Karriere frei erfunden
US-Abgeordneter fälschte und schönte Lebenslauf
Bei den Kongresswahlen in den USA im November hat George Santos für die Republikaner einen Sitz im US-Repräsentantenhaus erobern können. Doch nun hat die „New York Times“ aufgedeckt, dass der 34-jährige Anhänger von Ex-Präsident Donald Trump praktisch seinen gesamten Lebenslauf gefälscht oder zumindest geschönt hat. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft.
Als Selfmade-Mann mit erheblichem Vermögen, mit einer Karriere als Fondsmanager bei den Investmentbanken Goldman Sachs und Citigroup machte Santos (im Bild unten während des Wahlkampfes) bei den Wählern der New Yorker Stadtteile Long Island und Queens mächtig Eindruck. Sie brachten ihm bei der Wahl viele Stimmen.
Zeitung deckt Schwindeleien auf
Bei den Midterm Elections (Zwischenwahlen, Anm.) gewann er mit acht Prozentpunkten Vorsprung den traditionell demokratischen Bezirk und konnte den Republikanern somit einen wichtigen Sitz für die hauchdünne Mehrheit im US-Kongress sichern. Vor Weihnachten veröffentlichte Recherchen der Zeitung „New York Times“ ließen allerdings Zweifel an Santos‘ Angaben aufkommen. Der sprach anfangs von „verleumderischen Anschuldigungen“, musste am Montag aber schließlich eingestehen, dass er seinen Lebenslauf „ausgeschmückt“ hat.
Tatsächlich hat Santos aber, was seine Angaben zu seiner Herkunft, seiner beruflichen Karriere und seinen angeblichen Reichtum betrifft, schlicht und einfach gelogen. Weder hat er studiert, wie er behauptet hatte, noch machte er Karriere als Fondsmanager. Tatsächlich jobbte er zeitweise für 15 Dollar Stundenlohn in einem Callcenter. Und auch jene 13 Häuser, die er besitzen will, sind frei erfunden. Tatsächlich wurden er und seine Mutter mehrfach aus Wohnungen geworfen, weil sie die Miete nicht bezahlt hatten.
„Wir machen dumme Dinge im Leben“
Am Montag gab Santos in zwei Interviews schließlich zu, seine Vita erheblich gefälscht zu haben. Er habe nie bei den Banken Goldman Sachs und Citigroup gearbeitet und auch keinen Hochschulabschluss, gestand er ein. Und - anders als im Wahlkampf behauptet - sei er auch nicht Jude, sondern katholisch, so der frisch gebackene Abgeordnete. Es tue ihm leid, seinen „Lebenslauf ausgeschmückt“ zu haben, aber „wir machen dumme Dinge im Leben“, sagte der 34-Jährige.
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Die Fälschungen von Santos seien unglaublich, zeigt sich die Staatsanwältin des Kreises Nassau in New York, Anne Donnelly, verwundert. Die „Lügen und Ungereimtheiten“, die mit Santos in Verbindung gebracht werden, seien „schlichtweg atemberaubend“, hieß es in einer von ihr verfassten Erklärung, die am Mittwoch von mehreren großen US-Medien veröffentlicht wurde.
Verfahren wegen Scheckbetrugs in Brasilien
In Brasilien läuft gegen Santos ein Verfahren wegen Scheckbetrugs, die finanzielle Situation sei undurchsichtig, berichtet die „New York Times“. Auch seine angeblich gemeinnützige Tierschutz-Organisation „Friends of Pets United“ sei nie entsprechend eintragen gewesen und habe Spenden nicht weitergeleitet, so das Blatt.
Demokratische Abgeordnete fordern Schritte seitens der republikanischen Fraktionsführung und wollen jetzt eine Untersuchung der Causa durch die Ethikkommission. Santos habe die Wähler seines Wahlkreises betrogen und solle daher des Repräsentantenhauses verwiesen werden. Der 34-Jährige will sein Mandat aber auf alle Fälle annehmen. „Ich werde mein Amt antreten“, erklärte er in einem Interview mit dem New Yorker Radiosender WABC trotzig.
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