Die brasilianische Fußball-Legende Pelé ist tot. Der dreifache Weltmeister, der mit bürgerlichem Namen Edson Arantes do Nascimento hieß, bestritt 92 Länderspiele und erzielte in seiner Karriere 1281 Tore.
Edson Arantes do Nascimento, wie der Stürmer mit vollem Namen hieß, hatte den Fußball wie kaum ein anderer geprägt. Pelé war schon zu Lebzeiten eine Legende. Der Weltverband FIFA hatte ihn - ebenso wie den Argentinier Diego Maradona - zum „Spieler des 20. Jahrhunderts“ gekürt. Der Stürmer verzückte mit seinen technischen Fähigkeiten und Goalgetter-Qualitäten die Massen, noch bevor der Fußball zum Live-TV-Massenevent und Milliarden-Geschäft wurde.
Der König
„O Rei“ (der König), wie er genannt wurde, wurde als einziger Spieler dreimal Weltmeister. 1958 in Schweden, 1962 in Chile und 1970 in Mexiko führte er die „Seleção“ mit herausragenden Leistungen zu drei WM-Triumphen. Beim triumphalen 4:1 im Finale 1970 gegen Italien erzielte Pelé das 1:0. Es war sein zwölftes und letztes Tor an einem WM-Turnier. 1971 gab er den Rücktritt aus der Nationalmannschaft. Mit 77 Treffern in 92 Länderspielen ist Pelé bis heute Rekordtorschütze der Seleção.
„Dieser Junge wird der beste Fußballspieler der Welt“, sagte einst Waldemar de Brito, der als sein Entdecker gilt. Beim FC Santos erhielt der Schuhmacherlehrling 1956 einen Vertrag und debütierte mit 15 in der ersten Mannschaft. Mit 16 spielte Pelé erstmals in der Nationalmannschaft, deren Rekordtorschütze (77 Tore in 92 Länderspielen) er bis heute ist. Insgesamt soll er 1.281 Tore in 1.365 Partien erzielt haben - die Zahlen differieren, aber es ist eine bis heute unerreichte Bilanz.
Der Aufstieg
1958 nahm Nationaltrainer Vicente Feola den damals 17-Jährigen mit zur WM nach Schweden. Dort ging Pelés Stern auf. Beim 5:2 im Finale gegen den Gastgeber schoss er zwei Tore. Die Bilder des weinenden Pelé, der sich an Gilmars Schulter anlehnte, gingen um die Welt. Mit seiner leichtfüßigen, ungemein ballsicheren und torgefährlichen Spielweise verzauberte er alle. In dem Turnier traf er sechsmal und schrieb Geschichte: jüngster Spieler, jüngster Torschütze, jüngster Weltmeister!
1962 in Chile verletzte sich Pelé im zweiten Spiel und saß fortan auf der Tribüne. Auch Wunderheiler Mário Américo konnte ihn nicht fürs Finale fit machen, das Brasilien 3:1 gegen die CSSR gewann. 1966 in England wurde Brasiliens Held von den portugiesischen Verteidigern wie Freiwild gejagt und getreten. Mit dem 1:3 gegen Portugal schied der Turnierfavorit in der Vorrunde aus. Pelé wollte nie wieder eine WM spielen.
Vor der nächsten WM in Mexiko machte die brasilianische Regierung dem neuen Trainer João Saldanha, der Pelé nicht berücksichtigt hatte, Druck. Pelé schlüpfte wieder ins kanariengelbe Trikot. Unter Saldanhas Nachfolger Mario Zagallo marschierte die Seleção durchs Turnier und fegte im Endspiel Italien mit 4:1 weg. Kurzzeitig mit einem Sombrero auf dem Kopf ließ sich Pelé auf den Schultern durch das Aztekenstadion tragen. Ein Jahr später beendete er beim 2:2 gegen Jugoslawien vor 180.000 Zuschauern im Maracanã seine einzigartige Karriere in der Seleção.
Der Mann, der am 23. Oktober 1940 im Ort mit dem schönen Namen Três Corações (drei Herzen) im Bundesstaat Minas Gerais geboren wurde, kickte später noch zusammen mit Deutschlands „Kaiser“ Beckenbauer bei Cosmos New York. Pelé hatte damals finanzielle Probleme, in den USA konnte er sich konsolidieren. Ein Foto von 1977, wie Pelé und Beckenbauer nackt unter der Dusche stehen, gehört zu den Perlen der Fußball-Dokumentation.
Beckenbauer war ein Freund Pelés, sein Lieblingsfeind hieß lange Diego Maradona, der sich selbst als Fußballgott sah. Pelé warf dem Argentinier vor, der Jugend ein schlechtes Beispiel zu sein - während Maradona Pelé als einen Fall fürs Museum bezeichnete. Bei der FIFA-Wahl zum „Jahrhundertspieler“ lieferten sich die beiden verbale Scharmützel.
Emotionaler Abschiedsbrief
„Die Fußball-Welt hat sich bereits für mich entschieden“, erklärte Pelé damals. „Aber wenn der Titel Maradona helfen kann, seine Drogenprobleme zu bewältigen und mit 40 Jahren noch einmal in die Familie des Fußballs zurückzukehren, warum nicht?“ Der Brasilianer ließ keine Zweifel daran, dass er sich selbst für den Spieler des Jahrhunderts hält: „Es ist wie in der Musik. Dort gibt es Beethoven und die anderen. Und im Fußball gibt es eben Pelé und die anderen.“ In einem emotionalen Abschiedsbrief zum Tod von Maradona Ende November 2020 ließ Pelé persönlichere Worte anklingen, er suggerierte eine tiefe Freundschaft der beiden Weltstars.
Sein schönstes Tor? Pelé selbst sagte: Das 4:2 beim Santos-Spiel gegen den Club Atlético Juventus aus São Paulo am 2. August 1959, als er im Strafraum den Ball in der Luft jonglierte, nacheinander über drei Gegenspieler lupfte, dann auch noch über den Torhüter, um den Ball schließlich per Kopf einzunetzen. Davon gibt es aber keine Videoaufnahmen, nur Animationen, was den Mythos nur genährt hat.
Auf dem Weg zur Kabine kommt jeder Spieler im Maracanã-Stadion an einem alten Lederball vorbei - jener, mit dem Pelé am 19. November 1969 sein 1.000. Tor erzielte. Der Superstar spielte mit dem FC Santos gegen Vasco da Gama aus Rio de Janeiro. Nach einigen vergebenen Chancen kommt die 78. Minute. Pelé wird gefoult. Pfiff. Elfmeter. Er tritt selbst an, schießt platziert in die rechte Ecke. „O Milésimo“ ist erreicht. Alle Dämme brechen, er greift sich den Ball und küsst ihn.
Dem Magazin „11 Freunde“ sagte er dazu später: „Eigentlich hatte ich mir jenes Tor mit der magischen Zahl anders vorgestellt als ausgerechnet durch einen Strafstoß. Aber inzwischen war mir jede Art von Treffer recht; wenn ich es nur endlich hinter mich brachte.“ Sogar die Kirchenglocken läuteten damals zu seinen Ehren.
Pelé im Alter
In den vergangenen Jahren war es ruhiger um Pelé geworden. Bei der Einweihung einer Fußball-Akademie mit seinem Namen im Sommer 2020 in Resende im Inneren des Bundesstaates Rio de Janeiro sprach er auch über seine Gesundheit, nachdem er kurz davor an der Hüfte operiert worden war. „Die Leute sprechen über Fußball, meine Karriere, aber niemand hat nach meinen Kindern gefragt“, sagte er. „In dieser Situation habe ich etwas mehr Zeit mit ihnen verbracht und viel gelernt.“ Zudem war er immer wieder im Rahmen seiner Krebsbehandlung ins Krankenhaus gebracht worden.
In seiner Heimat war der Fußball-König auch schon mal in die Kritik geraten, wegen Vaterschaftsprozessen und seiner vielen Werbeverträge. Peinlich geriet die Frage, ob er denn bereit sei, das olympische Feuer bei den Spielen in Rio 2016 anzuzünden. Der Produzent der Eröffnungsfeier, Abel Gomes, traf sich mit Pelé in einem Restaurant und küsste ihm die Hand. Als sei er ein echter König. Pelé ließ ausrichten, er müsse das erst mit seiner PR-Firma klären. Schließlich sagte er kurzfristig ab - angeblich wegen gesundheitlicher Bedenken.
Pelé warb „nie für alkoholische Getränke, Politik, Religion oder Tabak“, sagte er selbst. Aber für ein bekanntes Potenzmittel, auch wenn er stets betonte, selbst nie welche gebraucht zu haben. Sieben Kinder hat er, davon zwei uneheliche. Zwei gescheiterte Ehen hat er hinter sich. Mit 75 Jahren heiratete er seine dritte Frau Márcia Cibele Aoki.
26 nationale Titel
In Santos gibt es ein eigenes Pelé-Museum. Von 1956 bis 1974 spielte er beim FC Santos, gewann mit dem Club 1962 sowie 1963 den Weltpokal und 26 nationale Titel. Unter Staatspräsident Fernando Henrique Cardoso war Pelé von 1995 bis 1998 sogar Brasiliens Sportminister - sein großer Wunsch war es, dass Brasilien einmal zu Hause Weltmeister werde. Doch dann musste er wie seine Landsleute mit dem 1:7 gegen Deutschland im Halbfinale 2014 eine der bittersten Stunden miterleben.
„Der Bürger Edson Arantes do Nascimento hat alle Höhen und Tiefen des Lebens gemeistert, gelacht, geweint, viele Schmerzen erleiden müssen, viele Triumphe ausgekostet. Er ist sterblich. Pelé ist dagegen unsterblich, wird immer der Traum aller Kinder bleiben, wird immer strahlen, wird nie Schmerzen empfinden müssen“, sagte Pelé einmal.
Am Donnerstag verstarb Pelé. Die offizielle Todesursache lautete nach Angaben des Krankenhauses: multiples Organversagen als Folge des Fortschreitens von Dickdarmkrebs im Zusammenhang mit seiner früheren Erkrankung. Der brasilianische Fußballverband CBF veröffentliche auf Twitter ein Foto von „König Pelé“. „Ewig“, stand über dem Porträt der Fußball-Legende in Schwarz-Weiß.
Bürgerlicher Name:
Edson Arantes do Nascimento
Geboren: 23. Oktober 1940 in Tres Coracoes (BRA)
Gestorben: 29. Dezember 2022 in Sao Paulo
Sportminister Brasiliens 1994 - 1998
Karriere:
1952 im Barfuß-Fußball bei Setimo de Setembro
1954-1956 AC Bauru
1956-1974 FC Santos
1975-1977 New York Cosmos
Erstes Spiel: 7. September 1956 für Santos mit einem Treffer
Letztes Spiel: 1. Oktober 1977 (für Cosmos) mit seinem letzten Tor
Teameinsätze: 92 Länderspiele, 77 Tore
Teamdebüt: 7. Juli 1957 gegen Argentinien mit dem Treffer beim 1:2
Erfolge:
„Sportler des Jahrhunderts“ (IOC, 1999)
„Fußballer des Jahrhunderts“ gemeinsam mit Maradona (FIFA, 2000)
3 x Weltmeister (1958, 1962, 1970)
2 x Sieger im Interkontinental-Cup (1962, 1963)
2 x Mal Sieger des Südamerika-Cups (1962, 1963)
10 Meistertitel des Bundesstaates Sao Paulo
11 x Torschützenkönig
1 x brasilianischer Cupsieger (1968)
US-Meister mit New York Cosmos 1977
Rekorde und Bilanzen (teils divergierende Statistiken):
1.284 Tore in 1.375 offiziellen Spielen (laut Buch „Pele - mein Leben“), davon 1.087 Tore in 1.120 Spielen für Santos
127 Tore im Jahr 1959
8 Tore im Spiel Santos-Botafogo (11:0)
12 Tore bei vier WM-Endrunden
WM-Bilanz: 14 Spiele - 12 Siege, 1 Remis, 1 Niederlage.
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