Tournee-Dominator Halvor Egner Granerud hat am Dienstag bei der Qualifikation für das Bergiselspringen am Mittwoch geschwächelt. Der in der Gesamtwertung der Vierschanzentournee mit etwa 15 Metern Vorsprung komfortabel führende Norweger landete bei leichtem Nieselregen nach einem Sprung auf 116 m auf Platz 13. Der erste Verfolger, Dawid Kubacki aus Polen, gewann hingegen die Innsbruck-Vorausscheidung mit Tagesbestweite (128 m) vor seinem Landsmann Kamil Stoch.
Das freute auch den Tiroler Thomas Thurnbichler, seit dieser Saison polnischer Cheftrainer. „Ich bin sehr zufrieden. Dawid wird mit einem riesigen Selbstvertrauen ins Bett gehen und vielleicht wird Halvor ein bisschen nachdenken anfangen“, sagte Thurnbichler im Zielraum.
Mit Blick auf die Tournee-Gesamtwertung müsse man Kubacki noch „alles zutrauen“. Zwar sei der Abstand von 26,8 Punkten groß, aber es könne „sehr schnell gehen, speziell am Bergisel“. Granerud, der in Innsbruck vor zwei Jahren als Gesamtführender die Tournee verspielt hatte, sei am Dienstag zu aggressiv gesprungen und habe nun eine Denkaufgabe, erklärte sein österreichischer Coach Alexander Stöckl.
Weltmeister Stefan Kraft hielt sich nach der Enttäuschung von Garmisch-Partenkirchen als Sechster (121 m) - ex aequo mit Jan Hörl (123 m) - schadlos. Alle drei Sprünge am Trainings- und Qualifikationstag seien „sehr okay“ gewesen, „ich bin vorne dabei und ich weiß, was ich zu tun habe“, betonte Kraft. Der Salzburger war vor dem Bewerb am Mittwoch (13.30 Uhr/live ORF 1) weiter von Granerud überzeugt. „Ich glaube nicht, dass bei ihm noch etwas anbrennt“,sagte Kraft über den Norweger, der auch das erste Training dominiert hatte. Die Wettervorhersagen versprechen nach der windbedingten Absage vergangenes Jahr ein „sehr faires und stabiles“ Springen, wie Kraft prognostizierte.
Für die negative Überraschung vor 5.500 Zuschauern sorgte der Deutsche Karl Geiger, in der Gesamtwertung auf Rang fünf. Der Oberstdorfer verpasste nach einem 108-Meter-Hüpfer als 51. von nur 60 Springern die Qualifikation der Top 50 um 0,2 Punkte. „Das war, boah, heftig“, sagte der 29-Jährige völlig konsterniert. „Echt mies, dass es nicht mal für die Top 50 reicht.“ Der Tiroler Stefan Horngacher, Bundestrainer der deutschen Skispringer, war bedient. „Das ist schwierig jetzt. Das habe ich nicht erwartet“, sagte der 53-Jährige. „Der Bergisel verzeiht keine Fehler.“
Auch Kraft fühlte mit seinem Konkurrenten mit. „Da sieht man, wie schnell das gehen kann. In Oberstdorf wäre mir das fast passiert“, erinnerte der Weltrekordhalter. „Der Bergisel beißt gerne mal zu“, ergänzte Daniel Tschofenig, als Siebenter bester Österreicher in der Tourneewertung. Der Junioren-Weltmeister landete hinter Michael Hayböck (10.) auf Platz 12. Tschofenig hatte wie Kraft bei milden Temperaturen von 7 Grad Celsius mit der langsamen Spur zu kämpfen, die größten Probleme hatte aber Lokalmatador Manuel Fettner (14.).
Der 37-Jährige kämpfte bereits beim Tournee-Auftakt in Oberstdorf mit der Spur, wärmere Temperaturen kommen dem Olympia-Silbernen von Peking überhaupt nicht entgegen. „Für mich leider eine Katastrophe. Es ist eine Riesen-Enttäuschung, wenn man mit Vorfreude zum Bergisel kommt und dann mit so einer Spur runterfahren muss“, ärgerte sich Fettner. „Die Spur ist meiner Meinung nach viel zu wenig runtergekühlt. Ich bin kein Techniker, aber man muss bei den Leuten in Garmisch anrufen, was die eingestellt haben. Da war es genauso warm und die war perfekt hart“, erklärte der Routinier.
Max Obergruber, OK-Chef des Bergiselspringens, zeigte sich überrascht, die Anlaufspur sei wie gewohnt auf minus 12 Grad heruntergekühlt worden. Fettner erwartet sich für den Bewerb vor mehr als 16.000 Zuschauern jedenfalls keine Besserung. „Keine Chance, das probiere ich seit 15 Jahren zu ändern. Abwarten, durchbeißen und auf Bischofshofen freuen“, sagte der Tiroler. Mit Clemens Leitner (33.) und Philipp Aschenwald (44.) erledigten alle sieben Österreicher ihre Pflicht. Die nationale Gruppe der ÖSV-Adler wird erst beim Dreikönigsspringen in Bischofshofen sowie beim Skifliegen am Kulm an den Start gehen.
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