„Abschreckung fehlt“

Fall Kellermayr: Anwalt von selber Gruppe bedroht

Österreich
03.01.2023 20:00

Zu den zähen Ermittlungen im Fall der oberösterreichischen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr, die von Hasspostern in den Tod getrieben wurde, meldet sich nun auch der Würzburger Anwalt Chan-jo Jun zu Wort. Er sei von derselben Tätergruppe verfolgt worden. Kritik übt der deutsche Jurist nicht nur an den zähen Ermittlungen, sondern auch an der geringen Strafdrohung.

Im Fall der mutmaßlich von Corona-Leugnern in den Tod getriebenen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr laufen die Ermittlungen zäh. Wie berichtet, gibt es drei Beschuldigte in Berlin und München, von denen sich einer hinter einem Pseudonym versteckt. Sie sollen hinter den Hassbotschaften stecken, die letztlich zum Suizid der oberösterreichischen Landärztin im Juli 2022 geführt haben sollen.

Aus Deutschland meldete sich jetzt der Würzburger Anwalt Chan-jo Jun, der im Kampf gegen Hassposter auch Gerichtsverfahren gegen Social-Media-Plattformen wie Twitter und Facebook nicht scheut, bei der „Krone“: „Ich wurde von der gleichen Tätergruppe wie Frau Kellermayr verfolgt, habe nahezu identische Bedrohungsmails bekommen“, erzählt der 48-Jährige, der sich in der Corona-Zeit rechtlich mit Behauptungen von Querdenkern auseinandersetzte und dadurch ebenfalls öffentlich exponiert war.

Delikte werden nicht ernst genommen
Der Inhalt der an ihn gesendeten Hassbotschaften ist derart abscheulich und niederträchtig, dass er an dieser Stelle nicht wiedergegeben wird. „Die Drohschreiben haben das ganze Team extrem belastet und uns sehr beeinträchtigt“, erinnert er sich. Das Schlimmste aber sei, dass diese Delikte nicht erst genommen werden - nichts passiert, bis eben etwas passiert.

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Die Täter sehen, dass die Methode gut funktioniert und wohl auch in Zukunft gut funktionieren wird.

Anwalt Chan-jo Jun (D) über Hass im Netz

„Verhältnismäßigkeit ist nicht gegeben“
Jun kritisiert aber nicht nur die zähen Ermittlungen bei Hassbotschaften, sondern auch die angedrohte Strafhöhe. Im Fall der beiden Beschuldigten aus Berlin wird wegen „Bedrohung“ ermittelt - es geht für die Täter also lediglich um eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, die - wenn überhaupt - auch bedingt ausgesprochen werden kann. „Ein Staatsanwalt muss rechtfertigen, wie er seine Zeit aufwendet. Für ihn ,lohnt‘ es sich mehr, etwa ein Steuerdelikt vor Gericht zu bringen“, sagt Jun, „bei Hass im Netz ist es zudem weit schwieriger, die Täter ausfindig zu machen. Die Verhältnismäßigkeit ist einfach nicht gegeben.“

Täter lehnen sich entspannt zurück
Obwohl bei den Opfern - sprich Menschen, die sich öffentlich engagieren - ein großer Schaden angerichtet wird. Österreich sei laut dem Juristen zwar in der Gesetzgebung weiter als Deutschland, allerdings müssen die Gesetze auch in der Praxis funktionieren. Und da zeigt das Drama um Lisa-Maria Kellermayr ganz drastisch, wie viel Luft es noch nach oben gibt. Die Täter lehnen sich entspannt zurück: „Sie sehen, dass die Methode gut funktioniert und wohl auch in Zukunft gut funktionieren wird“ - der dringend nötige Abschreckungseffekt bleibt aus.

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