Einen Tag nach seiner Vertragsauflösung mit der SV Ried schüttete Oliver Kragl der „Krone“ sein Herz aus - teils in eigentlich nicht immer druckreifen Worten.
Oliver Kragl: Herr Kragl, wo sind Sie gerade?
Krone: Bei mir daheim in Italien! Ich bin nach einer Zehn-Stunden-Autofahrt samstagabends angekommen.
Mit ihrem aufgelösten Ried-Vertrag im Gepäck!
Genau!
Was so nicht geplant war?
Nein, sonst wäre ich im Herbst nicht nach Ried zurückgekommen. Aber der Klub war da Letzter und ich wurde angerufen, um zu helfen. Weil Ried Spieler mit Persönlichkeit und Mentalität wollte.
So hatte Ried Ihr Engagement damals auch gegenüber Medien begründet.
Und natürlich bin ich gekommen, um zu spielen. Alles andere wäre ja für den Klub aus meiner Sicht rausgeschmissenes Geld gewesen, was es nun auch war.
Sie klingen sehr enttäuscht!
Das bin ich auch! Ich hätte mir von dem Verein, für den ich so viel geleistet habe, mehr Respekt und Wertschätzung erwartet.
Ich bin dort (in Italien Anm.) zu einem Mann geworden. Und dann sitze ich in Ried nur auf der Bank - keine Ahnung wieso!
Oliver Kragl
Aber von Klubseite hat es immer geheißen, Sie wären nicht fit und würden deshalb so wenig spielen.
Fußball spielt man mit den Füßen, dem Kopf, dem Herz, mit Mentalität und Spielverständnis. Und wenn ich weiß, ich muss für ein Tor hundert Meter sprinten, dann sprinte ich die hundert Meter auch. Ich habe so viel Erfahrung, hatte in Italien Trainer, die die Champions League und die Weltmeisterschaft gewonnen haben. Ich habe dort um den Aufstieg und gegen den Abstieg gespielt. Ich bin dort zu einem Mann geworden. Und dann sitze ich in Ried nur auf der Bank – keine Ahnung wieso!
Dabei hatten Sie bei Ihrem ersten Einsatz – nämlich beim 3:2 im ÖFB-Cup in Horn – gleich ein Tor und einen Assist verbuchen können.
Ich weiß! Ich hatte das überragend gemacht. Und ich bin auch ein Spieler, der aus 30 Metern Tore schießen kann. Wie viele gibt es davon? Eine Mannschaft wie Ried, die in der Tabelle weit hinten drinnen steht, muss sogar mit allen Mitteln versuchen, Tore zu schießen und darf nicht nur darauf hoffen, einmal guten Fußball zu spielen.
Baut Ried für einen Abstiegskandidaten zu sehr auf spielerische Mittel?
Du kannst immer sagen, du hast gut gespielt, aber am Ende zählen nur die Punkte. Die sind im Fußball die Wahrheit. Ich würde lieber gerne jedes Mal einen Scheiß spielen und am Ende Erster sein!
Hat Ihnen der Trainer zu wenig Chancen gegeben?
Man muss da gerecht sein – ich hatte in jedem einzelnen Training meine Chance. Konnte mir aber auch da nichts vorwerfen.
Das heißt, Ihr Abgang lag an Christian Heinle!
Ja! Der Reifi (Anm.: Sportchef Thomas Reifeltshammer) wollte mich, der Präsident hat mich angerufen, dass ich zurückkommen soll und am Ende war’s der Trainer, der mich nicht spielen lassen hat. Dabei sage ich: Wenn Ried einen Kragl hat, muss der spielen. Zumal es mir egal gewesen wäre, welche Position ich gespielt hätte.
Was wollen Sie zum Abschied den Ried-Fans, die Sie ja lieben, sagen?
Dass ich ja helfen wollte, aber nicht durfte – und dass mir das verdammt leid tut!
Wird es für Ried zum Klassenerhalt reichen?
Ich hoff es, für die Spieler. Für den hatte man ja eigentlich den Kragl geholt! Weil der weiß, wann man einen umhauen muss und das dann auch tut. Doch den hat man nun ausbezahlt, um einen 20-Jährigen (Anm.: Christoph Lang) und 21-Jährigen (Anm.: Roko Jurisic) zu holen.
Doch der Fußball hat sich geändert. Jeder will nur seinen Platz behalten und glücklich sein. Aber keiner hat mehr Eier, auch mal draufzuhauen und zum anderen mal ,du Arsch‘ zu sagen.
Oliver Kragl
Um wie viel Qualität hat Rieds Kader heute weniger als in Ihrer ersten Ära?
Wir hatten damals noch Männer. Doch der Fußball hat sich geändert. Jeder will nur seinen Platz behalten und glücklich sein. Aber keiner hat mehr Eier, auch mal draufzuhauen und zum anderen mal ,du Arsch‘ zu sagen. Doch das gehört dazu. Guck dir die größten Spieler der Welt an – die tun alles dafür, um zu gewinnen. Aber wenn du keine Autoritäten mehr hast – und das soll kein Angriff auf den Reifi oder Präsident Daxl sein – kommt einmal der Bruch und du steigst ab.
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