Angriff der Ukraine zu. Auch für Attacken auf die russische Flotte in Sewastopol und auf mehrere russische Militäreinrichtungen auf der Krim machte Russland die Ukraine verantwortlich. Seit der Annexion der Krim 2014 betrachtet Moskau die Halbinsel als russisches Staatsgebiet, international wird dies nicht anerkannt. Kiew hat angekündigt, die Krim zurückerobern zu wollen.
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