Im Schnitt hat in Österreich im Jahr 2021 jeden Tag eine Person eine HIV-Neudiagnose erhalten. Insgesamt waren es 376 Menschen. Das sind 44 mehr als 2020 (332). Im Sechs-Jahres-Schnitt zeigt sich eine abnehmende Entwicklung. Doch in den Corona-Pandemiejahren kam es international zu einer dramatischen Reduktion von HIV-Test- und Beratungseinrichtungen. Weniger Tests wurden durchgeführt und in weiterer Folge weniger Erstdiagnosen gestellt. Ob der Rückgang darauf oder sehr wohl auf eine geringere Infektionsrate zurückzuführen ist, wird sich erst im Laufe der kommenden Jahre retrospektiv interpretieren lassen.
Im ersten Corona-Jahr 2020 sank die Zahl neu gemeldeter HIV-Diagnosen national wie international im Vergleich zu den Vorjahren deutlich. Dies dürfte nicht nur auf Pandemie-bedingte Ressourcenkürzungen zurückfallen, sondern zum Teil auch mit Corona-Verordnungen und Ausgangsbeschränkungen in Zusammenhang stehen. Im Jahr 2021 wiederum verzeichneten viele Länder - darunter auch Österreich - wieder einen Anstieg.
Kampf gegen HIV und Aids ins Stocken geraten
Angesichts der Entwicklungen und Auswirkungen der Pandemie in den letzten Jahren ist der Kampf gegen HIV und Aids ins Stocken geraten. Die erklärten Ziele der Vereinten Nationen rückten in weite Ferne. Bis 2030 hatte man auf globaler Ebene erreichen wollen, dass 95 Prozent der infizierten Menschen ihren HIV-Status kennen. Davon sollten 95 Prozent eine Therapie erhalten, so UNAIDS. Würden Behandlungsprogramme auf dem Niveau von 2019 beibehalten, würden bis 2030 zusätzlich 7,7 Millionen Menschen an einer Infektion sterben. Es seien Millionen von Leben bedroht, so Schätzungen. Für 2022 liegen noch keine Zahlen vor.
9000 HIV-infizierte Personen in Österreich
Die Österreichische Aids Gesellschaft geht davon aus, dass es derzeit etwa 9000 HIV-infizierte Personen in Österreich gibt - das sind bei neun Millionen Einwohnern etwa 0,1 Prozent der Bevölkerung. Weltweit leben 38,4 Millionen Menschen (ergo 0,5 Prozent der Weltbevölkerung) mit einer HIV-Infektion, so das Zentrum für Virologie der Medizinischen Universität Wien.
Rund zehn Prozent aller Betroffenen dürften von ihrer Infektion (noch) gar nichts wissen, weil sie noch nicht getestet wurden und somit noch keine Behandlung erhalten. Gründe dafür sind ein mangelndes Risikobewusstsein und auch die Angst vor einer Diagnose - auch aufgrund möglicher gesellschaftlicher Diskriminierung, Angst oder Scham. Eine Diagnose erfolgt oft erst Monate oder Jahre nach einer Infektion, so das Sozialministerium. Dabei gilt: Je früher eine Diagnose gestellt wird, desto erfolgreicher kann eine HIV-Therapie verlaufen.
Diagnose oft erst, wenn Immunsystem versagt
Knapp 42,5 Prozent der Betroffenen erfahren sogar erst in einem sehr fortgeschrittenen Stadium von ihrer Erkrankung, klärt die Aids Hilfe auf. Eine späte Diagnose kommt dabei vor allem bei Menschen über 50 Jahren sowie nicht aus Österreich stammenden Personen vor. Im Jahr 2021 war etwa jede fünfte Person zum Zeitpunkt der Diagnose über 50 Jahre alt. In Europa erfolge jede zweite HIV-Diagnose sogar erst in einem Stadium, in dem das Immunsystem bereits versage, so die EU-Gesundheitsbehörde ECDC und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits im Jahr 2020.
Österreich: Burgenland bei Neuinfektionen Schlusslicht
Im Jahr 2021 wurden 376 Personen mit einer HIV-Diagnose konfrontiert. Pro Tag gab es im Schnitt 1,03 Neudiagnosen (2020: 0,9). Die meisten wurden in Wien (189), Oberösterreich (46), der Steiermark (38) und Tirol (25) gestellt. Das Burgenland bildet mit zwei Fällen das Schlusslicht. In 16 Fällen wurde eine Infektion extrem früh erkannt - noch vor dem Nachweis spezifischer Antikörper.
In den Aids-Hilfen Österreichs wurden insgesamt 33.202 Tests gemacht - alleine in Wien 14.400. Den Großteil machen HIV-Tests (11.435), Syphilis-Tests (8.588) und Chlamydien-Tests (6.342) aus. HIV-Antikörpertests sind anonym und kostenlos, für alle anderen Tests müssen Beiträge (bis zu 75 Euro) entrichtet werden. Eine neue HIV-Variante (VB-Subtyp) wurde 2022 in den Niederlanden identifiziert. Gängige HIV-Medikamente helfen jedoch auch in diesem Fall zuverlässig.
In der Europa-Region, die 53 Staaten umfasst, sanken die HIV-Diagnosen - verglichen mit 2019 - um 24 Prozent, so die WHO. Insgesamt gäbe es jedoch in den letzten zehn Jahren „einen Aufwärtstrend zu beobachten“, weist die ECDC auf erweiterte Statistiken ab dem Jahr 2011 hin.
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