Vier tödlich verunglückte Skifahrer binnen weniger Tage in Tirol sprechen eine deutliche Sprache: Der Weg von der Kunstschneepiste in die steinige Umgebung ist ein ebenso kurzer wie lebensgefährlicher. Nach den Todesstürzen von zwei 17-jährigen deutschen Skifahrern in Waidring schildert ein holländischer Ersthelfer nun die dramatischen Minuten.
Das schreckliche Unglück im Skigebiet Steinplatte, bei dem am Mittwoch zwei 17-jährige deutsche Skifahrer starben, hält Tirol in Atem. Wie berichtet, sind die beiden gegen 11 Uhr aus noch unbekannter Ursache von der Piste Nr. 13 mit dem Namen „Rennstrecke“ abgekommen und 50 Meter ins apere Gelände gestürzt. Zeugen berichteten, dass das Duo, das mit den Vätern einen Tagesausflug nach Waidring unternommen hatte, zusammen losgefahren und sehr schnell unterwegs gewesen sei.
„Ein Zeuge will außerdem ein Geräusch wahrgenommen haben, das auf einen Zusammenstoß der Burschen auf der Piste schließen lässt“, sagt Andreas Steurer, Leiter der Alpinpolizei Kitzbühel. Vermutungen, die Opfer hätten ein Rennen gemacht, haben sich bisher nicht bestätigt. Die Ermittlungen zur Unfallursache dauerten am Donnerstag noch an.
Ersthelfer geschockt: „Es sah schrecklich aus“
Der Holländer Alexander Hoefnagel (46) war einer der Ersthelfer vor Ort. „Als ich in dem Bereich die Piste runterfuhr, sah ich rechts mehrere Personen“, schildert er im Gespräch mit der „Tiroler Krone“. Er erkannte die Dramatik und hat sich sofort an den Erste-Hilfe-Maßnahmen beteiligt. „Ich habe mit anderen versucht, einen der Buben zu reanimieren“, erzählt er. Doch alle Bemühungen halfen nichts. „Die Piste macht bei der Unglücksstelle eine Kurve, dies dürften die Burschen wohl übersehen haben“, meint der Holländer.
Die Wintersportler überschätzen oft ihr eigenes Können.
Andreas Steurer, Leiter der Alpinpolizei Kitzbühel
Selbst Graspolster sind gefroren hart wie Steine
„Dank des Kunstschnees kann man derzeit auf den Pisten im Land gut Ski fahren, gleich daneben liegt aber meist kein Schnee. Steine und Baumstümpfe sind nicht zugeschneit, das Gelände ist gefroren. Daher sind selbst Graspolster hart wie Stein“, warnt Alpinpolizist Steurer.
Die Wintersportler überschätzen laut Steurer oft ihr eigenes Können. In Kombination mit der aktuell hohen Frequenz auf den Pisten würden gefährliche Situationen entstehen und Unfälle passieren. Er appelliert an die Skifahrer, die Geschwindigkeit den Verhältnissen anzupassen. „Aber es ist ähnlich wie bei den Autofahrern. Diese Appelle verpuffen leider meist“, meint er resignierend.
Tragischer Start in die Wintersaison
Wenn es in Tirol bei Unglücken Tote gibt, wird das auch von uns Journalisten keinesfalls der Kategorie „Ist eben so“ zugeordnet. Besonders ergreifend ist jedoch, wenn es sich bei den Opfern um Jugendliche oder gar Kinder handelt. Zuletzt starben innerhalb weniger Tage drei junge Menschen in Tiroler Skigebieten. Es muss aber hier klar betont werden: Sie starben abseits der präparierten Piste. Wie kann das kommen? Haben viele Skifahrer während Corona diesen Sport einfach verlernt? Möglich. Es erlernen ja auch bei uns immer weniger junge Menschen das Skifahren, was kein Ruhmesblatt für die Sportpolitik im Land ist. Aus meiner Sicht erklärender ist, dass viele die Gefahr(en) abseits der Piste völlig unterschätzen. Dass viele, oft ungeübte Skifahrer, in erster Linie den Spaß und den Adrenalinkick beim Fahren mit hoher Geschwindigkeit sehen. Derzeit sollte wohl ein Blick über den Pistenrand hinaus ausreichen, um zu sehen, dass dort im Falle des Falles nichts einen Aufprall dämpft. Selbst beste Helme und Rückenprotektoren geben beim Aufprall auf einen Stein oder gegen einen Baum klein bei. Deshalb meine große BITTE: Liebe Hotel- und Pensionsbetreiber, Skiverleiher, geschätztes Liftpersonal: Weist Skifahrer, die mit Volldampf den Vollspaß suchen darauf hin, wie gefährlich es aktuell ist. Vielleicht lässt sich damit ja der eine oder andere Sturz mit Todesfolge vermeiden - denn diese wird es weiter geben, solange abseits der Piste kaum Schnee liegt.
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