Die FPÖ erhebt schwere Vorwürfe gegen Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP). „Ein kurzer Auszug aus bekannten Scheinfirmen belegt schwarz auf weiß, dass Kocher über das AMS Scheinfirmen mit Steuergeld förmlich überschüttet, aber kaum etwas zurückfordert“, kritisiert die blaue Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch. Kocher kontert den Vorwürfen: Diese seien unrichtig und auf das schärfste zurückzuweisen.
In der parlamentarischen Anfrage wollte Belakowitsch laut einer Aussendung vom Mittwoch wissen, ob zahlreiche per Bescheid erfasste Scheinfirmen AMS-Förderungen erhalten haben und ob diese wieder zurückgefordert wurden bzw. einbringlich waren.
Bundesweite Rahmenrichtlinien des AMS-Verwaltungsrats
In der Antwort des Ministers ist zu lesen: „Die Beihilfen werden gemäß dem Arbeitsmarktservicegesetz auf der Grundlage von bundesweiten Rahmenrichtlinien des AMS-Verwaltungsrats gewährt. (...) Da es keine automatisierten Auswertungsmöglichkeiten über den Stand der Einbringung von finanziellen Rückforderungen gibt, liegen zur Frage der erfolgten Rückforderungen leider keine vollständigen Informationen vor.“
Kocher weist FPÖ-Vorwürfe scharf zurück
Das AMS überprüfe laut Kocher seine Förderungen durch seine internen Kontrollmechanismen, sobald das Arbeitsmarktservice Information darüber hat, dass es sich um eine Scheinfirma handelt, werde jede Förderung zurückgefordert und in den gesetzlich vorgesehenen Fällen auch Strafanzeige erstattet, betone der Minister.
Belakowitsch ist das freilich als Rechtfertigung zu wenig. Die Beantwortung Kochers zeige lediglich, „wie leicht es in Österreich Scheinfirmen unter einer schwarz-grünen Bundesregierung fällt, Förderungen durch das ÖVP geführte Arbeitsministerium zu erhalten“.
Minister: „Vorwurf der fehlenden Innenrevision ist unwahr"
Von Kontrolle halte Kocher nach Ansicht der blauen Sozialsprecherin grundsätzlich nichts, „denn sein mittlerweile zum ,Superministerium‘ gewachsenes Ressort, hat ja seit 2020 keine Innenrevision“. Der Bürger könnte somit vermuten, „dass hier die schwarze Krake mit der Hand im Portemonnaie des Steuerzahlers fleißig Geld an Günstlinge verteilt“. Kochers erzürnte Reaktion darauf: „Der Vorwurf der fehlenden Innenrevision ist unwahr.“
„Wo die ÖVP die Macht hat, da macht sie was sie will“
Belakowitsch ergänzend: „Wo die ÖVP die Macht hat, da macht sie was sie will, und das wird für die Republik meist teuer.“ Die Freiheitlichen wollen bei der nächsten Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Soziales Arbeitsminister Kocher und seine Spitzenbeamten zur Rechenschaft ziehen. Belakowitsch: „So kann es nicht weitergehen. Kocher sollte seine Hausaufgaben endlich machen, und sich von den Kurz-Prätorianern endlich befreien.“
Rechnungshof empfiehlt bessere Kontrollen
Schon im Oktober empfahl der Rechnungshof (RH) in einem Bericht bessere Kontrollen bei den staatlichen Hilfen für Betriebe, die ihre Mitarbeiter während der Corona-Pandemie 2020 und 2021 in Kurzarbeit schicken mussten. Die RH-Kritik, möglicher Missbrauch mit den an Unternehmen ausbezahlten Covid-19-Kurzarbeitshilfen sei kaum aufzudecken gewesen, konnte Kocher damals teilweise nachvollziehen. Er gab aber zu bedenken, man sei beim Ausbruch der Pandemie in Österreich im März 2020 unter erhöhtem Zeitdruck gestanden, um Unternehmen trotz Corona-bedingter Schließungen vor der Insolvenz zu retten und Arbeitsplätze zu erhalten. Unstimmigkeiten bei der Berechnung der Hilfsgelder habe man laut Kocher bereits mit Juni 2020 eingestellt gehabt, alle bekannten Missbrauchsfälle seien an die Behörden weitergeleitet worden.
RH: „Vom AMS braucht es einen Abgleich mit der Liste von Scheinfirmen“
Im Sinne der Missbrauchsprävention riet der Rechnungshof damals dem Ministerium auch zu mehr Transparenz bei der Förderabwicklung, etwa durch genaue Aufzeichnungen über Dauer und Ausmaß von Kurzarbeitshilfen bzw. Rückforderungen. Die Unternehmen sollten verpflichtet werden, ihre Beschäftigten individuell über jenes Ausmaß der Arbeitsstunden zu informieren, das das Unternehmen für sie beim AMS bei der Abrechnung der Covid-19-Kurzarbeitsbeihilfe angegeben hat. Vom AMS brauche es vor der Leistungsgenehmigung an ein Unternehmen zudem einen Abgleich mit der Liste von Scheinfirmen, finden die Prüfer.
2020 befanden sich 113.771 Unternehmen, oft kleine und mittlere Betriebe, mit 1,25 Millionen Beschäftigten in Kurzarbeit. Ein Drittel der Auszahlungen für 2020 seien auf 712 Unternehmen entfallen, merkte der Rechnungshof in seinem Bericht an. An Budgetmitteln aufgewendet wurden für die Kurzarbeit im Prüfzeitraum 7,8 Milliarden Euro, bis Ende 2021 stiegen die Kosten auf 9,2 Milliarden Euro. Die Inanspruchnahme der Leistungen wurde vom AMS abgewickelt.
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