Fast zwei Jahre lang lag das Projekt coronabedingt auf Eis. Nun konnte die Grazer Oper mit Bedřich Smetanas „Die verkaufte Braut“ Premiere feiern. Wie der Titel vermuten lässt, handelt es sich dabei um kein feministisches Paradewerk. Regisseurin Adriana Altaras führt es mit komödiantischer Finesse in Richtung Gegenwart.
Sie kann einem leidtun, diese Marie. Seit ihrer Kindheit ist sie einem Mann versprochen, jetzt steht Wenzel - getrieben von seinen Eltern - wirklich vor der Tür. Dass sie in Wahrheit Hans liebt ist Maries Eltern völlig egal. Und dann fällt ihr auch noch Hans in den Rücken und lässt sich seinen romantischen Rückzug mit 300 Gulden abgelten. Vermeintlich zumindest, denn natürlich wendet sich in dieser komödiantischen Oper noch alles zum Happy End.
Verlegung in den Mehrzwecksaal
Die Handlung des 1866 uraufgeführten Werkes ist, freundlich formuliert, ein wenig retro. Nicht viel moderner wirkt auf den ersten Blick die Mehrzweckhalle, in die Regisseurin Adriana Altaras und Bühnenbildner Christoph Schubinger den Stoff verlegen. Hier trifft sich die Dorfgemeinschaft zu Schwangerschaftsgymnastik, Yoga, Kinderturnen und natürlich zum Feiern.
Liebevoll und mit feinsinnigem Humor erwecken Altaras und die Mitglieder des Chors der Oper Graz diese Dorfgemeinschaft zum Leben - und hauchen ihr auch ein bisschen Modernität ein. Je mehr getrunken wird in der Mehrzweckhalle, desto unklarer werden etwa die Grenzen der Geschlechter.
Gut besetzte Hauptrollen
Diese klug gesetzten Feinheiten funktionieren auch in den Hauptrollen: Tetiana Miyus macht aus Marie mit warmen Timbre einen Mix aus verzweifelter Liebhaberin und bockigem Sturkopf. Matthias Koziorowski spielt den Hans als charmanten Hallodri, der nach anfänglichen Unsicherheiten auch stimmlich überzeugt. Albert Memeti verleiht dem tragikomischen Wenzel nicht nur die zu erwartende Fahrigkeit sondern auch eine überraschende Stimmgewalt. Und Wilfried Zelinka deutet den manipulativen Heiratsvermittler Kecal mit viel Selbstironie zu einem schleimig-versoffenen Dorfpolizisten um und glänzt dabei auch noch stimmlich.
Musikalische Präzision und Herzhaftigkeit
All das ändert nichts daran, dass das Libretto von Karel Sabina eine Liebe vorgibt, die vor allem Verhandlungssache ist und keine Herzenssache. Für nachvollziehbare Gefühle muss man in die Musik von Smetana eintauchen, die von den Grazer Philharmonikern unter Chefdirigent Roland Kluttig mit großer Präzision und bewegender Herzhaftigkeit dargebracht wird. Alles in allem ein unterhaltsamer Opernabend.
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