Die Pflege hat es nicht leicht in Österreich: Bis 2030 braucht es 35.000 neue Pflegekräfte. Doch dem Berufsfeld fehlt es an Attraktivität, vor allem aber an der passenden Unterstützung und entsprechenden Rahmenbedingungen. Zudem tragen Familienangehörige die Hauptlast der Pflege. Die von der Regierung angekündigte Pflegereform soll Abhilfe schaffen. Doch das reiche nicht: „Wir brauchen einen erleichterten Zugang von Drittstaatsangehörigen“, sagt Othmar Karas, Präsident des Hilfswerk Österreich und erster Vizepräsident des Europaparlaments im Live-Talk mit Moderatorin Conny Winiwarter. Zudem räumt er ein, dass die EU in der Asylpolitik gescheitert ist.
„Es ist ein harter Beruf“, bringt es Karas auf den Punkt, „und er wird viel zu wenig wertgeschätzt“. Dass Menschen in Pflegeberufen systemrelevant sind, hat die Pandemie eindrücklich gezeigt. Dennoch sei sowohl die Wertschätzung, die Rahmenbedingung und die Unterstützung der Menschen „ungenügend“. Empathie müsse wieder einen Wert haben, so Karas. Jeder Mensch, der sich für den Beruf der Pflege entscheidet, müsse von erfahrenen Ausbildnern entsprechend begleitet werden. „Wir haben von beidem zu wenig“, ist sein ernüchterndes Resümee.
Pflegelehre: Guter Schritt, aber nicht ausreichend Es müsse Werbung betreiben, um den Mangel an Praktikumsplätzen und Personal langfristig beheben zu können. Dazu brauche es aber auch mehr Ausbildungskanäle. „Ich bin froh, dass jetzt die Pflegelehre begonnen wurde“, äußert sich Karas in Bezug auf die Pflegereform zwar positiv, doch nicht jeder Pflegetätigkeit könne von einem Lehrling durchgeführt werden, gibt er zu bedenken. Dabei betont Karas mehrmals: „Das Essenzielle ist die berufliche Praxis.“
(Bild: krone.tv)
Hilfe aus Drittstaaten nötig Was Karas in der Pflegereform fehlt, ist „der erleichterte Zugang von Drittstaatsangehörigen mit der entsprechenden Ausbildung und dem Willen, nach Österreich zu kommen“. Laut Karas gäbe es hier großes Potenzial: Patenschaften mit geeigneten Ländern und eine Attraktivierung der Rot-Weiß-Rot-Karte zum Beispiel. Best-Practice-Beispiele gebe es in Deutschland und in Nordeuropa: „Die sollte Österreich nachahmen.“
Familienangehörige tragen Hauptlast Zur Pflege-Milliarde sagt Karas: „Das ist viel Geld bei einem aber noch viel größerem Problem.“ Die Milliarde würde man allein schon „für die Unterstützung der pflegenden Familienangehörigen“ brauchen. Diese tragen nämlich zu 80% die Hauptlast in der Pflege. Sie müssten sowohl „zeitlich, finanziell und pensionsrechtlich unterstützt werden“. Kritisch äußert er sich in Bezug auf die Treffsicherheit der Pflegemilliarde, Familienangehörige würden dabei nicht unterstützt.
„Fleckerlteppich an Zuständigkeiten“ „Wir haben einen Fleckerlteppich an Zuständigkeiten“, sagt der ÖVP-Politiker und möchte sich dennoch nicht auf die Kompetenzlage ausreden. Betroffenen bringe das nämlich nichts. Eine Hausaufgabe sei bis dato vernachlässigt worden „Der Wohnsitz darf nicht darüber entscheiden, wie einem geholfen wird.“ In der finanziellen Frage tut er das aber.
Asylpolitik: „Wir sind gescheitert“ Der Vizepräsident des Europaparlaments räumt ein: „Wir haben ein großes Problem mit der Asyl- und Migrationspolitik in Europa.“ Geht es nach ihm, müssen Asylverfahren außerhalb der EU-Grenze möglich gemacht werden. Die Hausaufgaben der vergangenen Jahre habe man nicht gemacht und keine Konsequenzen aus dem Jahr 2015 gezogen. „Hier sind wir gescheitert“, gesteht Karas ein. Doch betont er: Die Migrationsprobleme mittels Änderung der Menschenrechte lösen zu wollen, sei für ihn inakzeptabel.
(Bild: krone.tv)
Das ganze Interview mit Othmar Karas sehen Sie im Video oben. KroneLIVE sehen Sie montags bis freitags ab 9 Uhr.
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