Die mRNA-Technologie führt nicht nur bei den Covid-19-Impfstoffen zu einer Revolution. Jetzt wurde vom US-Biotech-Unternehmen Moderna gemeinsam mit dem US-Pharmakonzern Merck, Sharp & Dohme (MSD) der Beweis erbracht, dass ein personalisiertes Moderna-Melanom-Vakzin zusammen mit einer Immuntherapie die Rückfallrate und die Mortalität bei schwer kranken Patienten um 40 Prozent verringert.
Moderna, US-Entwickler von mRNA-Vakzinen, teilte die Ergebnisse einer Studie der Phase II Dienstagnachmittag mit. „Die aktuellen Resultate sind sehr ermutigend für das Anwendungsgebiet in der Krebstherapie. Die mRNA-Technologie hat bei Covid-19 die Situation revolutioniert. Jetzt, zum ersten Mal, konnten wir das Potenzial der Technik in den Behandlungsergebnissen in einer randomisierten (Auswahl der Probanden per Zufallsprinzip; Anm.) klinischen Studie zum Melanom zeigen. Wir werden zusätzliche Untersuchungen beim Melanom und bei anderen Krebsformen starten. Das Ziel sind voll individualisierte Krebstherapien“, wurde Stephane Bancel, Geschäftsführerin des Unternehmens, zitiert.
Die mRNA-Technologie hat bei Covid-19 die Situation revolutioniert. Das Ziel sind voll individualisierte Krebstherapien.
Stephane Bancel, Geschäftsführerin des Pharmaunternehmens
Um dem Wiederauftauchen der Erkrankung vorzubeugen, erhielten die Probanden zwei verschiedene zusätzliche Therapien: Die Hälfte bekam alle drei Wochen und bis zu 18-mal, rund ein Jahr lang, jeweils 200 Milligramm des Anti-PD-1-Immuntherapeutikums Pembrolizumab. Dieser monoklonale Antikörper ist seit Jahren ein in mittlerweile rund 1700 Studien untersuchtes Immuntherapeutikum, das Tumoren für das Immunsystem des Erkrankten wieder „sichtbar“ und somit bekämpfbar machen soll. Es handelt sich um einen sogenannten Immuncheckpoint-Inhibitor.
Die zweite Hälfte der teilnehmenden Patienten bekam Pembrolizumab und zusätzlich eine jeweils nach den molekularen Charakteristika „ihres“ Melanoms individuell hergestellte mRNA-Krebsvakzins von Moderna (mRNA-4157/V940). Dies erfolgte in neun Teilimpfungen. mRNA-4157/V940 ist ein Kandidat-Krebsimpfstoff auf Basis von Boten-Ribonukleinsäure (mRNA), die für bis zu 34 sogenannte Neoantigene des individuellen Tumors kodiert.
Damit soll eine Immunreaktion gegen die typischen mutierten Proteine des Melanoms hervorgerufen werden. Nach der Injektion produzieren die Zellen der Patienten diese Proteine, sie werden dem Immunsystem als „fremd“ präsentiert und sollen dann bekämpft werden. Insgesamt soll die Strategie die Behandlung mit dem Immuncheckpoint-Inhibitor ergänzen und verstärken.
Risiko zu sterben enorm reduziert
Die Ergebnisse zeigten ein recht eindeutiges Bild: Unter der Kombinationstherapie wurde im Vergleich zu Pembrolizumab allein eine Senkung der Häufigkeit von Rückfällen mit dem Wiederauftauchen des Melanoms bzw. Todesfällen durch die Krebserkrankung von 14,4 Prozent auf zehn Prozent beobachtet. Das bedeutete eine Risikoreduktion für Wiedererkrankung und Tod um 40 Prozent.
Viele Studien mit personalisierten Krebsvakzinen
Weltweit laufen seit vielen Jahren Studien mit personalisierten Krebsvakzinen. Sie werden konzipiert, um das Immunsystem so zu aktivieren, dass ein Patient eine individuelle Anti-Tumorreaktion erzeugen kann, die auf seine Tumormutationssignatur abgestimmt ist. Dabei entstehende spezifische T-Lymphozyten sollen das bösartige Gewebe schließlich bekämpfen. Allerdings gehen vielen Fachleute davon aus, dass immunologische Therapien am besten in Kombination mit zusätzlichen Behandlungsmodalitäten wirken dürften. Deshalb entschieden sich MSD und Moderna eben für das Austesten von Krebsvakzin und Immuncheckpoint-Inhibitor.
Die beiden US-Unternehmen sind mit dem mRNA-Tumorvakzin bei Weitem nicht allein auf diesem Feld. Die mRNA-Technologie wurde nämlich ursprünglich für erhoffte Krebsvakzine entwickelt. Das war beispielsweise auch bei Biontech der Fall. Mit dem Auftauchen von SARS-CoV-2 und der Covid-19-Pandemie gelang es aber, über dieses Verfahren in zuvor noch nie dagewesener Schnelligkeit wirksame Impfstoffe gegen einen Krankheitserreger zu entwickeln und großen Mengen zu produzieren. MSD und Moderna entwickeln die neue Krebs-Kombinationstherapie in einem gemeinsamen Joint Venture.
Das Melanom ist bei zu später Diagnose eine ausgesprochen heimtückische Krebserkrankung. Weltweit wird die Diagnose derzeit jährlich bei rund 325.000 Patienten gestellt.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.