Im Herbst live in Wien

Daniela Alfinito: „Pflegerin ist mein Traumberuf“

Wien
08.01.2023 06:01

Seit einigen Jahren okkupiert die deutsche Schlagersängerin Daniela Alfinito mit ihren Alben die Spitzenspositionen der Charts. Mit „Frei und grenzenlos“ jagt sie die vierte Nummer eins in Österreich. Doch trotz des Erfolgs arbeitet die 51-Jährige aus Hessen noch immer in einem Alterspflegeheim. Wie sie all das unter einen Hut bringt, verrät sie uns im „Krone“-Gespräch.

„Krone“: Daniela, schließt dein neues Album „Frei und grenzenlos“ direkt an das vor einem Jahr veröffentlichte „Löwenmut“ an?
Daniela Alfinito:
 Wenn du den gewissen Löwenmut besitzt, bist du irgendwann frei und grenzenlos. (lacht) Das ist jetzt ein Album, wo jedes einzelne Lied zum Albumtitel passt. Man braucht heutzutage für alles Löwenmut. Um das Selbstvertrauen zurückzukriegen, das man vielleicht durch eine Beziehung verloren hat. Erst dann kann man frei und grenzenlos sein.

2021 war die Scheidung zwischen dir und deinem Ex-Mann Domenico, die medial breit ausgeschlachtet wurde. Man kann also sagen, beide aktuelle Alben sind sehr stark von deinem Privatleben gefärbt?
Die Geschichte ging wirklich überall durch. Die „Bild“ konnte gar nicht genug davon kriegen, aber wenn etwas nicht mehr geht, geht es nicht mehr. Manchmal kann man nichts mehr zusammenflicken. „Löwenmut“ war das Album zur Verarbeitung meiner Gefühle. Der Song selbst wurde mir wirklich auf den Leib geschrieben und als er eintraf, wusste ich sofort, dass ich mich damit identifizieren kann. Viele Menschen schreiben mir auch, dass ich ihnen mit dem Lied über ihre Sorgen hinweggeholfen habe. Also wagte ich dann auch den mutigen Schritt zur Trennung.

Würdest du dich allgemein als mutige Person bezeichnen?
Absolut. (lacht) Es ist scheißegal, wenn man fällt. Man muss aufstehen, die Krone richten und weitermachen. Ich sage mittlerweile frei heraus, was ich denke und nehme mir kein Blatt mehr vor den Mund. Wenn du morgens vorm Spiegel stehst und dich ansiehst, dann lernst du das. Ich war sehr lange in mich gekehrt und nicht frei genug. Sehr viel gelernt habe ich auch durch die Arbeit als Pflegerin in Gesprächen mit unseren Bewohnern. Dadurch wurde ich Schritt für Schritt mutiger und jetzt stehe ich mit beiden Beinen fest im Leben. Auch die Auftritte und der Kontakt mit Fans und neuen Menschen, die mich kennenlernen, geben mir so viel Kraft. Die Leute fragen sich oft, wie sich mein Job mit der Musik ausgeht, aber wir Frauen sind Multitasking-fähig.

Dennoch braucht man sehr viel Energie für so ein Leben.
Das zweifellos, aber diese Energie hole ich mir im Altenheim. Altenpflegerin ist mein Hauptberuf, mittlerweile ist es das Singen aber auch. Wenn ich montagmorgens in das Heim komme, fahre ich komplett runter. Ich bin dann bei meiner zweiten Familie.

Ich nehme an, rein finanziell gesehen müsstest du nicht mehr zwingend diesen Beruf ausführen?
Ich mache das, weil es mein absoluter Traumberuf war und noch immer ist. Wenn man in einer Familie groß wird, wo Vater und Onkel für die Musik leben, dann schwärmst du natürlich auch dafür. Ich habe als Teenager natürlich andere Musik gehört, bin den 70er- und 80er-Jahren groß geworden. Als Siebenjährige saß ich daheim und hörte meinen Vater zu, wie er „Kreuzberger Nächte sind lang“ sang. Irgendwann nahm er mich hoch und wir sangen zusammen durch ein Mikrofon. Ich durfte nicht immer mit, aber sonntags an der Kirmes war das möglich.

War es für dich ein großer Vorteil, dass du die Welt des Showbusiness wirklich schon von klein auf gekannt hast?
Die ganze Branche ist ein Haifischbecken. Fressen und gefressen werden, aber als Sternzeichen Fisch schlage ich mich schon durch. Sonst werde ich einfach mal ganz schnell zum Hai. (lacht) Ich habe von Vater und Onkel viele Ratschläge bekommen. Die wichtigsten waren, ehrlich und aufrichtig zu sein und alle Menschen, die mir gegenüberstehen, mit Respekt anzunehmen. Auch wenn sie mir nicht wohlgesinnt sind. Die beiden hatte ich aber wirklich immer hinter mir, das war schon toll.

Das ist der große Vorteil. Der Nachteil ist, dass man nur sehr schwer aus solchen Schatten rauswächst.
Man muss wirklich eigenständig werden und manchmal geht das nur mit dem Ellenbogen. Aber jeder findet seinen Weg. Karl-Heinz hatte einst einen Speichelstein in der Ohrspeicheldrüse und musste in Wien seinen Auftritt absagen. Damals sprang ich für ihn ein. Ich hatte eigentlich einen Auftritt im Elsass, der abgesagt wurde. So fuhr ich dann mit und bin als Daniela Alfinito bei den Amigos eingesprungen. Die Menschen haben meinen Vater und mich wirklich gefeiert, es war so ein toller Erfolg. Ich war so unglaublich aufgeregt, aber alles ging gut. Ich habe dann in Budapest eine Flusskreuzfahrt mitgemacht, wo so viele Menschen dabei waren, die mich in Wien sahen und deshalb auf der Kreuzfahrt waren. Das zu hören und so etwas Positives zu spüren, das war einfach toll.

Mit solchen Erfahrungen wächst man.
Natürlich. Damals hatten wir noch unsere Autogrammtische stehen und die Leute gingen an mir vorbei, schüttelten mir die Hand und bedankten sich dafür, mich kennenzulernen. Da habe ich sehr viel an Selbstvertrauen gewonnen, das war für mich ungemein wichtig.

In deinem Stammjob als Altenpflegerin bist du seit nunmehr 30 Jahren tätig. Wie bringst du das und die Musik unter einen Hut?
Ich hatte 2014 einen doppelten Bandscheibenvorfall, was in dem Job nicht so unüblich ist. Heute gibt es Lifte, Aufstehhilfen und Drehteller - das gab es damals alles nicht. Danach habe ich mich anders orientiert und mir wurde ein Job angeboten, wo ich mehr im Büro bin. Ich bin eigentlich noch näher an den Bewohnern dran und habe jetzt eine 20-Stunden-Stelle, bei der ich nur von montags bis donnerstags arbeite. Ich habe eine wunderbare Chefin, die froh war, mich behalten zu können, schreibe heute die Pflegepläne für jeden einzelnen Bewohner und befasse mich persönlich mit all ihren Problemen. Ich wasche sie auch noch persönlich, um zu sehen, was sie selbst können und was nicht. Das macht mir großen Spaß und ich gehe in diesem Beruf voll auf. Auch kognitiv.

Wenn du als Sängerin auf Tour bist, wirst du freigestellt?
Freitag bis Sonntag habe ich immer frei und bin daher auch meist auf einer Bühne zu sehen. Ich muss auch nicht zu Feiertagen, Weihnachten, Ostern oder Silvester arbeiten. Das erleichtert natürlich vieles. Man kann sich vieles ausreden und das ist angenehm. Ich bin im Pflegeheim in Hungen und wohne nur fünf Kilometer von dort entfernt.

Wie siehst du die andauernden Diskussionen über die unfairen Entlohnungen und furchtbaren Arbeitsbedingungen im Pflegebereich?
Der Job ist sehr schlecht bezahlt und es herrscht eine unglaubliche Knappheit an Personal, was mitunter auch daran liegt. Wenn ich meine Kollegen in ihrer Überforderung sehe, dann werfe ich mir oft noch den Mantel über und helfe, weil es nicht anders geht.

Setzt du dich als Person der Öffentlichkeit auch mehr für die Sorgen und Nöte dieses Berufsstandes ein? Bist du ein Gesicht für eine Gegenbewegung?
Wir haben da allgemein sehr wenig Mitspracherecht und ich halte mich so gut wie möglich aus der Politik raus. Sonst werde ich eher ungemütlich. (lacht) Mancher Politiker sollte eine Woche im Altenheim leben und selbst sehen, wie wir dort arbeiten müssen. Wir versuchen jedem Bewohner so gut wie möglich das Gefühl des alten Zuhauses zu vermitteln. Sie sollen sich wohlfühlen und würdevoll sterben können. Wir sitzen dabei und begleiten sie.

Kannst du daraus auch was in die Welt der Unterhaltung mitnehmen? Gibt es eine Verbindung zwischen beiden Polen?
Musik verbindet - mein Job tut das auch. Wenn eure Mütter und Väter einmal so kognitiv eingeschränkt und dement sind, versucht sie zu verstehen und sie so zu pflegen, dass sie sich wohlfühlen. Es ist zweifellos ein schwerer Spagat, den ich habe. Wenn ich mit Musik auf die Bühne gehe, mache ich die Menschen glücklich. Das versuche ich auch im Altenheim, aber manchmal erkennen sie mich morgens nicht und der Aufbau des Vertrauens fängt wieder bei null an. Dement sein finde ich nicht so schlimm. Mir würde es gar nichts ausmachen, denn ich lerne dann jeden Tag neue Menschen kennen. (lacht)

Aber die Menschen in deinem direkten Umkreis würden leiden ...
Wenn die Töchter und Söhne weinen, weil sie nicht mehr erkannt werden, ist das natürlich hart. Ich sage den Leuten immer, so sollen einfach da sein und die Hand halten. Den Eltern sagen, sie wären ihr Kind. Manchmal ist es natürlich unfassbar traurig, aber da müssen wir einfach durch.

Kommen dir viele Problemchen im Unterhaltungsgeschäft nicht unheimlich banal vor, wenn du die Sorgen und Nöte alter Menschen fast tagtäglich hautnah erlebst?
(lacht) Aber wirklich. Neid, Hass und Missgunst sind die gefährlichsten Krankheiten. Wer auch immer daran leidet, ich wünsche ihm gute Besserung. Es wird einem in der Unterhaltungsbranche schön ins Gesicht gelächelt, aber von hinten stoßen sie dir das Messer rein. Es ist nicht einfach, aber ich boxe mich durch und dafür braucht man viel Mut.

Du wirst am Wochenende drei Abende lang euphorisch auf der Bühne bejubelt und schlägst dann am Montag im Altenheim auf. Lässt sich der Spagat emotional vollführen?
Du kommst einfach in die reale Welt zurück. Ich sehe mich nicht als Star, aber man wird auf der Bühne als solcher gefeiert. Am Ende geht es darum, die Menschen glücklich zu machen, das gelingt mir auch im Altenheim. Manchmal kriege ich am Montag eine geschossen und weiß nicht, warum. Aber das ist Normalität und das muss man dementen Menschen verzeihen können. Es gibt ruhige und ungehaltene Demente, zwei verschiedene Pole. Viele sind zornig, brüllen herum und wollen nicht gewaschen werden. Da muss man auf Abstand gehen und Geduld haben, denn dann kommen sie wieder auf einen zu.

Gibt es im Altenheim auch zu Pflegende, die deine Fans sind?
Die Bewohner nicht, aber manche ihrer Angehörigen. Seit zwei oder drei Jahren bekomme ich sogar Fanpost ins Altenheim, da habe ich mittlerweile ein Extrafach. Die Leute googeln die Diakonie Hungen und suchen mich dann raus. Meine Kolleginnen haben schon mal gefeixt, dass wir irgendwann einen Fanshop aufmachen können. (lacht)

Kommen wir zurück zum Album „Frei und grenzenlos“ - du hast darauf Songs wie „Kämpferherz“, „Ich tanze jetzt aus meiner Haut“ oder „Willst du dir das antun“. Sie klingen zuweilen ziemlich angriffig ...
Das ist mein neues Ich. Ich tue den Teufel und renne keinem mehr hinterher. Wenn du meinst, du musst mit einer anderen durch die Lande ziehen, dann bitteschön. Ich bin jemand, der zum Glück gut mit einem Thema abschließen kann und muss es dann auch gar nicht mehr aufgreifen. Mein Kämpferherz verlässt mich nicht. Ich habe mich selbst neu kennengelernt und weiß, dass ich mich überall durchboxen kann. Anfangs war ich auf der Bühne sehr verloren und wusste gar nicht, was ich sagen soll. Mittlerweile erzähle ich frei aus meinem Leben und kann total offen sein. 2019 hatte ich mit dem Album „Du warst jede Träne wert“ meine erste Nummer eins und damit hat sich mein Leben komplett verändert. Plötzlich wollten sie Interviews mit mir führen und Homestorys machen. Ich wusste bis dahin gar nicht, was das ist. Aber wo wart ihr denn alle vorher? Mich gibt es schon sehr lange! Nur damals war ich nicht berühmt genug. Ich will vor allem die Person bleiben, die ich im Moment bin.

Dieser ersten Nummer eins folgten drei weitere und die vierte steht jetzt in den Startlöchern. Verlieren sie mit den Jahren ein bisschen an Wert?
Wenn ich morgens wach werde, weiß ich oft nicht genau, ob ich träume oder alles wahr ist. Ich sehe dann meine vier Nummer-eins-Awards (in Deutschland war Alfinito bereits viermal an der Spitze der Charts - Anm. d. Red) und das zeigt mir, dass ich einen guten Produzenten habe, mein Vater in allen Belangen voll hinter mir steht und mich überall unterstützt. Zudem habe ich noch eine wahnsinnige Fanbase, die ich mir selbst aufgebaut habe. Für mich könnte es im Moment nicht besser laufen.

„Frei und grenzenlos“ klingt im Vergleich zu „Löwenmut“ poppiger und ist moderner produziert. Gehst du da bewusst mit dem Zeitgeist?
Man entwickelt sich weiter und geht natürlich mit der Zeit mit. Ich will modern bleiben, aber nicht zu sehr ins Elektronische gehen. Ich will, dass meine Texte verstanden werden, weil sich sehr viele Menschen damit identifizieren. Der Sound kann ruhig zeitgemäß sein, aber nicht übertrieben. Bislang ist mir das zum Glück ganz gut gelungen.

2023 bist du am 3. November in Graz, am 4. November in Linz und am 5. November in Wien bei der „Schlagerparty“ zu sehen.
Und vielleicht kommt auch noch mehr dazu. Wir planen noch immer fleißig für 2023, das ist noch nicht erledigt!

Im Herbst live in Österreich
Vorerst ist Daniela Alfinito für 2023 dreimal als Gast bei der kultigen „Schlagerparty des Jahres“ Anfang November geplant. Unter www.oeticket.com gibt es die Karten und alle weiteren Infos zu den Top-Events. Weitere Livetermine könnten noch folgen.

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