Hinter den Kulissen

Requiem: Sogar Journalisten bekamen Kommunion

Ausland
05.01.2023 19:30

Viele Bayern, kaltes Wetter, frühe Tagwache und Kommunion sogar für Journalisten auf den Kolonnaden des Petersdoms: So spielte sich das Requiem für den ehemaligen Papst Benedikt XVI. hinter den Kulissen im Vatikan ab.

Die Sonne war noch nicht aufgegangen, da legten die ersten Gläubigen schon ihre Rucksäcke in die Metalldetektoren zwischen den Säulen, die den Petersplatz umgeben. Die Schlangen waren verhältnismäßig kurz. „Wir mussten zweimal 15 Minuten lang warten“, sagen Besucher aus der Steiermark.

Viele, sehr viele sind aus Deutschland und vor allem aus Bayern gekommen, um „ihren“ Papst, Joseph Ratzinger, zu verabschieden. Nonnen, Priester, Schützenjäger, katholische Verbindungsstudenten mit bunten Kappen, Fahnen und Standarten. Auf den gepolsterten Sesseln vorne saßen Kardinäle und Staatsoberhäupter.

(Bild: Hannah Michaeler)
Langsam füllen sich am Donnerstag gegen 7.45 Uhr die Reihen. (Bild: Hannah Michaeler)
Langsam füllen sich am Donnerstag gegen 7.45 Uhr die Reihen.

Wer es bis etwa 8.30 Uhr auf den Petersplatz geschafft hatte, durfte sich über einen Sitzplatz freuen. Bequem war das allerdings nicht: Das sommerliche Wetter der vergangenen Tage war einer feuchten, gemeinen Kälte gewichen.

Plötzlich drehten sich die Köpfe auf der Journalistentribüne: Auf einen der Eingänge marschierte eine Blasmusikkapelle zu. Mit einem gemeinsam gebeteten Rosenkranz begann die Trauermesse.

Dutzende Reihen Zuseher verwandelten sich in Weiß und Rot, als die angereisten Pfarrer ihre Messgewänder anlegten. Im Petersdom wurde Ratzingers Leichnam in einen simplen Sarg aus Zypressenholz gelegt. Sein Privatsekretär Georg Gänswein küsste ihn, Träger brachten den Sarg auf die Piazza. Papst Franziskus wurde auf einer weißen Rampe im Rollstuhl dorthin gebracht.

„Möge deine Freude vollkommen sein“
Fast wie ein Begräbnis eines amtierenden Papstes lief die Messe ab. „Benedikt, du treuer Freund des Bräutigams, möge deine Freude vollkommen sein, wenn du seine Stimme endgültig und für immer hörst“, sagte Papst Franziskus am Ende der Predigt.

Zitat Icon

Vater, in deine Hände übergeben wir seinen Geist

Papst Franziskus in seiner Predigt

Zum Schluss brach Jubel aus. Ratzingers letzter Weg führte zurück in die Krypta des Petersdoms, wo so viele andere Päpste liegen. Die Blasmusikkapelle stimmte ein Lied an, blau-weiße Fahnen wehten.

Messe „zu unpersönlich“?
Nicht jeder zeigte sich mit der Zeremonie zufrieden. „Unpersönlich“ findet ein Priester das Requiem. Der Wiener Erzbischof und Kardinal Christoph Schönborn bezeichnete sie allerdings als „genau dem Stil des emeritierten Papstes entsprechend“.

Nicht einmal eine Stunde nach der Messe war der Petersplatz leergefegt. Schroff räumten die Carabinieri den Platz. „Macht es gut, Jungs“ und „tschüssi“, hört man eine Gruppe deutscher Geistlicher. Wie lange es wohl dauern wird, bis sie wieder sagen können: „Wir sind Papst“?

Kommentar: Kommunion sogar für die angereisten Journalisten
Zugegeben, unserer ist ein sehr privilegierter Job. Mit der kleinen gelben Presseakkreditierung spaziert man bis kurz vor der Messe gemütlich ganz nach vorne zum Petersdom und findet sich schließlich auf einem Balkon zwischen Heiligenfiguren, den vollen Petersplatz überblickend, ein.

Der Lift zum Pressebereich (Bild: Hannah Michaeler)
Der Lift zum Pressebereich

Nun ist dies aber kein stinknormaler Medientermin. Das erkennt man nicht nur daran, dass es weder Kaffee noch Sesseln gibt, sondern etwa am offiziellen Dresscode. Schwarzes Kleid, schwarze Strümpfe - das gilt für Damen. Dunkler Anzug mit Krawatte für Herren. Erstere halten sich wenigstens zeitweise daran.

Kommunion im Pressebereich des Begräbnisses von Benedikt XVI. (Bild: Michaeler, Krone KREATIV)
Kommunion im Pressebereich des Begräbnisses von Benedikt XVI.

Vor allem aber höchst auffällig: die Kommunion. Zwei Pfarrer fahren mit einem äußerst klapperig aussehenden Lift auf die Journalisten-Kolonnade links des Petersdoms. Ohne Gottes Segen müssten sie sicher um ihr Leben fürchten. Aus goldenen Kelchen überreichen sie den katholischen Reportern den Leib Christi. Wie sagt man so schön? Mitten drin statt nur dabei!

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