„Weg zum Frieden“

NATO-Chef fordert mehr Waffenlieferungen an Kiew

Ausland
30.12.2022 08:52

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat zu weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine aufgerufen. „Es mag paradox klingen, aber militärische Unterstützung für die Ukraine ist der schnellste Weg zum Frieden“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Kreml-Chef Wladimir Putin müsse nämlich davon überzeugt werden, dass er sein Ziel, die Kontrolle über die Ukraine zu übernehmen, nicht erreichen werde. Ukrainische Angriffe auf Ziele in Russland bezeichnete Stoltenberg als legitim.

„Jedes Land hat das Recht, sich zu verteidigen. Auch die Ukraine“, sagte er. Bei den ukrainischen Angriffen müsse auch der Kontext gesehen werde. Dies seien massive russische Angriffe auf zivile Infrastruktur, die darauf abzielen, ukrainischen Zivilisten im Winter Wasser, Heizung und Strom zu nehmen.

Ukraine greif russische Stützpunkte an
Die ukrainische Armee hatte erst am Donnerstagabend bekannt gegeben, russische Stützpunkte in der Umgebung der Industrie- und Hafenstadt Berdjansk angegriffen zu haben. Dabei seien rund 50 russische Soldaten „liquidiert“ worden, teilte der Generalstab in Kiew mit. Die Militärs in Kiew machten keine Angaben dazu, mit welchen Waffensystemen Berdjansk angegriffen wurde. Die Stadt am Asowschen Meer liegt knapp 100 Kilometer hinter den aktuellen Frontlinien. Am Donnerstag war die Ukraine in mehreren Regionen bis weit in den Westen des Landes von Russland mit Raketen attackiert worden.

(Bild: The Associated Press)

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj räumte indes ein, dass die meisten Regionen des Landes nach den massiven russischen Raketenangriffen unter Stromausfällen leiden. „Aber das ist nichts im Vergleich zu dem, was hätte passieren können, wenn unsere heldenhaften Flugabwehrtruppen und die Luftabwehr nicht gewesen wären“, sagte Selenskyj in einer Videoansprache am Donnerstagabend. Die Luftkommandos in der Zentral-, Süd-, Ost- und Westukraine hätten 54 russische Raketen und elf Drohnen während eines der größten russischen Luftangriffe seit Beginn des Krieges im Februar abgewehrt.

„Wir werden durchhalten“
„Dieses Jahr hat noch zwei Tage, vielleicht wird der Feind erneut versuchen, uns dazu zu bringen, das Neue Jahr im Dunkeln zu feiern“, warnte Selenskyj vor weiteren Angriffen. „Aber egal, was sie vorhaben, eines wissen wir über uns selbst: Wir werden durchhalten.“

Wolodymyr Selenskyj (Bild: AFP)
Wolodymyr Selenskyj

Selenskyj verurteilte das Vorgehen Russlands scharf. Dieses rücke mit jedem weiteren Raketenangriff näher an ein internationales Tribunal heran. „Mit jedem solchen Raketenangriff treibt sich Russland nur noch tiefer in eine Sackgasse“, sagte er wenige Stunden nach dem jüngsten russischen Großangriff. „Und jede Rakete bestätigt nur, dass das alles mit einem Tribunal enden muss, genau so wird es sein“, so Selenskyj. In seinen Unterredungen mit ausländischen Staats- und Regierungschefs versucht der ukrainische Staatschef, deren Unterstützung für einen Internationalen Strafgerichtshof nach dem Vorbild des Nürnberger Tribunals zu gewinnen, vor dem sich Politiker und Militärs aus Moskau für den Angriffskrieg gegen die Ukraine verantworten sollen.

„Russen gelingt es nicht, Moral der Menschen zu brechen“
Der Journalist Denis Trubetskoy sagte Donnerstagabend in der „ZiB 2“ des ORF, dass es den Russen durch Raketenattacken und Drohnenangriffe nicht gelinge, die Moral der Menschen zu brechen. Die Stimmung in der Ukraine bezeichnete er in einer vor der Sendung aufgezeichneten Skype-Videoschaltung nach Kiew zwar nicht als gut, aber als „normal“.

Die ukrainische Präsidentenberaterin Alona Werbytska berichtete indes, dass in der Ukraine derzeit 15.000 Menschen vermisst werden, „darunter viele ZIvilisten“. Das Schicksal dieser Menschen sei völlig ungewiss, sagte die Ombudsfrau. „Wir wissen nicht, was mit ihnen geschehen ist“, sagte sie. „Befinden sie sich auch in russischer Kriegsgefangenschaft, sind sie aus russisch besetzten Gebieten verschleppt oder womöglich längst umgebracht worden?

Ukrainische Rakete auf weißrussischem Staatsgebiet
Nach dem Fund einer ukrainischen Rakete auf dem Staatsgebiet von Weißrussland bot das Verteidigungsministerium in Kiew seine Mitarbeit an den Untersuchungen des Vorfalls an. In einer am Donnerstagabend veröffentlichten Erklärung des Ministeriums hieß es, dass die Behörde zu einer „objektiven Untersuchung des Vorfalls“ bereit sei. Staatsmedien in der belarussischen Hauptstadt Minsk hatten berichtet, dass eine vom Flugabwehrsystem S-300 abgeschossene Rakete Donnerstagvormittag auf belarussisches Staatsgebiet gefallen sei.

US-Präsident Joe Biden unterzeichnete am Donnerstagabend das billionenschwere Budget, das unter anderem 45 Milliarden Dollar a (42,26 Mio. Euro) an Unterstützung für die Ukraine vorsieht. Auch Großbritannien will weiter Milliardengelder an Kiew schicken. Verteidigungsminister Ben Wallace sagte, dass kommendes Jahr 2,3 Milliarden Pfund (2,60 Mrd. Euro) an Militärhilfe fließen werde. Das entspreche dem heuer überwiesenen Betrag.

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