Heute geht in Graz die letzte Vorstellung des „großen Weihnachtscircus“ über die Bühne. Die „Krone“ hat vorab einen Blick hinter die Kulissen geworfen und hinterfragt, wie es um die nicht unumstrittene Haltung von Zirkustieren steht.
Die Manege ist leer, Kamele und Esel laben sich seelenruhig am Heu, Artisten bereiten sich in ihren Wohnwägen auf den nächsten großen Auftritt vor: Am Montagvormittag herrscht Ruhe vor dem Sturm auf einer Wiese in Graz-Andritz, wo die Akrobatenfamilie Spindler aus Deutschland derzeit mit ihrem Circus Safari die Zelte aufgeschlagen hat.
Die ganze Familie greift zusammen
Seit 22. Dezember haben die Artisten und ihre Tiere jeden Tag eine Vorstellung gegeben, an Wochenenden sogar zweimal täglich. „Wir sind ein Familienbetrieb, fast jeder hier ist von Kindesbeinen an dabei“, erklärt Marvin Spindler, ein Neffe des Zirkusdirektors und in der Manege als überaus beliebter Clown bekannt. Tagsüber kümmert er sich aber - wie die ganze Truppe - auch um alles, was sonst noch anfällt, vom Kartenverkauf bis zur Versorgung der Tiere.
Araber-Pferde, Kamele, Lamas und Esel sind die tierischen Stars des Zirkus. „Natürlich kenne ich alle Tiere beim Namen, sie gehören quasi zur Familie und werden bei uns gut versorgt“, so Spindler. „Die Tiere werden Schritt für Schritt an die Manege gewöhnt, für sie ist das kein Stress“, entgegnet der 24-Jährige den sich mehrenden kritischen Stimmen an tierhaltenden Zirkussen.
Seit 2005 sind Wildtiere - wie etwa Bären oder Löwen - in Zirkussen hierzulande gesetzlich verboten. Für Haus- oder Nutztiere (dazu zählen auch Kamele) gelten dieselben Bestimmungen wie in der Landwirtschaft bzw. Heimtierhaltung. Heidi Lacroix vom Verein gegen Tierfabriken (VGT) hat seit vielen Jahren tierhaltende Zirkusse im Visier und setzt sich für ein generelles Verbot ein.
Der Verein gegen Tierfabriken (VGT) kritisiert seit Jahren tierhaltende Zirkusse. Zuletzt auch den Circus Safari in Graz, weil Tiere ausgebüxt waren. Was läuft da schief?
Die Gehege sind einfach schlecht gesichert, das haben wir über die letzten Jahre immer wieder dokumentiert - wie eben zuletzt Ende November auch in Graz - und auch zur Anzeige gebracht. Im Gesetz ist festgehalten, dass Tiere so unterzubringen sind, dass für sie keine Gefährdung entsteht und die Besitzer verabsäumen das. Wenn ein Zirkus schon Tiere hält, sollte er sie zumindest sicher verwahren.
Zeigen Ihre Anzeigen auch Wirkung?
Es kommt schon immer wieder zu Kontrollen, diese führen aber selten zu Verbesserungen. Am Ende stehen wieder lückenhafte oder zu niedrige Zäune da. Da sieht ein Laie, dass Tiere leicht entweichen können. Ich verstehe nicht, warum das ein Amtstierarzt nicht erkennen kann.
Wie beurteilen Sie die Haltung von Zirkustieren in Österreich generell?
Ich habe ehrlich gesagt noch keinen Tierzirkus in Österreich dokumentiert, wo alles in Ordnung war. Es gibt immer Mängel. Abgesehen von der Haltung sind die sehr lauten Vorstellungen stressig für die Tiere und es gibt viele nicht artgerechte Kunststücke. Und eine Gewöhnung an nicht artgerechte Unterbringung und Vorstellungen gibt es in meinen Augen nicht.
Für Sie ist also ein Tierhalteverbot in Zirkussen unabdingbar?
Absolut, ja. Wir haben dazu auch eine Petition eingerichtet. Wir waren ja auch die Ersten, die sich erfolgreich für ein Wildtierverbot eingesetzt haben. Ich bin überzeugt, dass früher oder später ein komplettes Verbot kommt. Heidi Lacroix vom Verein gegen Tierfabriken (VGT) hat seit vielen Jahren tierhaltende Zirkusse im Visier und setzt sich für ein Verbot ein.
Hauptattraktion sind aber ohnehin die atemberaubenden und für Laien halsbrecherisch anmutenden Auftritte der Artisten. „Trainiert wird bei uns in der Manege jeden Tag, meistens nach der Vorstellung“, erklärt der „Berufs-Clown“. Einen festen Wohnsitz hat keiner der Akrobaten, man lebt das ganze Jahr zwischen Wohnwagen und Zirkuszelt. Die jüngste Artistin des Circus Safari ist elf Jahre alt, vormittags geht sie in Graz zur Schule. „Das klingt für viele unvorstellbar, aber wenn man damit aufwächst, will man nichts anderes machen“, schmunzelt Spindler.
Zirkus kommt nächstes Jahr wieder
Der „Weihnachtscircus“ in Graz sei mit durchschnittlich 250 Besuchern pro Show gut besucht gewesen. Generell haben Zirkusse aber schon bessere Zeiten gesehen: „Früher war so gut wie jede Vorstellung restlos ausverkauft“, erinnert sich Spindler. Aufwändigere Technik sowie gestiegene Energiepreise machen den Betrieb wirtschaftlich schwieriger. Aber steirische Zirkusfans können aufatmen: „Wir möchten uns für die tolle Stimmung bedanken, nächstes Jahr kommen wir bestimmt wieder!“, sagt Spindler.
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