Ambulanzen sperren zu

„Patienten werden nach Salzburg ausweichen“

Salzburg
04.12.2022 10:30

Im benachbarten Berchtesgadener Land sperren Notaufnahmen zu. Während Politik und Leitung des Klinikverbunds hinter dem Projekt stehen, regt sich auch Widerstand. Und: Auch Salzburg könnte die Umstrukturierungen zu spüren bekommen..

Im Berchtesgadener Land sperren Kliniken ihre Ambulanzen zu. Die Spitäler in Freilassing und Berchtesgaden werden keine Notfallpatienten mehr versorgen – so will es die Leitung der Kliniken Südostbayern. Rückendeckung erhält sie von der Politik. Das Klinikum Bad Reichenhall soll die zusätzlichen Patienten versorgen. Ein geplanter Neubau ist aber noch in weiter Ferne.

Die Reichenhaller Notaufnahme ist dem Patientenvolumen laut Beobachtern oft nicht gewachsen (Bild: zVg)
Die Reichenhaller Notaufnahme ist dem Patientenvolumen laut Beobachtern oft nicht gewachsen

Wege für Patienten und Rettungsdienst werden weiter

„Unsere Wege werden weiter. Gerade hier bei uns im Talkessel ist ein Krankenhaus der Grundversorgung sehr wichtig“, meint etwa der Schönauer Hausarzt Reinhard Reichelt. Er ist Notarzt, Kreisrat, Chef des ärztlichen Kreisverbandes und initiierte einen Bürgerantrag zum Erhalt der beiden Ambulanzen.

Notarzt Reinhard Reichelt muss mit vielen seiner Patienten nun weitere Wege ins Spital fahren (Bild: ANDREAS TROESTER)
Notarzt Reinhard Reichelt muss mit vielen seiner Patienten nun weitere Wege ins Spital fahren

In seiner Praxis und im Notarztdienst ist Reichelt immer wieder mit Patienten konfrontiert, die nicht in Bad Reichenhall behandelt werden wollen. „Die bauliche Situation in Reichenhall und die Wartezeiten sind untragbar. Das Personal tut, was es kann. Für die Patienten ist es dennoch schlimm“, attestiert Reichelt.

Täglich bekommt der Schönauer Hausarzt zu spüren, dass die Kreisklinik in Bad Reichenhall bei vielen Einheimischen nicht den besten Ruf genießt (Bild: ANDREAS TROESTER)
Täglich bekommt der Schönauer Hausarzt zu spüren, dass die Kreisklinik in Bad Reichenhall bei vielen Einheimischen nicht den besten Ruf genießt

Er vermutet, dass Patienten nach Salzburg oder Traunstein ausweichen werden. „Meine Frau, selbst Ärztin, hatte Kontakt zu Salzburger Kollegen. Die sind auf diese Möglichkeit aber nicht vorbereitet.“

Ob das Salzburger Uniklinikum sich künftig auf mehr bayerische Patienten einstellen wird müssen, scheint ungewiss (Bild: Tröster Andreas)
Ob das Salzburger Uniklinikum sich künftig auf mehr bayerische Patienten einstellen wird müssen, scheint ungewiss

Eine Befürchtung, die auch Kreisrat Helmut Langosch teilt. Er sagt: „die Situation in der Reichenhaller Notaufnahme erzeugt verständlicherweise einen gewissen Ruf.“

Interview mit Kreisrat Helmut Langosch

Helmut Langosch ist Kreisrat und Notfallsanitäter. Er hat grundsätzlich Verständnis für die Umstrukturierungen, kritisiert aber die Herangehensweise. (Bild: Markus Tschepp)
Helmut Langosch ist Kreisrat und Notfallsanitäter. Er hat grundsätzlich Verständnis für die Umstrukturierungen, kritisiert aber die Herangehensweise.

Herr Langosch, wie bewerten Sie die Schließung der Notaufnahmen?

Es gibt zwei Sichtweisen. Es ist verständlich und wichtig, dass die Kliniken umstrukturieren, damit die Standorte erhalten bleiben. Aber die Umsetzung stört mich. Da wird der zweite Schritt vor dem ersten gemacht und das Pferd von hinten aufgesattelt. Die Hausärzte etwa wurden nicht ausreichend eingebunden. Die Reichenhaller Notaufnahme ist dem Patientenstrom nicht gewachsen - der angestrebte Neubau ist noch in weiter Ferne.

Wie meinen Sie das?

Stundenlange Wartezeiten sind keine Ausnahme. Das Personal kann nichts dafür. Es ist ein organisatorisches Verschulden. Die Ambulanz ist aber die Visitenkarte der Klinik. Da verwundert der schlechte Ruf nicht.

Wozu führt das?

Dazu, dass viele Patienten lieber in Salzburg oder Traunstein behandelt werden wollen. Meine Befürchtung ist, dass uns in den kommenden 15 Jahren auch gute und kompetente Mediziner abwandern, weil das Arbeiten in Reichenhall nicht mehr attraktiv ist.

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