Schönste Wanderrouten

Auf dem Weg der Stille zu sich selbst finden

Vorarlberg
13.01.2023 14:15

Die Ortschaft St. Gerold sowie die gleichnamige Propstei sind nach einem wundertätigen Einsiedler benannt. Unterhalb des Klosters lässt sich ein liebevoll angelegter Meditationsweg erkunden.

Die Benediktinerpropstei St. Gerold im Großen Walsertal wurde im Jahr 960 gegründet. Das umliegende Gebiet war zu der Zeit noch von Rätoromanen besiedelt, ab 1300 wanderten aus der Schweiz schließlich die Walser ein und brachten die deutsche Sprache mit sich. Die Propstei fungierte damals als mittelalterlicher Dinghof mit Leibeigenen und wurde vom Kloster Einsiedeln aus verwaltet. Im 17. Jahrhundert wurde die Propstei eine freie Reichsherrschaft mit eigener Gerichtsbarkeit. Unter der Bayernherrschaft (1806) kam es zur Enteignung und die Einrichtung verlor ihre politische Bedeutung.

Altes mit Neuem verbinden
Heute ist das Anwesen eine Begegnungs- und Bildungsstätte sowie ein unkonventioneller Ort für kulturelle Veranstaltungen, mit Gästezimmern, Restaurant, Klostergarten und Reithalle. Der klösterliche Charakter ist durch die Kirche mit dem spitzen Turm und das umliegende Ensemble erhalten geblieben. Seit 2014 wird die Propstei in Etappen saniert, wobei das Hauptaugenmerk darauf liegt, den alten Bestand mit Neuem sanft zu verbinden.

St. Gerold ist auch ein Ort zum Innehalten und Durchatmen. Wer nach den vollgepackten Feiertagen einen Gang zurückschalten möchte, dem sei der „Weg der Sinne - Weg der Stille“ etwas unterhalb der Propstei empfohlen. Die Route führt vorbei an der Geroldsruh, dem Klosterweiher, sowie einem kleinen Steinlabyrinth und lädt dazu ein, den eigenen Gedanken und Empfindungen nachzuspüren. 

Das Leben des Gerolds

Den Überlieferungen zufolge war Gerold ein Einsiedler, der aus einer edlen Familie aus Sachsen stammte. Um das Jahr 960 verließ er Frau und Kinder, um sich in die Einsamkeit in Frisun - dem heutigen St. Gerold - zurückzuziehen. Ein freundlicher Bär soll dem Einsiedler zu Diensten gewesen sein, der den Einheimischen durch Wundertaten und Predigten half. Nach einiger Zeit schlossen sich auch Gerolds Kinder dem Vorbild Gerolds an und unterstützen den Vater, der 970 seinen Besitz dem Kloster Einsiedeln überließ. Die Legende berichtet vom sanften, seligen Entschlafen Gerolds. Tatsächlich lässt das Loch in seiner Kopfreliquie eher auf einen gewaltsamen Tod - etwa durch einen Überfall - schließen. Die Gestalt des Gerold von Großwalsertal dürfte laut dem ökumenischen Heiligenlexikon auf den adeligen Adam von Rätien zurückgehen. Nach dem Tode Gerolds errichteten Mönche des Klosters Einsiedeln eine Propstei an der ehemaligen Wohnstatt des Einsiedlers. Gerolds Gebeine wurden erst nach Einsiedeln, später aber wieder zurück nach Frisun gebracht. Heute befindet sich auf dem Areal der Propstei eine Statue, die Gerold mit dem Bären zeigt.

Ein guter Ort, um Kraft zu tanken
Mit den Jahren ist im angrenzenden Wald ein kleines Naturreservat mit dreizehn Teichen entstanden. Verschiedene Pfade führen hindurch, Bänke und Meditationstafeln laden zum Verweilen ein. Thema der Sinnsprüche und Gedichte an den verschiedenen Stationen ist stets die unsichtbare Welt, die kosmische Energie, die alles durchdringt und verbindet. Der Themenweg startet direkt vor dem Eingang der Propstei, ist sehr gut ausgeschildert und lässt sich in verschiedenen Varianten begehen. Egal wie man sich entscheidet, die Rundtour führt schließlich zum Labyrinth.

Die kleine Anlage ist nach der Form des „kretischen Labyrinths“ gestaltet, schlicht gehalten und soll eine „schweigende Wegspur“ bilden. Das Symbol des Labyrinths hat eine lange Geschichte und tritt seit dem Altertum in zahlreichen Kulturen auf. Labyrinthe wurden und werden als Bauwerk, Ornament, Mosaik, Bepflanzung oder Felsritzung umgesetzt. Generell handelt es sich dabei um einen verschlungenen Weg, dessen Linienführung unter regelmäßigem Richtungswechsel schließlich zum Ziel, dem Mittelpunkt, gelangt.

Das Gebäude, welches der mythologische Daidalos für den kretischen König Minos als Gefängnis für das Monster Minotaurus errichtete, besaß der Sage zufolge ein verzweigtes Gangsystem, das eine Orientierung überaus schwierig machte. Es handelt sich wohl um eines der bekanntesten Labyrinthe. Aus dem „kretischen Muster“ kann durch vierfache Wiederholung das römische, durch Ineinanderfügen zweier verkleinerter römischer das mittelalterliche beziehungsweise „christliche“ Muster abgeleitet werden. Aus diesen labyrinthischen Grundformen entwickelten sich mit der Zeit weitere differenzierte Muster. 

Infos zur Wanderung

Typ: Themen-Rundweg, der zu jeder Jahreszeit etwas zu bieten hat
Dauer: eine gute Stunde (Verlängerung möglich)
Startpunkt: Propstei St. Gerold, Großes Walsertal
Ausrüstung: gutes Schuhwerk und dem Wetter angepasste Kleidung
Öffentliche Verkehrsmittel: Buslinie 570 ab Busplatz Thüringen oder ab Damüls bis St. Gerold Gemeindeamt
Einkehrmöglichkeiten: Gasthof Kreuz in der Ortschaft St. Gerold (Mi, Do Ruhetag), das Restaurant in der Propstei hat bis 1

Sinnbild für den Lebensweg
Das Steinlabyrinth am Themenpfad steht sinnbildlich für den Lebensweg, das Abschreiten soll nicht nur den bereits gelebten Teil bewusst machen, sondern auch für den künftigen Abschnitt sensibilisieren. Um den Mittelpunkt verlaufen insgesamt sieben Windungen, welche eine Andeutung auf die bedeutungsvollen Siebenjahr-Perioden entlang des Lebensweges sind. Nach dieser Meditationsübung geht es wieder durch den Wald retour in Richtung St. Gerold. Wer die Tour verlängern möchte, hat die Möglichkeit, den Klosterrundweg zu nehmen oder auf einen Wanderweg zu wechseln.

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