In der russischen Region Belgorod werden an der Grenze zur Ukraine Befestigungsanlagen gebaut. Grund für den Bau der Linie aus Gräben und Panzersperren sei die „angespannte Situation“ in dem Gebiet, erklärte Regionalgouverneur Wiatscheslaw Gladkow am Montag. Details zur Konstruktion wollte er nicht nennen, da der Feind mithören könne. Bereitet sich Russland tatsächlich auf einen Angriff ukrainischer Streitkräfte vor? Experte Alexander Dubowy hat eine andere Erklärung.
Am Dienstag postete Gladkow auf Telegram Fotos von der Errichtung. Er habe die „Große Sasetschnaja tscherta“ inspiziert, schrieb er dazu. Der Name, auf Deutsch etwa „Große Barrierelinie“, verweist auf eine historische Kette von Befestigungslinien aus dem 16. und 17. Jahrhundert, die das Großfürstentum Moskau und später das Zarenreich vor Nomadenangriffen von der Krim schützen sollten.
Vorbereitung auf „pessimistische Szenarien“
Man bereite sich auf verschiedene Szenarien vor, auch auf „pessimistische“, erklärte Gladkow am Montag auf die Frage, ob er einen Angriff aus der Ukraine für möglich erachte. Die russische Region Belgorod war seit Invasionsbeginn schon mehrfach Ziel von Attacken, für die Kiew verantwortlich gemacht wurde. Die Ukraine hat sich bisher nie offiziell dazu geäußert.
Könnte das Nachbarland tatsächlich eine Offensive in russisches Territorium starten, gegen die die neue Befestigungsanlage schützen soll? „Natürlich nicht“, stellt Politikanalyst und Russland-Experte Alexander Dubowy im Gespräch mit krone.at klar. Hohe Vertreter hätten immer wieder betont, dass man völkerrechtlich anerkanntes russisches Gebiet nicht angreifen werde, so Dubowy. Das gelte freilich nicht für die annektierte Krim und das Donbass-Gebiet, wo russische Truppen ebenfalls Verteidigungsanlagen gebaut hat.
„Bevölkerung auf Kampf einschwören“
Der Bau der Befestigungen an der russisch-ukrainischen Grenze solle eher dazu dienen, „die Bevölkerung auf den Kampf einzuschwören“ erklärt der Russland-Experte. Außerdem hätten die Arbeiten auch den Zweck, mögliche künftige Mobilisierungen zu rechtfertigen. „Der Krieg ist erst mit der Mobilmachung in den Wohnzimmern in Russland angekommen“, betont Dubowy. Für eine so unpopuläre Maßnahme braucht es ein Bedrohungsszenario.
Der Befestigungsbau ist eine Propaganda-Aktion - an der auch ein Kran der österreichischen Firma Palfinger beteiligt ist, wie auf den von Gladkow veröffentlichten Fotos ersichtlich ist. Das Unternehmen hat seine Produktion zwar reduziert, setzt sein Russland-Geschäft aber weiter fort.
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