1927-2022
Ex-Papst Benedikt XVI. (95) gestorben
Der emeritierte Papst Benedikt XVI. ist tot. Der gebürtige Bayer starb am Samstag im Alter von 95 Jahren im Vatikan. Benedikt war von 2005 bis zu seinem Rücktritt 2013 Oberhaupt der katholischen Kirche.
„Mit Trauer teile ich mit, dass der emeritierte Papst Benedikt XVI. heute um 9.34 Uhr im Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan verstorben ist“, erklärte der vatikanische Pressesprecher Matteo Bruni. „Weitere Informationen werden so bald wie möglich folgen“, fügte er hinzu. Ab Montag soll der verstorbene frühere Papst im Petersdom aufgebahrt werden, die Beerdigung wird laut Vatikan am 5. Jänner im Petersdom stattfinden.
Pummerin wird fünf Minuten lang läuten
Als Zeichen der Trauer über den Tod des emeritierten Papstes läutet die Pummerin des Wiener Stephansdoms für fünf Minuten. Auch die Glocken der Domkirchen in ganz Österreich stimmen in das Trauergeläut ein, wie die Österreichische Bischofskonferenz am Samstag bestätigte.
Benedikt für Schönborn „Begleiter und Vorbild“
Kardinal Christoph Schönborn erklärte auf Twitter, er denke „mit großer Dankbarkeit“ an Papst Benedikt, mit dem er jahrzehntelang verbunden gewesen sei. „Er war mir als Theologe, Priester und Bischof ein Begleiter und Vorbild. Nun darf er, die Freundschaft Jesu, die er verkündet hat, in Fülle erfahren“.
Zuletzt hatte sich der Gesundheitszustand des 95-Jährigen verschlechtert. Weltweit hatten in den vergangenen Tagen Gebete für den emeritierten Papst stattgefunden. Mit einer Messe in der Lateranbasilika hatte die Diözese Rom am Freitagabend seines ehemaligen Bischofs und Papstes gedacht.
Die Stationen eines bewegten Lebens voller Erfolge - und Rückschlägen:
Der am 16. April 1927 im oberbayrischen Martkl am Inn nahe der Grenze zu Österreich geborene Joseph Ratzinger wuchs als Sohn eines Gendarmeriemeisters und einer Köchin auf. Kindheit und Jugend verbrachte er hauptsächlich in Traunstein. 1943 wurde Ratzinger als Luftwaffenhelfer eingezogen, dann zum Reichsarbeitsdienst zur Errichtung des Südostwalls verpflichtet.
Als Seminarist des Knabenseminars machte er 1946 die Matura. Danach absolvierte er das Theologie- und Philosophiestudium in Freising und München. Gemeinsam mit seinem Bruder Georg empfing er am 29. Juni 1951 die Priesterweihe. 1959 wurde er an die Universität Bonn berufen, 1963 nach Münster. Papst Paul VI. ernannte Ratzinger am 25. März 1977 zum Erzbischof von München und Freising. Drei Monate später erhielt der erst 50-Jährige die Kardinalswürde.
Erster deutschsprachiger Papst seit fast 500 Jahren
Im November 1981 berief Johannes Paul II. Kardinal Ratzinger zum Präfekten der Glaubenskongregation und damit zum höchsten Glaubenshüter. Dieses Amt übte er bis zu seiner Wahl zum Papst 2005 aus. Er war der erste deutschsprachige Papst seit fast 500 Jahren.
Ratzinger galt als Favorit für das Papstamt
Anders als beim polnischen Vorgänger Johannes Paul II. 1978 und dem argentinischen Nachfolger Franziskus 2013 war der Ausgang des Konklaves von 2005 keine ganz große Überraschung. Ratzinger galt als Favorit für das Papstamt. Bereits im vierten Wahlgang wählten die 115 Kardinäle am 19. April 2005 den langjährigen Präfekten der Glaubenskongregation an die Spitze der katholischen Weltkirche.
Erfolge und Rückschläge
Zum theologischen Vermächtnis Benedikts XVI. gehört sein dreibändiges Buch „Jesus von Nazareth“, das er großteils während seiner Zeit als Papst verfasste. Mit vielen Ansprachen, Dokumenten und auch bei Reisen förderte er Ökumene und interreligiösen Dialog - mit Erfolgen wie auch Rückschlägen. Seine „Regensburger Rede“ mit einem mohammedkritischen Zitat eines byzantinischen Kaisers löste in der islamischen Welt Aufruhr und Gewalt aus.
Im Vatikan leitete er wichtige Reformen ein: Er führte die Vatikanbank IOR aus der Skandalzone und unterwarf seine Wirtschafts- und Finanzbereiche internationalen Kontrollmechanismen. Vor allem aber intensivierte er seinen schon als Kardinal geführten Kampf gegen die Missbrauchsskandale in der Kirche, bemühte sich um Prävention und Hilfen für die Opfer.
Missbrauchsskandal und Vertuschungsvorwürfe
Dieses Bild wurde durch das im vergangenen Jänner veröffentlichte Münchner Missbrauchsgutachten erschüttert. Nachdem der emeritierte Papst in einer Stellungnahme zu dem Gutachten falsche Angaben gemacht hatte, wurde die Kritik schärfer. Was für viele wie eine bewusste Falschdarstellung zum Selbstschutz wirkte, erklärten Benedikt und seine Berater zu einem erklärbaren Fehler - um in Person seines Privatsekretärs Georg Gänswein dann nachzulegen, es laufe in Deutschland einmal mehr eine Kampagne gegen Benedikt. Konkrete Vertuschungsvorwürfe wies er entschieden zurück.
Reformbemühungen belasteten Gesundheit
Benedikt XVI. zog daraus bahnbrechende Konsequenzen: Als er sah, dass seine Kräfte nicht mehr reichten, legte er - als erster Papst seit 719 Jahren - am 1. März 2013 sein Amt nieder - eine Sensation.
Nach der Wahl seines Nachfolgers Franziskus wurde es ruhiger um Benedikt, der seitdem im Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan lebte. Lediglich in einigen Fällen kam es erneut zu Diskussionen um ihn, wie bei der Veröffentlichung seiner Biografie „Benedikt XVI. - Ein Leben“, in der er sich deutlich von Ehen zwischen Homosexuellen distanzierte.
Österreich und Benedikt XVI.
Benedikt XVI. war Österreich zeit seines Lebens eng verbunden. Er liebe Österreich und dies „seit den sonntäglichen Wanderungen, die wir zu Beginn der 1930er-Jahre über die Salzach-Brücke mit unserer Mutter nach Ostermiething, nach Sankt Radegund und an andere Orte auf der österreichischen Seite der Salzach gemacht haben“, schrieb der damalige Papst in einem Brief.
Von 7. bis 9. September 2007 verbrachte er drei Tage in Österreich und besuchte Wien und das Stift Heiligenkreuz. Höhepunkt seiner „Pilgerreise“ war die Messe im steirischen Wallfahrtsortes Mariazell zum 850-Jahr-Jubiläum. Der dreitägige Besuch war vom schlechten Wetter überschattet. Trotzdem kamen 32.000 Pilger in den obersteirischen Wallfahrtsort. Große Besuchermassen blieben während seines Besuches aber aus.
Personalentscheidungen trübten Freude
Als Anfang 2009 der erzkonservative Gerhard Maria Wagner Weihbischof von Linz werden sollte, war nicht nur das Kirchenvolk irritiert. Ebenso wenig vergnüglich dürfte für den Papst auch die Beschäftigung mit der österreichischen Pfarrerinitiative gewesen sein. Mehrmals hatten die „ungehorsamen“ Kirchenrebellen versucht, vor dem Heiligen Vater vorzusprechen - ohne Erfolg.
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