Die Fronten im Streit um einen EU-Gaspreisdeckel waren bisher sehr starr. Während 15 Staaten eine strenge Obergrenze befürworten, fürchten unter anderem Österreich um die Versorgungssicherheit. Beim Energieministertreffen am heutigen Montag könnte es aber nach monatelangem Ringen zu einem Kompromiss kommen. Gewessler hofft auf eine Lösung in dem Konflikt.
Das EU-Ratsvorsitzland Tschechien schlägt einen Deckel vor, wenn der Gaspreis drei Tage über 188 Euro pro Megawattstunde liegt. Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) zeigte sich dazu gesprächsbereit: „An uns wird der Kompromiss nicht scheitern“, sagte sie am Montagvormittag liegt. Gleichzeitig wies sie auf die österreichische Position hin: „Wir haben immer betont, das Wichtige ist die Versorgungssicherheit.“
„Erwarten uns Lösungen“
Der gemeinsame Gaseinkauf und die beschleunigten Verfahren für erneuerbare Energien lägen bereits fertig auf dem Tisch, so Gewessler weiter. Können sich die EU-Minister auf den Gaspreisdeckel einigen, sollen auch die anderen Vorhaben verabschiedet werden. „All diese Dinge sind fertig und werden derzeit in Geiselhaft genommen von einer fehlenden Einigung zum Marktkorrekturmechanismus“, betonte die Ministerin. Für dieses Vorgehen fehle ihr das Verständnis. „Die Menschen in Europa erwarten sich Lösungen von uns und das tue ich auch.“
„Ich sehe keinen Grund, warum wir uns heute nicht verständigen sollten“, sagte auch der tschechische Energieminister Jozef Sikela zum Auftakt des Treffens mit seinen Amtskollegen in Brüssel. „Es wird nichts geben, was uns daran hindern wird.“ Sikela verwies darauf, dass auch die Staats- und Regierungschefs am Donnerstag eine Einigung verlangt hätten. Mit Blick auf Deutschland machte er deutlich, dass notfalls auch Staaten überstimmt werden könnten.
Deutschland hat Bedenken
Deutschland steht dem Gaspreisdeckel weiter skeptisch gegenüber: „Ich glaube, dass unsere Bedenken begründet sind“, sagte der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und bremste. „Wir wissen aus bisherigen Markteingriffen, dass wir sehr vorsichtig sein müssen, nicht das Gute zu wollen und das Schlechte auszulösen.“
So sieht der tschechische Kompromissvorschlag genau aus: Der Deckel soll greifen, wenn der Gaspreis drei Tage über 188 Euro pro Megawattstunde und zudem 35 Euro über dem Weltmarktpreis für Flüssiggas (LNG) liegt. Nachdem der Mechanismus in Kraft gesetzt wurde, muss der Preis stets 35 Euro über dem LNG-Weltmarktpreis liegen, darf aber nicht unter 188 Euro fallen. Sollte es aber zu einem Gas-Mangel in der EU oder einem Mitgliedsstaat kommen, wird der Deckel wieder aufgehoben.
Verteilungskämpfe befürchtet
Deutschland, die Niederlande und Österreich befürchten, dass bei einem Deckel Flüssiggas nicht mehr nach Europa kommen könnte. Bei einem Mangel würden dann Verteilungskämpfe unter den Staaten ausbrechen, die die EU vor eine Zerreißprobe stellen würden. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) sagte vergangene Woche, es sei notwendig, „dass ausreichend Gas verfügbar ist, das Angebot sich nicht verknappt, und die andere Komponente ist, dass es leistbar bleibt“. Der deutsche Kanzler Olaf Scholz hatte einen Preisdeckel gefordert, der so hoch ist, dass er nie greifen werde. Andere Staaten wollen hingegen einen möglichst geringen Preis.
188 Euro wären deutlich weniger, als die EU-Kommission in der Vergangenheit vorgeschlagen hatte und was Deutschland abgelehnt hatte. Derzeit liegt der Gaspreis deutlich unter 188 Euro, der Deckel wäre aber im Sommer in Kraft getreten, als der Marktpreis zeitweise auf 350 Euro gestiegen war. Experten halten es für möglich, dass der Gaspreis nach einem harten Winter wieder auf über 200 Euro steigt, wenn die Staaten zum Frühjahr ihre Speicher füllen müssen.
Bei Mehrheit droht neuer Zank
Möglich wäre am Montag ein Beschluss mit sogenannter qualifizierter Mehrheit. Dafür müssten 15 der 27 Staaten dafür stimmen, die mindestens 65 Prozent der Bevölkerung repräsentieren. Aber auch wenn es heute zu einer Einigung der Minister kommt, sind damit nicht alle Probleme gelöst - auch weil unter anderem der Betreiber des betroffenen Handelsplatzes TTF damit droht, den derzeit in den Niederlanden angesiedelten Handelsplatz ins EU-Ausland zu verschieben. Sollte der Mechanismus beschlossen werden, müsse man alle Optionen prüfen bis hin zu der Frage, ob ein effektiver Markt in den Niederlanden noch lebensfähig sei, teilte der Betreiber Intercontinental Exchange (ICE) mit.
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