Jede dritte Frau in Österreich ist laut einer aktuellen Umfrage der Statistik Austria bereits Opfer von psychischer oder physischer Gewalt gewesen. Nicht zuletzt diese besorgniserregenden Zahlen zeigen auf, dass hier akuter Handlungsbedarf besteht. Im Rahmen eines Gewaltschutzgipfels haben sich Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP), Justizministerin Alma Zadic (Grüne), Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) am Dienstag mit Experten der Polizei, der Justiz und von Opferschutzverbänden ausgetauscht. Die Minister informierten danach gemeinsam über Erkenntnisse aus diversen Studien und ihre Schwerpunkte im Kampf gegen Gewalt an Frauen.
Alle Ressortchefs betonten, wie wichtig es sei, dass hier eine enge Kooperation zwischen so vielen Ministerien bestehe, denn Gewalt gegen Frauen sei sehr vielschichtig. Und diese beginne nicht erst bei Vorliegen von physischer Gewalt. Eifersucht, Trennung im Vorfeld, Suchterkrankungen, Drogenmissbrauch und psychische Erkrankungen, aber nicht zuletzt auch die Herkunft des Täters spielen laut Frauenministerin Raab eine Rolle. Eine von der Regierung in Auftrag gegebene Studie zeige, dass 40 Prozent der Täter einen Migrationshintergrund habe. Die Frauenministerin betonte in diesem Zusammenhang auch die Bedeutung von erfolgreicher Integration und dem Vermitteln der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau. Raab warnte vor einer „falsch verstandenen Toleranz“.
Karner: Heuer bisher 27 Femizide
Innenminister Karner gab zunächst eine „traurige und nüchterne“ Bilanz des heurigen Jahres: Bis Ende November wurden mehr als 13.300 Betretungs- und Annäherungsverbote gegen Gewalttäter ausgesprochen. Außerdem wurden mehr als 10.000 Gefährder zur Gewaltprävention vorgeladen und knapp 170 sicherheitspolizeiliche Fallkonferenzen bis Ende November durchgeführt - „das ist beinahe eine Verdreifachung“, berichtete Karner. Laut dem Innenminister gab es heuer bereits 27 Femizide. Die Opfer seien zwischen sechs und 87 Jahre alt gewesen. Bei drei Opfern war der Täter mit einem Betretungs- oder Annäherungsverbot belegt.
Justizminiserin Zadic machte auf die Tatsache aufmerksam, dass die psychosoziale Prozessbegleitung, die „jeder Frau kostenlos zusteht“, leider nicht so oft in Anspruch genommen werde, wie man sich das erhoffen würde. Aus diesem Grund sei nun eine Informationskampagne gestartet worden. Zudem soll nun auch ein Konzept erarbeitet werden, wie und wann die sogenannten Gewaltambulanzen eingerichtet werden.
Gewaltambulanzen als „Schlüssel im Kampf gegen Gewalt“
Diese Einrichtungen sollen dazu führen, dass Gewalttäter häufiger verurteilt werden. Die Erfahrungen aus anderen Ländern würden dies zeigen, betonte Zadic. In Gewaltambulanzen werden Verletzungen nach Gewalt dokumentiert und Spuren gesichert, sodass sie in Gerichtsverfahren als Beweise verwendet werden können. Raab sieht die Ambulanzen als „Schlüssel im Kampf gegen Gewalt an Frauen und Kindern“.
Rauch betonte, dass die Zahlen zu den Gewalttaten „nicht achselzuckend zur Kenntnis“ genommen werden. „Ein wesentlicher Teil ist die Prävention. Wir setzen unsere Mittel für Gewaltprävention ein“, erklärte der Sozialminister und wies darauf hin, dass soziale und finanzielle Notlagen oft zu einer Drucksituation führen könne, die dann auch in Gewalt münden könne. „Daher müssen wir schauen, dass Menschen ihre Grundbedürfnisse decken können“, so Rauch. Die ökonomische Absicherung der Menschen sei Grundlage dafür, dass es zu solchen Drucksituationen nicht kommt.
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