Besonnene Österreicher. Sind sie gestern auch früher aufgestanden, haben sich früher auf den Weg zur Arbeit oder in die Schule gemacht? Hatten Sie auch den Eindruck, dass auf den Straßen gar nicht sooo viel los ist, wie zu befürchten war? Dass das prognostizierte Chaos durch den 24-Stunden-Bahnstreik ausblieb? So ist es wohl den meisten Österreichern ergangen. Wir berichten heute in der „Krone“ großflächig über den Bahnstreik. Neben den überregionalen Berichten, Grafiken und Kommentaren widmet sich auch jede unserer neun Bundesländer-Redaktionen dem Geschehen an diesem bahnlosen Montag. Der Tenor? Ähnlich in allen Bundesländern. „Großes Chaos blieb aus“ heißt es in der „Steirerkrone“, „Keine großen Staus trotz mehr Pkw-Verkehr“ in der „Tiroler Krone“. „Der Bahnstreik am Montag sorgte im Vorfeld für schlimmste Befürchtungen - dabei verlief die Sache glimpflich“, heißt es in unserer Vorarlberg-Ausgabe. Und in der „Kärntner Krone“ liest man, „Schüler, Pendler und Reisende waren auf den Warnstreik der Eisenbahner gut vorbereitet“. Bei aller Aufgeregtheit, die auch hierzulande so oft herrscht und die oft so leicht entfacht wird - gestern haben die Österreicher wieder einmal bewiesen, wie besonnen sie sein können, wenn sie vor besonderen Herausforderungen stehen.
Kein unbegrenzter Langmut. Was beim Bahnstreik auch auffiel: Gar nicht wenige Österreicher zeigen zumindest ein gewisses Verständnis für die streikenden Eisenbahner. Sehr viel schwächer ausgeprägt ist bekanntermaßen das Verständnis für die Klima-Kleber. Wenn diese sich dann wie gestern auch noch an einem Tag, an dem weit mehr Menschen als sonst auf das Auto angewiesen sind, auf Straßen kleben, wie in Innsbruck, Linz und Graz geschehen, dann können dafür nur noch die allerwenigsten Sympathie empfinden. Eine von unseren oberösterreichischen Reportern befragte 51-Jährige aus Feldkirchen an der Donau spricht da sicher für viele, wenn sie sagt: „Ich habe mehr Verständnis für den Streik als für Klimaaktivisten“. Letzter sind sicher nicht die Gewinner des gestrigen Tages. Freilich schadet der Eisenbahnerstreik auch den Bundesbahnen und anderen Verkehrsbetrieben. Conny Bischofberger macht heute in ihrer „Moment“-Kolumne in der „Krone“ darauf aufmerksam, dass „Bahnfahren als erschwingliche und verlässliche Alternative zum umweltbelastenden Autoverkehr und damit zur Umweltverschmutzung“ zuletzt stark gewonnen habe. Dieses Vertrauen sei erschüttert worden. Nicht unwichtig auch der Hinweis von Wirtschafts-Redakteur Manfred Schumi, der schreibt, dass die verlangte 10- bis 12-prozentige Lohnerhöhung für die Eisenbahner natürlich auf die Steuerzahler durchschlage. Schumi in seinem Kommentar: „Es ist das Geld der anderen, um das hier die Sozialpartner streiten. Ganz abgesehen davon, dass die Teuerung die Eisenbahner auch nicht härter trifft als andere Kleinverdiener, die wohl kaum 12% mehr Lohn bekommen werden.“ Ja, jetzt wird´s bei allem Verständnis vieler Menschen im Land wirklich Zeit, dass sich Gewerkschaft und Dienstgeber auf einen vernünftigen Kompromiss verständigen. Denn der Langmut der Österreicher ist nicht unbegrenzt, beide Seiten dürfen ihn nicht überstrapazieren.
Kommen Sie gut durch den Dienstag!
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