Entlastung spürbar?
EU-Gaspreisdeckel soll nun Preiskampf abwenden
Nach langen Verhandlungen haben sich die EU-Energieminister auf einen Gaspreisdeckel geeinigt. Ist die Einfuhr von Gas in die EU gesichert und steigt der Preis über 180 Euro pro Megawattstunde, so kann die EU damit regulierend in den Markt eingreifen. Doch damit sind noch lange nicht alle Probleme gelöst - und ob die Endverbraucher im Falle des Falles etwas von der Preiskontrolle spüren werden, ist fraglich. Gas-Großmacht Russland bezeichnete den Preisdeckel am Montagabend als „inakzeptabel“.
Die Energiepreise waren seit der zweiten Hälfte 2021 in der EU und auch weltweit sprunghaft angestiegen. Den bisherigen Höchststand von 340 Euro pro Megawattstunde erreichte der Gaspreis am maßgeblichen EU-Großhandelsplatz TTF an der niederländischen Börse am 26. August, zuletzt waren es am Montag 110 Euro pro Megawattstunde.
Gefüllte Speicher sorgen für Entspannung am Markt
Ein Grund für die Entspannung am Gasmarkt sind laut Experten die gut gefüllten Speicher in der EU, allerdings betrug der Preis vor rund einem Jahr erst rund 40 Euro. Experten halten es für möglich, dass der Gaspreis nach einem harten Winter wieder auf über 200 Euro steigt, wenn die Staaten zum Frühjahr ihre Speicher füllen müssen und die Nachfrage nach oben geht.
Nun will die EU in den Markt eingreifen, sollte der Preis über 180 Euro pro Megawattstunde steigen. Laut einem ersten Entwurf dazu gilt der Preisdeckel allerdings nur für Gas, das einen Monat im Voraus gehandelt wird, daher könnten die Anbieter die Preise später wieder nach oben treiben.
Preisdeckel kann jederzeit wieder außer Kraft gesetzt werden
Um Engpässe bei der Versorgung zu vermeiden, sollte der Preisdeckel nach Vorstellung der EU-Kommission zudem regelmäßig überprüft und jederzeit außer Kraft gesetzt werden können. Gas könnte zudem weiter außerhalb von Börsenplätzen wie TTF gehandelt werden, diese Ausnahme des OTC-Handels („Over the Counter“) soll der EU zusätzliche Flexibilität ermöglichen.
Was bringt es den Endkunden?
Das Vorhaben betrifft grundsätzlich Großkunden, die am TTF handeln - nicht Endverbraucher. Verbraucherpreise werden allerdings indirekt durch die Preise im Großhandel beeinflusst, es könnte daher tatsächlich zu einer Senkung der Gaspreise auch beim Endverbraucher kommen.
Betreiber droht mit Handelsplatz-Verlegung
Doch auch mit der Einigung der Ministerinnen und Minister sind nicht alle Probleme gelöst - auch weil unter anderem der Betreiber des betroffenen Handelsplatzes TTF damit drohte, den derzeit in den Niederlanden angesiedelten Handelsplatz ins EU-Ausland zu verschieben. Man müsse nun alle Optionen prüfen bis hin zu der Frage, ob ein effektiver Markt in den Niederlanden noch lebensfähig sei, teilte der Betreiber Intercontinental Exchange (ICE) mit.
Unter anderem Deutschland hatte sich lange gegen einen solchen Mechanismus gesträubt. Das Land hatte befürchtet, dass dann die Versorgungssicherheit gefährdet wäre, weil Lieferanten ihr Gas etwa an asiatischen Märkten verkaufen könnten, wo höhere Preise möglich wären. Deutschland stimmte nach Angaben von drei EU-Vertretern für den Kompromissvorschlag, Österreich enthielt sich.
Gewessler zu Österreichs Abstimmungsverhalten
„Ich bin überzeugt, dass er ein Beitrag sein kann, um in Zukunft absurde Auswüchse bei den Gaspreisen zu verhindern. Gleichzeitig wurde jedoch heute in letzter Minute eine Ausweitung auf weitere Gasbörsen neben dem TTF in die Verordnung aufgenommen. Und diese Ausweitung kann auch Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit haben. Das gilt gerade für Österreich. Auch wenn wir uns in großen Schritten von der russischen Abhängigkeit lösen, brauchen wir diese Lieferungen aktuell noch“, erklärte Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) in einem Statement nach dem Beschluss.
Russland: „Inakzeptabel“
Der Kreml hat die von der EU beschlossene Obergrenze bei Gaspreisen als „inakzeptabel“ bezeichnet. Es handle sich um eine „Verletzung des Prozesses der Preisbildung auf dem Markt“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen am Montag. „Jede Bezugnahme auf eine ,Deckelung‘ (der Preise) ist inakzeptabel“, betonte er.
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