„Lage dramatisch“
Caritas-Projekte in Afghanistan laufen noch
Das Verbot der Taliban, Frauen in Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu beschäftigen, könnte laut Stefan Recker von der Caritas mittelfristig überwunden werden. Denkbar sei es etwa, dass sich NGOs dazu verpflichten, die islamischen Kleidungsvorschriften sowie die strikte Trennung von Frauen und Männern einzuhalten. Die Caritas engagiert sich unter anderem im Gesundheitsbereich in Afghanistan.
In diesem Bereich kann die Arbeit aktuell fortgesetzt werden. „Hier laufen drei Caritas-Projekte für Leprahilfe, zur Anpassung von Prothesen und zur Mutter-Kind-Gesundheit weiter - mit den dort bei Partnerorganisationen beschäftigten Medizinerinnen“, sagte Stefan Recker. Er leitet das Caritas-International-Büro in Kabul, das die verschiedenen landesweiten Projekte koordiniert. Die Organisation engagiert sich seit 1984 in Afghanistan, einem der ärmsten Länder weltweit. Vor Ort sind zumeist afghanische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig.
Gesundheitswesen bricht ohne Ärztinnen zusammen
Das Verbot, das die Taliban am Heiligen Abend ausgesprochen haben, gilt nur für Frauen in NGOs, nicht für staatliche Akteure und die Vereinten Nationen. Stefan Recker sprach von einer „dramatischen Lage“ für Frauen in Afghanistan. „Ziel der Taliban ist, Frauen aus der Öffentlichkeit verschwinden zu lassen. Vielleicht setzt irgendwann ein Wandel ein, wenn der letzte Taliban merkt, dass das Gesundheitswesen zusammenbricht, wenn es keine Ärztinnen und Krankenschwestern gibt.“
Wie berichtet, hatten die Machthaber Frauen kürzlich verboten, zu studieren. Zudem dürfen sie nur bis zur siebten Klasse Schulen besuchen. In vielen Bereichen gilt bereits ein Arbeitsverbot, Frauen dürfen nur mit einem männlichen Begleiter in die Öffentlichkeit. Laut Recker müssen sie jederzeit mit entsprechenden Kontrollen rechnen. Vor den Universitäten stünden schwerbewaffnete Militäreinheiten, die etwaige Proteste verhindern sollen.
Vielleicht könne zumindest das Verbot, Frauen in NGOs zu beschäftigen, mittelfristig überwunden werden. „Eine Brücke könnte sein, dass sich die NGOs förmlich verpflichten, die islamischen Kleidungsvorschriften und die strikte Trennung von Frauen und Männern einzuhalten“, sagte Recker, der selbst seit den 1990er-Jahren in Afghanistan tätig ist.
In Afghanistan leben schätzungsweise etwa 40 Millionen Menschen, die Hälfte von ihnen ist laut UN-Angaben von Hunger bedroht. Ungefähr drei Millionen Kleinkinder unter fünf Jahren sind mangelernährt.
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