Ein zehnjähriger Ukrainer leidet an einer unheilbaren Krankheit. Im Integrativen Schulzentrum in Wels sorgt sich eine 21-jährige Landsfrau liebevoll um ihn.
Gar nicht gut meinte es das Schicksal mit dem zehnjährigen Dmytrio. Bei dem zehnjährigen Flüchtlingskind aus der Ukraine wurde Mukopolysaccharidosen (MPS) diagnostiziert. Die angeborene, langsam fortschreitende Stoffwechselkrankheit greift die inneren Organe an. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei 15 Jahren.
Nahrungszufuhr nur über Magensonde möglich
„Bei Dmytrio hat sich der Zustand zuletzt leider sehr stark verschlechtert. Die Nahrungsaufnahme erfolgt nur noch über eine Magensonde. Er ist aber ein Kämpfer“, erzählt Manuela Rittenschober. Sie leitet das Integrative Schulzentrum in Wels. Es ist auf Kinder mit besonders erhöhtem Förderbedarf spezialisiert. Klassen, Ruhebereiche, Bad, Toilette und Freizeiträume sind auf die Schüler angepasst.
Wegen der zum Teil sehr schweren Beeinträchtigungen benötigen viele Kinder eine individuelle Betreuung. So auch „Dimy“, wie er liebevoll genannt wird. Er ist auf seinen Rollstuhl und die permanente Unterstützung einer der 19 Schulassistentinnen angewiesen. Nur eine spricht aber seine Muttersprache. Anna Lavreniuk. Die 21-Jährige flüchtete im Frühjahr selbst vor dem Krieg.
Mutter und Vater blieben in der Ukraine zurück
Ohne ein Wort Deutsch zu können, ließ sie in ihrer Heimatstadt Krywyj Rih (der Heimatstadt des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj) Mutter Svytlana und Papa Vyacheslav zurück. Über Polen und Deutschland führte sie der Weg nach Wels, wo sie eine Familie aufnahm. „Die Kinder der Familie gehen bei uns zur Schule. Dadurch erfuhr ich von Anna und bot ihr die Stelle als Schulassistentin an. Wie sich jetzt herausstellt, war das ein absoluter Glücksfall und eine Bereicherung für unsere Schule“, schwärmt Direktorin Rittenschober von Anna. „Eigentlich ist sie schüchtern, bei Kindern geht sie aber voll auf.“
Journalisitk-Studium abgebrochen
Noch vor wenigen Monaten wollte Anna Journalistin werden. In Dnipro studierte sie Journalistik. Den Berufswunsch hat Lavreniuk mittlerweile aufgegeben. „Ich will so rasch wie möglich gut Deutsch können, damit ich schon bald die Ausbildung zur Intensivpädagogin absolvieren kann“, ließ sie die „Krone“ beim Schulbesuch in Wels wissen.
Anna ist eine absolute Bereicherung und ein Glücksfall für unsere Schule. Wie sie sich um Dmytrio kümmert, ist einfach bewundernswert.
Manuela Rittenschober, Direktorin
Österreich habe sie schon ganz fest in ihr Herz geschlossen. Besonders unsere Küche hat es ihr angetan. „Ich liebe Topfengolatschen und Mohnnudeln. Auch Wels finde ich sehr schön.“ An ihre Heimat muss sie gerade jetzt um den Jahreswechsel besonders oft denken. So gut es geht, telefoniert sie mit ihren Eltern: „Leider funktioniert das Internet nicht immer. Auch der Strom wird oft abgeschaltet.“ Wenig überraschend, wünscht sie sich ein baldiges Wiedersehen mit ihrer Mutter. „Sie ist Lehrerin. Vielleicht schafft sie es in den Semesterferien nach Wels zu kommen. Papa muss daheim bleiben, um auf die Katze aufpassen.“
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