Der Streit um die Notarztversorgung der Steirer spitzt sich zu: Der Liezener SPÖ-Abgeordnete Mario Lindner legt jetzt Klaus Pessenbacher in seiner Funktion als Chef der Koordinationsstelle für Notfall- und Katastrophenmedizin den Rücktritt nahe. Dieser würde seine Absage für einen 21. Notarztstützpunkt mit falschen Zahlen begründen, so der Vorwurf.
Schon lange fordern die Bewohner an der Steirischen Eisenstraße die Installierung eines neuen Notarztstützpunktes in ihrer Region. Hauptargument sind die langen Anfahrtszeiten von den umliegenden Stützpunkten in Rottenmann, Leoben und Waidhofen an der Ybbs (NÖ.), die bis zu einer Stunde oder gar mehr betragen können.
15.000 statt 5000 Einwohner
Von der Politik fühlt man sich im Stich gelassen; dass Klaus Pessenbacher als oberster steirischer Notfallmediziner des Landes in einem Interview nun von nur „4500 bis 5000 Einwohner“, die betroffen wären, gesprochen hat, bringt für viele das Fass zum Überlaufen: „Wer bei so einem heiklen Thema mit falschen Zahlen operiert und die Notarzt-Versorgung für fast 15.000 Menschen kleinredet, muss sich überlegen, ob er am richtigen Platz sitzt“, hieß es am Dienstag in einer Aussendung des Liezener SPÖ-Abgeordneten Mario Lindner.
Spätestens nach diesem peinlichen Auftritt sollte sich die Landesrätin echter Experten bedienen
Mario Lindner
Med-Uni untermauert Forderungen
Die Grazer Med-Uni hat in diesem Zusammenhang vor wenigen Tagen eine Vorstudie zu den viel zu langen Eintreffzeiten der Notärzte in der Region veröffentlicht. Zusätzlich wurde die klare Empfehlung für einen 21. Notarztstützpunkt für die Steiermark abgegeben.
Umso mehr ärgert die Obersteirer die ebenfalls jetzt von Pessenbacher getätigte Aussage, dass „auch aus Waidhofen (...) der Notarzt bei Schlechtwetter in 25 Minuten vor Ort“ sein könne.
„Fahrlässiges Unwissen“
„Das stellt ein fahrlässiges Unwissen über die Situation in der Steirischen Eisenstraße dar“, ist Lindner, der selbst ehrenamtlich beim Roten Kreuz tätig ist, sauer. Nachsatz: „Wer meint, die Fahrtstrecke von Landl nach Leoben oder Rottenmann wäre in 25 Minuten zu bewältigen, wäre wohl besser in der Formel1 als in der Gesundheitsplanung aufgehoben“.
Der schwer unter Beschuss geratene Klaus Pessenbacher versucht zu kalmieren: „Mit den 5000 Menschen habe ich mich auf die Region Radmer-Hieflau bezogen - dort hat man tatsächlich ein Problem“, so der Mediziner zur „Krone“.
Was bringt es, in Hieflau einen Notarzt hinzusetzen, der dann nur alle vier Tage einmal ausfährt?
Klaus Pessenbacher, steirischer Landesverantwortlicher für die regionale Notarzt-Versorgung
Völlig konträre Sichtweise
Bei seiner grundsätzlichen Haltung bleibe er jedenfalls: „Jedes Rettungssystem ist auf einen regulären Betrieb aufgebaut - und nicht auf die Ausnahme. In der Region Steirische Eisenstraße stehen immerhin rund um die Uhr fünf Rettungssysteme zur Verfügung. Die Bewohner sind dort teilweise besser versorgt als so manch andere Regionen“, meint Pessenbacher.
Für Politik ist Forderung „neu“
„Verwundert“ reagiert das Büro der zuständigen Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP). Man wäre erst vor wenigen Monaten mit den betroffenen Bürgermeistern zusammengekommen, „und da hat es keine Forderung nach einem eigenen Notarzt-Stützpunkt gegeben“.
„Die Frage, ob auch in unseren Gemeinden eine verlässliche, rasche und profesionelle Hilfe in Notfällen garantiert ist, sollte Kernaufgabe der österreichischen Gesundheitsversorgung sein und auch dementsprechend von der Politik behandelt werden“, sagen dazu die Bürgermeister*innen Bernhard Moser aus Landl, Karin Gulas (Wildalpen), Hannes Andrä (Altenmarkt) und Ludwig Gottsbacher aus Radmer.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.