Ein 74-Jähriger hat sich am Dienstag am Landesgericht Innsbruck nach einer Vertagung am ersten Prozesstag Mitte Oktober weiterhin wegen des Vorwurfs des schweren sexuellen Missbrauchs Unmündiger verantworten müssen. Er soll im Sommer 2009 als Feriencamp-Leiter am Achensee einen neunjährigen Buben missbraucht und sich damit zusätzlich des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses schuldig gemacht haben.
Der Angeklagte hatte sich weder im Ermittlungsverfahren noch im Oktober zu Prozessbeginn schuldig bekannt. Auch am zweiten Prozesstag am Dienstag änderte der Angeklagte seine Haltung nicht: „Ich bleibe bei meinen bisherigen Aussagen.“ Die nach dieser neuerlichen Unschuldsbeteuerung des Angeklagten angesetzte kontradiktorische Einvernahme des mutmaßlichen Opfers fand schließlich unter dem Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Bereits im Oktober war diese Einvernahme geplant gewesen. Es war aber schließlich zur Vertagung gekommen, weil die DVD mit der aufgezeichneten Einvernahme nicht am Landesgericht Innsbruck eingelangt war.
Vorwürfe als „unmögliche Sachen“ abgetan
Am damaligen Prozesstag hatte der Angeklagte und damalige Camp-Leiter die Missbrauchsvorwürfe als „unmögliche Sachen“ bezeichnet. Es sei vielmehr denkbar, dass sich der besagte Missbrauchsvorfall „in der Kindheit“ des Betroffenen ereignet habe und dieser diesen dann fälschlicherweise im Ferienlager am Achensee verortet habe. In einer schriftlichen Stellungnahme vor dem Prozess hatte er angegeben, nie jemanden missbraucht zu haben oder „gegen die sexuelle Integrität ihm anvertrauter Kinder und Jugendlicher gerichtete Handlungen“ gesetzt zu haben.
Man muss sich sehr wohl fragen, ob die Erinnerung des Betroffenen verlässlich ist.
Die Verteidigerin
Staatsanwältin glaubte dem Opfer
Die Staatsanwältin hatte im Oktober hingegen keinen Zweifel daran gelassen, dass das mutmaßliche Opfer „absolut glaubwürdig ist“ und sich der Vorfall am Achensee tatsächlich ereignet habe. „Es gibt schlicht keinen anderen plausiblen Grund, warum dieser den Angeklagten jetzt nach so vielen Jahren so massiv belasten sollte“, betonte die öffentliche Anklägerin. Die Verteidigerin des Angeklagten zeichnete hingegen ein anderes Bild: „Man muss sich sehr wohl fragen, ob die Erinnerung des Betroffenen verlässlich ist.“ Es sei definitiv denkbar, dass dieser schlicht „eine falsche Erinnerung kreiert hat“.
Zeugin entlastete Angeklagten, Freispruch
Eine Zeugin, die am Ferienlager am Achensee als Pädagogin mit dabei war, hatte den Angeklagten entlastet und ihn als vertrauensvollen Camp-Leiter bezeichnet. Er sei stets sehr vorsichtig und angemessen mit den Kindern umgegangen und auch das Sitzen auf seinem Schoß sei schon „zu viel gewesen“. Die Vorwürfe gegen ihn seien deshalb für sie „ein Schock“, so die Zeugin. Laut Anklageschrift hat sich der 74-Jährige - nach vorangegangenem schwerem Missbrauch in der Nacht durch einen Betreuer - am darauffolgenden Morgen ebenfalls an dem Burschen vergangen. Der Betreuer ließ sich von der Justiz indes nicht mehr ausforschen.
Am Dienstag konnte der 74-Jährige schließlich aufatmen: Er wurde freigesprochen.
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