Am Donnerstag hat sich Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner den Fragen des ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschusses gestellt. Konkrete Antworten gab sie dabei kaum - sie gerieten zudem wegen der Diskussion um die Zulässigkeit der Fragen in den Hintergrund. Für 7. Dezember wurde Mikl-Leitner von der Opposition daher noch einmal in den U-Ausschuss geladen. Im Vorfeld hatten FPÖ und Grüne sie als „Erfinderin“ von Ex-Kanzler Sebastian Kurz bezeichnet. Die „exzellent geölte Kampagnenmaschinerie“ hätte es ohne die niederösterreichische ÖVP nicht gegeben, so die grüne Fraktionsführerin Nina Tomaselli.
Von Anfang an wurde nahezu jede Frage an die niederösterreichische Landeschefin von den Abgeordneten der Volkspartei mit teils mehrfachen Wortmeldungen in Zweifel gezogen. Der freiheitliche Fraktionsführer Christian Hafenecker, der als erster Fragesteller an der Reihe war, diagnostizierte deswegen „große Nervosität“ bei der ÖVP. Diskutiert wurde, ob Fragen auf Vollzugshandlungen des Bundes abzielten oder Vorgänge der Partei selbst betrafen, was laut ÖVP keinesfalls durch den Untersuchungsgegenstand gedeckt wäre.
ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker kritisierte selbst Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl forsch, nachdem dieser gemeint hatte, dass die Abgrenzung zwischen Partei und vorbereitender Vollzugshandlung zu einer künftigen Regierung nicht einfach sei. Daraufhin entspann sich ein Wortgefecht zwischen Hafenecker und Stocker.
„Mächtigste Frau der ÖVP“
Von der Befragung hatten sich Opposition und Grüne erhofft, „die mächtigste Frau in der ÖVP“ könne etwas zur Demontage des ehemaligen ÖVP-Chefs Reinhold Mitterlehner und zum „Projekt Ballhausplatz“ sagen, das Kurz den Weg ins Kanzleramt geebnet haben soll. Tatsächlich zeigte sich Mikl-Leitner aber verschlossen. Sie habe keine Wahrnehmungen zum „Projekt Ballhausplatz“ oder zu „Spendenrallyes“. Sie wisse auch nicht, wie sich Kurz darauf vorbereitet habe, Parteichef zu werden. Selbst Fragen des Verfahrensrichters zur Finanzierung des Wahlkampfs blockierte Mikl-Leitner und erhielt dabei Unterstützung aus ihrer Fraktion.
Die Übernahme der Obmannschaft durch Kurz liege mittlerweile lange zurück, die Stimmung auf bundespolitischer Ebene sei damals von Misstrauen geprägt gewesen, so die Politikerin. Es habe ein „permanentes Gegeneinander“ geherrscht. „Dabei ist ein Miteinander so wichtig, denn so soll politische Arbeit ausschauen“, beteuerte Niederösterreichs Landeshauptfrau. Bei Hafeneckers Fragen, weshalb der Integrationsfonds (ÖIF) mit Kurz vom Innenministerium ins Außenministerium gewandert und dann aufgestockt worden sei (von 49 auf 55 Millionen Euro), antwortete Mikl-Leitner nur knapp. Integration sei Kurz immer ein „Herzensanliegen“ gewesen.
Praktikum für Neffe
Von der Opposition wurden in weiterer Folge diverse Postenbesetzungen thematisiert, darunter etwa jene des niederösterreichischen Landespolizeidirektors. Mikl-Leitner verwies auf die Begutachtungskommission, die den Kandidaten für geeignet erklärt hatte. Von Grünen-Fraktionsführerin Tomaselli wurde sie mit einer Nachricht konfrontiert, in der es um ein Ferialpraktikum für ihren Neffen im Innenministerium geht. Sie könne sich zwar nicht mehr genau an den Wortlaut erinnern, interpretiere ihn aber so, dass es ihr damals darum ging, dass ihr Neffe auch eine Leistung erbringen müsse, sollte er das Praktikum bekommen.
Interventionslisten, wie es sie laut Opposition unter Wolfgang Sobotka als Innenminister gegeben haben soll, habe sie keine geführt. In ihrer Zeit als Ministerin sei sie aber viel in den Bundesländern unterwegs gewesen und dabei seien Wünsche an sie herangetragen worden. Diese habe sie dann weitergeleitet. Generell finde sie „wundersam“, was im Untersuchungsausschuss alles in SMS und Nachrichten hineininterpretiert werde, hielt Mikl-Leitner fest.
Nur „Zeitungswissen“ zu Postenbesetzung
Befragt wurde Mikl-Leitner auch zur Bestellung der Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs (OGH), Eva Marek, zur Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft Wien im Jahr 2014. An die Öffentlichkeit gelangte Chats legen nahe, dass Mareks Besetzung parteipolitisch motiviert gewesen sein könnte. Sie kenne „Frau Marek, weil ihr Mann im Innenministerium arbeitet“, und erinnere sich an Debatten zu ihrer Besetzung, verfüge dabei aber nur über „Zeitungswissen“, so Mikl-Leitner. An eine Nachricht an ihren früheren Kabinettschef Michael Kloibmüller, wonach er sie „in Sachen Marek“ anrufen solle, könne sie sich nicht erinnern.
Die Befragung zur Agentur „Media Contacta“, die im Wahlkampf 2017 für die ÖVP, dann auch für die niederösterreichische Volkspartei tätig war und später Aufträge von VP-geführten Ministerien bekam, musste am Ende wegen Erreichens der maximalen Dauer beendet werden.
In ihrem Eröffnungsstatement hatte Mikl-Leitner ihre Ladung in den U-Ausschuss kritisiert. Auch wenn „politische Mitbewerber“ einen Zusammenhang mit der Landtagswahl in Niederösterreich am 29. Jänner abstreiten, sei die Ladung durch die SPÖ „zufälligerweise“ genau an jenem Tag erfolgt, an dem der Wahltermin beschlossen wurde. Jeder solle sich selbst ein Bild davon machen, „ob das Zufall ist oder ob es den anderen Parteien bei der Ladung ums Wahlkämpfen geht“.
FPÖ: „Ursprung des schwarzen Übels“
Die Oppositionsfraktionen und die Grünen sahen das naturgemäß anders: Für die Freiheitlichen ist Niederösterreich der „Ursprung des schwarzen Übels“. Viele Systematiken seien von dort aus auf den Bund übertragen worden, zum Beispiel jene, sich öffentliche Gelder für die Partei über Vereine zu verschaffen. Niederösterreich ist laut Tomaselli ein „wahres Eldorado, wenn es darum geht, Gelder für die Partei zu scheffeln“. Die SPÖ wiederum fürchtete bereits im Vorfeld, dass die ÖVP-Fraktion so wie am Vortag, als Parteichef Karl Nehammer geladen war, auch versuchen werde, „jede Frage zu zerstören“. Alternativ habe sich die ÖVP durch Erinnerungslücken ausgezeichnet, so SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer.
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