Krankenkassenreform

Rechnungshof: Mehr Kosten statt Patientenmilliarde

Politik
16.12.2022 11:34

Der Rechnungshof bekräftigt in einem am Freitag veröffentlichten Bericht die Einwände gegen die von der ÖVP-FPÖ-Regierung durchgesetzte Reform der Sozialversicherungen mit der Zusammenlegung der Träger. Die Prüfer stellten fest, dass die versprochene „Patientenmilliarde“ nicht zu sehen sei. Im Gegenteil: Durch die Reform gab es einen Mehraufwand in Millionenhöhe.

Hauptkritikpunkte des Rechungshofs (RH) sind zudem, dass die angestrebte Harmonisierung der Versicherungsleistungen nur teilweise umgesetzt sei. Überdies fehlen seit der Fusion wichtige Kontrollgremien bei den Trägern und beim Dachverband. Geprüft wurden die Jahre 2018 bis 2020 und das Jahr 2021 so weit wie möglich.

Mit der 2020 in Kraft getretenen Reform wurden die 21 Sozialversicherungsträger auf fünf reduziert. Die erklärten Ziele der Reform: Die Harmonisierung der Leistungen sowie den Verwaltungsaufwand zu senken. Konkret sollte der Personal- und Sachaufwand in der Verwaltung der Kassen um 30 Prozent verringert werden, um von 2020 bis Ende 2023 eine Milliarde Euro einzusparen. Diese sollte, so der Plan, durch erweiterte Leistungen den Anspruchsberechtigten zugutekommen.

Keine Rede von Einsparungen
Von diesen Einsparungen kann aber keine Rede sein. Selbst unter der Annahme, dass die Kosten für den Verwaltungsaufwand auch ohne die Fusion - etwa wegen der Inflation - gestiegen wären, lässt sich die im September 2018 von der damaligen türkis-blauen Bundesregierung angekündigte Patientenmilliarde bis 2023 nicht darstellen. Im Gegenteil: Auch in diesem Fall errechneten die Prüfer einen Mehraufwand in der Bandbreite von 34,78 Millionen Euro und 134,10 Millionen Euro.

Der Rechnungshof kritisiert, dass das Sozialministerium nicht begründen konnte, wie es zur Annahme kam, bis zum Jahr 2023 eine Milliarde Euro einzusparen. Die Sozialversicherungsträger selbst setzten sich im geprüften Zeitraum im Rahmen der Fusion keine Einsparungsziele. Im Gesetz fehlten auch entsprechende Vorgaben. Wenn politische Ziele und fachliche Einschätzung voneinander abweichen, wäre es Aufgabe des Sozialministeriums, entweder andere Maßnahmen zu entwickeln oder die Ziele anzupassen, betonen die RH-Prüfer.

Kanzler Kurz und Vizekanzler Strache hatten die Reform 2018 vollmundig angekündigt. (Bild: APA/HANS KLAUS TECHT)
Kanzler Kurz und Vizekanzler Strache hatten die Reform 2018 vollmundig angekündigt.

Keine Vereinheitlichung erreicht
Ein wesentliches Bestreben der Reform war, die Leistungen innerhalb der neuen Sozialversicherungsträger zu harmonisieren. Doch: Die Unterschiede zwischen den Trägern wurden nicht verringert, kritisiert der RH. Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) setzte zwar Schritte zur Leistungsharmonisierung, ein bundeseinheitlicher Gesamtvertrag im ärztlichen Bereich ist jedoch nicht absehbar. Der Gesetzgeber hat zwar die Struktur der Sozialversicherungsträger reformiert, die Zuständigkeit der Landesärztekammern als Verhandlungspartner für Honorarvereinbarungen jedoch unverändert gelassen. Der RH sieht darin eine Ursache für die fehlende Vereinheitlichung. 

Vor der Reform war für jeden Sozialversicherungsträger eine Kontrollversammlung vorgesehen, die die gesamte Gebarung zu überwachen hatte. Seit der Reform gibt es jedoch weder eine Kontrollversammlung noch ein anderes Kontrollgremium. Der RH empfiehlt dem Sozialministerium, auf eine gesetzliche Regelung zur verpflichtenden Einrichtung eines Kontrollorgans hinzuwirken. Zudem müsse die Empfehlung des Sozialministeriums, einen Prüfungsausschuss der Hauptversammlung einzurichten, umgehend umgesetzt werden.

Auch bei den Besetzungsvorgängen der obersten Führungsebene sieht der RH Verbesserungspotenzial. So schrieb die ÖGK drei Führungspositionen aus, ohne im Ausschreibungstext Rücksicht darauf zu nehmen, ob zum Beispiel eine Führungskraft für den IT-Bereich, den Finanzbereich, Vertragspartnerverhandlungen oder für die Organisation Eigener Einrichtungen gesucht wurde.

Teure Beraterverträge
Außerdem kritisiert der RH teure Beraterverträge ohne Preisvergleich. So beauftragte das Sozialministerium um rund 90.500 Euro eine Rechtsanwaltskanzlei mit der Durchführung eines Vergabeverfahrens von Beratungsleistungen für drei Sozialversicherungsträger, ohne die Fachabteilung des Ministeriums über Details zu informieren. Und das Sozialministerium schloss die Rahmenvereinbarung für die Beratungsleistungen der ÖGK ohne Bewertung der Konzepte und ohne Preisvergleich.

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