Gerhard Zeiler war von 1994 bis 1998 ORF-Generaldirektor. Der Medienmanager spricht im Interview mit der „Krone“ über die Bedeutung des öffentlich- rechtlichen Rundfunks, Sparpläne und die Sorge vor Einflussnahme durch die Parteien.
„Die Demokratien Europas brauchen öffentlich-rechtliche Sender. Ich bin Anhänger des dualen Systems!“, sagt Medienmanager Gerhard Zeiler (derzeit Warner Media) zur aktuellen Debatte um den ORF. Zeiler leitete selbst den Giganten am Küngiglberg (1994-1998).
„Spar-Appell gerechtfertigt“
Er hält den Spar-Appell von Ministerin Susanne Raab für „gerechtfertigt“. Der ORF spare ja schon, widerspricht die Grüne Mediensprecherin Eva Blimlinger auf krone.tv. Manche Angebote gebe es nicht mehr.
Erste Priorität: Österreichische Inhalte
Zeiler sieht Raabs Vorstoß als Start von Verhandlungen. Sparen könne man etwa durch Partnerschaften bei TV-Rechten und Werbung mit Privatsendern. „Der ORF muss jedenfalls alle Genres bedienen und linear und digital anbieten.“ Erste Priorität: Österreichische Inhalte. Das Wichtigste aber: Unabhängige Nachrichten.
Medienministerin Raab im Video: Spar-Ultimatum an den ORF!
Gegen vorauseilenden Gehorsam und Einflüsse
„Da sind wir nicht die Besten, aber auch nicht die Schlechtesten.“ Zeiler nennt Großbritannien und Skandinavien als Vorbilder. „Die machen sehr gut.“ Der VfGH hat das Finanzierungsmodell gekippt. Zeiler plädiert für ein Gebührensystem. Ob dies Haushaltsabgabe nennt oder wie auch immer. „Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk funktioniert nur, wenn alle dafür zahlen. Nur zahlen, wenn man nutzt, das geht nicht. So ein System gibt es nirgendwo in Europa.“
Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk funktioniert nur, wenn alle dafür zahlen. Nur zahlen, wenn man nutzt, das geht nicht. So ein System gibt es nirgendwo in Europa.
Gerhard Zeiler
Zeiler gegen Budgetfinanzierung
Zeiler ist gegen Budgetfinanzierung, wie sie die Grünen wünschen. Dies eröffne die Chance für politischen Einfluss oder vorauseilenden Gehorsam. So wenig Politik wie möglich - so Zeiler. Auch wenn eine völlige Entkoppelung unrealistisch sei. Bei der Bestellung des Generalintendanten etwa. Der müsse aber dafür sorgen, dass die Parteien nicht ihre Leute in den zweiten oder dritten Reihen nach Gutdünken durchdrücken.
Wichtige Landesstudios und Absurdes im Gesetz
Zuletzt aufgetauchte Chats (Rücktritt von Chefredakteur Schrom) und Debatten um politische Nähe von ORF Niederösterreich „schaden enorm.“ Manche meinen, die Landesstudios seien eine Art Landeshauptmann-TV und überdies sehr teuer. Zeiler würde da „nicht 100prozentig widersprechen. Die Redaktionen am Küniglberg sind unabhängiger als in manchen Landesstudios.“ Doch erfüllen diese wesentliche Aufgaben beim Auftrag Österreich. „Sie müssen aber effizient geführt werden und möglichst unabhängig. Dass der Landeshauptmann laut Gesetz befragt werden muss bei der Bestellung des Landesdirektors, ist absurd.“
Von rund einer Milliarde jährlichem Umsatz sind 676 Millionen GIS. Der Rest entfällt auf Werbung etc. Ein mögliches neues Modell ist die Haushaltsabgabe: In Deutschland beträgt sie 18,63 Euro monatlich. In Summe sind das acht Milliarden jährlich für Öffentlich-Rechtliche. Bei gut vier Millionen Haushalten in Österreich und 18 Euro monatlich käme man auf ca. 900 Millionen. Die Befreiten müsste man noch abziehen.
Der ORF sei jedenfalls unabdingbar. Dies habe sich vor allem zu Beginn der Pandemie gezeigt. Mit Information und Orientierung. „Nicht auszudenken, hätte man das nicht gehabt.“
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