Gesetz gekauft?

Causa Privatklinik: Zweitauflage gegen Strache

Gericht
21.11.2022 10:47

Der Prozess gegen Heinz-Christian Strache und seinen Freund Walter Grubmüller geht in die zweite Runde. Nachdem der Schuldspruch wegen Bestechung und Bestechlichkeit vom 27. August 2021 diesen Sommer vom Oberlandesgericht Wien aufgehoben wurde, muss das Verfahren neu durchgeführt werden. Gegenstand sind 12.000 Euro Parteispenden, die der Betreiber der Privatklinik Währing Walter Grubmüller der FPÖ gezahlt hat.

15 Monate bedingt für Strache wegen Bestechlichkeit und zwölf Monate auf Bewährung für Grubmülller wegen Bestechung. Diese Urteile fällte das Landesgericht Wien im ersten Rechtsgang gegen den Politiker und den Betreiber einer Privatklinik. Letzterer soll in den Jahren 2016 und 2017 12.000 Euro Parteispenden an die FPÖ gezahlt haben, damit seine Klinik in den Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfond (Prikraf) aufgenommen wird. Er soll mit dem Geld also ein Gesetzt gekauft haben, das das möglich machte. Dafür soll sich Strache in seiner Funktion als Oppositionsabgeordneter eingesetzt haben.

Erurteile „widersprüchlich und nicht nachvollziehbar“
Diese Ersturteile wurden vom Oberlandesgericht Wien im Sommer 2022 aufgehoben. Sie seien in einigen Teilen „widersprüchlich und nicht nachvollziehbar“. Außerdem wurden einige entlastende Chatnachrichten als Beweise zu wenig gewürdigt. Das Verfahren muss also neu durchgeführt werden.

Unter großem Medieninteresse nehmen Strache und Grubmüller im Wiener Landesgericht vor Richterin Helene Gnida auf der Anklagebank Platz. Auch im zweiten Rechtgang bekennen sie sich „nicht schuldig“.

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Es ist natürlich immer toxisch, wenn Amtsträger für ihre Freunde tätig werden. Es gilt jetzt zu klären, ob Strache nur einen allgemeinen Missstand beseitigen wollte, oder den Forderungen seines Freundes nachgekommen ist.

Oberstaatsanwalt im Prikraf-Prozess

Nach Verlesungen des Ersturteils und der Entscheidung des OLG Wien. „Es ist natürlich immer toxisch, wenn Amtsträger für ihre Freunde tätig werden. Es gilt jetzt zu klären, ob Strache nur einen allgemeinen Missstand beseitigen wollte, oder den Forderungen seines Freundes nachgekommen ist“, erklärt der Staatsanwalt zu Beginn des Prozesses.

„Mein Mandant ist Opfer“
Der Verteidiger des erstangeklagten Grubmüller stellt aber klar: „Mein Mandant ist Opfer. Er hat kein Gesetz gekauft. Es ist dann ein Gesetz gekommen, das überhaupt keinen Vorteil für meinen Mandanten hat.“ Ein Zusatzvertrag für den Prikraf würde der Privatklinik Währing fehlen. Deswegen ist fraglich, ob sie überhaupt Mitglied in dem Fond ist.

Strache-Anwalt Johann Pauer verzichtet auf sein Eröffnungsplädoyer.

SPÖ-Urgestein spendet an FPÖ?
Die Befragungen der Angeklagten gehen in diesem Verfahren relativ flott voran. Es wird auf die schon bestehenden Aussagen aus dem ersten Prozess vor einem Jahr zurückgegriffen. Trotzdem hat Richterin Gnida noch Fragen an Walter Grubmüller: „Es ist ungewöhnlich, dass so ein SPÖ-Urgestein der FPÖ spendet.“ Der Betreiber der Privatklinik ist nämlich seit 1969 Mitglied bei der SPÖ.

„Strenge Rechnung, gute Freunde“
Grund der Parteispenden und Unterstützung der Freiheitlichen wäre reine Überzeugung gewesen: „Die FPÖ war die einzige Partei, die aufdecken hätten können, wie korrupt die ÖVP ist“, so Grubmüller. Es wäre die Volkspartei gewesen, die Geld von ihm forderte für die Aufnahme in den Prikraf. Sie hätten 50.000 Euro von ihm gefordert. Strache und er hätten ihre Freundschaft hingegen ganz unter dem Motto „Strenge Rechnung, gute Freunde“ geführt, erklärt Grubmüller. Fragen von der Staatsanwaltschaft möchte er nicht mehr beantworten. Es stünde sowieso schon alles im Akt.

Chatnachrichten nicht genug gewürdigt
Bereits nach einer Stunde nimmt schon der zweitangeklagte Heinz-Christian Strache in der Mitte des Verhandlungssaals Platz. Hauptgegenstand der Befragung sind jene Chatnachrichten, die laut dem OLG Wien nicht prominent genug gewürdigt wurden. Dazu sagt der Ex-Vizekanzler: „Das war vielleicht eine nicht glückliche Formulierung.“

Der Bestechlichkeit will er sich aber nicht schuldig gemacht haben. „Ich habe weder einen Einfluss auf Johannes Hübner noch Dagmar Belakowitsch genommen. Ich habe lediglich eine rechtliche Prüfung des Prikraf beantragt“, so Strache. Und das hätte auch den Rechtsanwalt und damaligen Abgeordneten Hübner und Belakowitsch, die Gesundheitssprecherin der FPÖ betroffen. Beide sind als Zeugen geladen.

Auf die Fragen der Staatsanwaltschaft antwortet der ehemalige FPÖ-Chef sporadisch. Er möchte aber klarstellen: „Wir haben ein freiheitliches Programm nach Überzeugung verfolgt - das wir nie nach Spenden ausgerichtet haben.“

Rechtsanwalt Hübner im Zeugenstand
Das bestätigt auch Johannes Hübner im Zeugenstand auch Nachfrage der Staatsanwaltschaft. „Wie oft haben Sie mit Strache über Prikraf geredet“, möchten die Ankläger weiterwissen. „Zwei bis drei Mal nach meinem Gefühl. Das war politisch sicher kein zentrales Thema. Ich habe es aber als wichtig angesehen, weil da ein Missstand herrscht“, so Hübner. Von der angeklagten Bestechung beziehungsweise Bestechlichkeit wisse er nichts.

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Das war einer der ungewöhnlichsten Pressekonferenzen, weil nicht alle gesprochen haben. Normalerweise sind Gesundheitsthemen was ganz anderes. Da geht es um Krankenanstalten nicht um Gesundheit direkt.

Dagmar Belakowitsch

Von Intensität von Strache überrascht
Gesundheitssprecherin der FPÖ Dagmar Belakowitsch kann sich erinnern, dass Hübner in einer Club-Sitzung an sie herangetreten sei: „Es ging um die Öffnung des Prikrafs für alle.“ Gegenständlich der Zeugenbefragung ist außerdem eine Pressekonferenz zum Thema Korruption im Gesundheitswesen, die die FPÖ 2017 hielt. „Das war einer der ungewöhnlichsten Pressekonferenzen, weil nicht alle gesprochen haben. Normalerweise sind Gesundheitsthemen was ganz anderes. Da geht es um Krankenanstalten nicht um Gesundheit direkt“, sagte Belakowitsch schon in der ersten Hauptverhandlung 2021. Sie wäre außerdem von der Intensität, mit der sich Strache für dieses Randthema eingesetzt hat, überrascht gewesen.

„Walter Grubmüller hat immer wieder E-Mails geschrieben“
Mit dem weiteren Vorgehen in der Öffnung des Prikrafs für alle Kliniken hätte sie direkt nichts mehr zutun gehabt. „Herr Hübner hat mir das dann abgenommen. Das war mir rechtlich ein wenig zu kompliziert“, sagt die Gesundheitssprecherin im Zeugenstand. Strache hätte beim Erlass des Gesetzes zu Prikraf keine treibende Rolle gespielt, sondern: „Walter Grubmüller hat immer wieder E-Mails geschrieben, bis sich jemand dem Thema angenommen hat.“

Am 24. November 2022 wird forgesetzt.

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