Der Umstand, dass Grippe-Viren sehr wandlungsfähig sind, stellt eine große Herausforderung für die Hersteller der Schutzimpfungen dar. Denn diese wirken nur dann gut, wenn das alljährlich vor der Grippesaison festgelegte Vakzin auch tatsächlich gegen die in diesem Jahr dominanten Stämme schützt. Ein neuartiger, in den USA entwickelter mRNA-Impfstoff löste im Tierversuch eine Antikörperreaktion gegen alle 20 bekannten Influenza-Varianten aus.
Ein Forscherkollektiv der Perelman School of Medicine an der University of Pennsylvania hat jetzt in Studien mit Tieren einen Kombinationsimpfstoff getestet, der Erbsubstanz (mRNA) von allen 20 bekannten Hämagglutinin-Typen der Influenza A- und B-Viren enthält. Hämagglutinin ist jenes Eiweiß der Grippeviren, auf welches das Immunsystem des Menschen nach einer Ansteckung oder einer Impfung mit einer Abwehrreaktion reagiert.
Nach Vorbild von Covid-mRNA-Impfstoff hergestellt
Der mRNA-Nanopartikel-Impfstoff wurde exakt nach dem Vorbild der zugelassenen mRNA-Impfstoffe gegen Covid-19 (von Biontech/Pfizer und Moderna) hergestellt. Bei Mäusen löste das Vakzin eine Antikörperreaktion gegen alle 20 Influenza-Varianten aus. Die Konzentration der Antikörper im Blut war auch nach 118 Tagen noch nicht abgefallen. Das könnte für einen Schutz für eine Saison sprechen, berichten die Forscher im Fachmagazin „Science“.
Video: So wirken mRNA-Impfstoffe
Wirkt möglicherweise auch gegen Vogelgrippe
In den ersten präklinischen Tests wurden Mäuse durch eine Impfung vor einem sicheren Tod durch Influenza geschützt. Auch geimpfte Frettchen überlebten die Infektion, die ohne Impfung bei dieser Tierart zu rund 50 Prozent tödlich verläuft. Da alle bekannten Hämagglutinin-Varianten in dem Vakzin enthalten war, könnte ein solcher Impfstoff eventuell auch gegen Vogelgrippe helfen, heißt es.
„Tests in Tiermodellen zeigten, dass diese Vakzine die Symptome der Erkrankung dramatisch verringerte und vor dem Tod schützte - sogar, wenn die Tiere anderen Influenza-Varianten ausgesetzt wurden als jenen, die in dem Impfstoff enthalten waren“, berichtet die University of Pennsylvania auf ihrer Website.
Weniger Kranke und Todesfälle bei Pandemie
„Die Idee war, einen Impfstoff zu schaffen, der Menschen eine Basisgedächtnis-Immunität gegen verschiedene Influenza-Stämme gibt. Das sollte viel weniger Erkrankungen und Todesfälle bei der nächsten Grippe-Pandemie bedeuten“, erklärte Hauptautor Scott Hensley von der Perelman School of Medicine an der University of Pennsylvania.
Der Vorteil der mRNA-Impfstoffe: Sie lassen sich wesentlich kostengünstiger herstellen und auch rascher anpassen, weil die Antigene nicht mehr künstlich produziert werden müssen. Stattdessen bekommen die Impflinge die RNA für die Antigene injiziert. Die Impfstoffproduktion läuft also quasi im Körper der Immunisierten ab.
Schneller Anpassung an neue Varianten möglich
Die Impfstoffe lassen sich zudem schneller modifizieren, als dies bei den derzeitigen Grippe-Impfstoffen der Fall ist. Diese enthalten heute zumeist abgetötete Viren (oder Protein-Anteile; Anm.), die zu 90 Prozent in Hühnerembryonen vermehrt werden, was jährlich eine halbe Milliarde Eier erfordert. Was nicht nur teuer, sondern auch zeitaufwendig ist.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.