Klimaaktivisten der Organisation „Letzte Generation“ haben Montagfrüh ihre angekündigte Aktionswoche in Wien gestartet und Straßen vor Schulen blockiert. Um 7.45 Uhr, kurz vor Schulbeginn nach den Weihnachtsferien, wurden nun vor Schulgebäuden „verkehrsberuhigte Zonen geschaffen“, wie es die Aktivisten nannten.
Klebe-Blockande wurden vor Schulgebäuden in der Burggasse, Gymnasiumstraße und auf der Roßauer Lände errichtet. Laut Polizei kam es zu „umfangreichen Verkehrsbehinderungen“. Eine Blockade in der Wiedner Hauptstraße wurde vor der Umsetzung von Beamten verhindert, berichtete Polizeisprecherin Barbara Gass.
Die drei weiteren nicht angemeldeten Versammlungen wurden behördlich aufgelöst und der Verkehr konnte jeweils nach rund 45 Minuten wieder freigegeben werden. Insgesamt waren 14 Personen an den Blockaden beteiligt. Es wurden 38 Anzeigen nach dem Versammlungsgesetz, Sicherheitspolizeigesetz und nach der Straßenverkehrsordnung gelegt, erläuterte Gass. Weiters werden den Aktivisten die Kosten des Einsatzes laut Sicherheitspolizeigesetz verrechnet.
„Wir kommen morgen wieder“
Gründe für Festnahmen lagen bei den Einsätzen Montagfrüh nicht vor, damit dürften die beteiligten Klimaschützer ihre für die ganze Woche angekündigten Aktionen in Wien in den kommenden Tagen fortsetzen. „Wir kommen morgen wieder“, twitterte die „Letzte Generation“ nach Ende der Blockaden am Vormittag. Die Organisation hatte nach einer mehrwöchigen Pause ihrer Straßenblockaden in Wien angekündigt, ab Montag eine Welle an Störaktionen in der Bundeshauptstadt abzuhalten. Die Teilnehmer wollten vor allem durch Festkleben an diversen Fahrbahnen erreichen, dass der motorisierte Verkehr streckenweise zum Erliegen kommt. Zu den Aktionen hatten sich auch Demonstranten von Gruppen aus Graz, Linz und Innsbruck angekündigt.
Blockaden sind „kein Kavaliersdelikt“
In einer Aussendung von Montagfrüh forderte die Organisation die Bundesregierung auf, „die eigenen Klimaziele endlich ernst zu nehmen, und umgehend die einfachsten, billigsten Maßnahmen wie Tempo 100 auf der Autobahn“ umzusetzen. Die Regierungspartei ÖVP bezeichnete die Blockaden allerdings ebenfalls in einer Aussendung als „unverantwortlich“ sowie als „Sabotage, die wir als Volkspartei scharf verurteilen“. Dies sei „kein Kavaliersdelikt“, betonte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker. „Diese offensichtlichen Berufsdemonstranten nehmen unsere Gesellschaft in Geiselhaft.“ Der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp verlangte zudem „Verwahrungshaft für Klima-Chaoten“ und eine diesbezügliche Anpassung des Strafrechts.
„LobauBleibt“-Aktivisten attackiert
Zu einem Zwischenfall kam es am Montagvormittag bei einem weiteren Klimaprotest vor der deutschen Botschaft in der Wiener Innenstadt: Dort hatte die Bewegung „LobauBleibt“ gegen den Braunkohletagebau in Lützerath in Deutschland demonstriert, als eine Frau die Aktivisten nach eigener Angabe mit einer Flüssigkeit aus einer Bleichmittelflasche überschüttete. Die Beschuldigte wurde von der Polizei angehalten, berichtete Gass. Nach erster Einschätzung eines gefahrenstoffkundigen Beamten habe es sich bei der Flüssigkeit um verdünnten Lack gehandelt. Ein Kundgebungsteilnehmer habe über Schmerzen an den Händen geklagt, die Frau wurde wegen des Verdachts der Körperverletzung angezeigt. Der betroffene Aktivist musste laut „LobauBleibt“-Aussendung ins Krankenhaus gebracht werden.
Österreich säumig bei Kliemaziel-Umsetzung
Ohne rasche und tiefgreifende Maßnahmen wie einen Förderungs- und Verbrennungsstopp fossiler Brennstoffe werden die Pariser Klimaziele laut Expertinnen und Experten nicht zu erreichen sein. Die Umsetzung des Zieles, den globalen durchschnittlichen Temperaturanstieg auf deutlich unter zwei Grad, möglichst auf 1,5 Grad, gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen, werde von vielen Staaten viel zu schleppend umgesetzt, betont die Wissenschaft. Auch Österreich sei dabei säumig.
Der im Vorjahr veröffentlichte jüngste Bericht des Weltklimarats IPCC warnte erneut vor den „roten Ampeln“ der bereits gegenwärtig wirkenden Klimakrise. Ein Überschreiten drohe die Erde in Zukunft zu einem für Menschen unbewohnbaren Planeten zu verwandeln. Österreich stößt pro Kopf laut unterschiedlichen Berechnungen überdurchschnittlich viele Treibhausgase aus und liegt deutlich über dem Schnitt der Weltbevölkerung. Allein 830.000 Tonnen des klimaschädlichen CO2 pro Jahr könnten laut Umweltbundesamt durch Tempo 80 statt 100 auf Freilandstraßen und Tempo 100 statt 130 auf Autobahnen vermieden werden.
Seit 739 Tagen fehlt in Österreich zudem ein Klimaschutzgesetz. Die Verhandlungen darüber dauern nach wie vor an, eine Lösung harrt schon lange ihrer koalitionären Umsetzung. Mit einigen Forderungen der Grünen wie der Verankerung der Klimaziele in der Verfassung bzw. der Schaffung von Verbindlichkeit für Bund und Bundesländer konnte die ÖVP bisher wenig bis nichts anfangen. ÖVP-Klimasprecher Johannes Schmuckenschlager meinte im November, das Klimaschutzgesetz habe nicht „oberste Priorität“.
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