Stadtrat im Interview

Hanke: „Klimakleber sollen Kosten selbst tragen“

Wien
14.01.2023 06:00

Personalkrise bei den Öffis, Causa Wien Energie und der Kampf gegen Schulden. Langweilig wird Peter Hanke von der SPÖ wohl kaum. Wiens Finanzstadtrat im „Krone“-Interview über Konsequenzen bei den Wiener Linien, wie lange es keine Tariferhöhung geben wird, luxuriöse Weihnachtsfeiern, Parteichefin Pamela Rendi-Wagner und ob er sich vorstellen kann, auf die Landesabgabe bei der ORF-Gebühr zu verzichten.

„Krone“: Herr Hanke, ich habe Sie bei einem Interview im November 2021 in Ihrer Funktion als Öffi-Stadtrat gefragt, ob Sie wissen, wie man mit der U-Bahn von der Spittelau zum Stubentor fährt. Damals habe ich Sie auf dem falschen Fuß erwischt. Wissen Sie es heute?
Peter Hanke: Natürlich weiß ich es. Ich tu aber nicht so, als würde ich jeden Tag kreuz und quer mit der U-Bahn durch die Stadt fahren. Eines aber mache ich sehr wohl, nämlich gemeinsam mit der Geschäftsführung der Wiener Linien dafür Sorge zu tragen, dass die gewohnte Servicequalität in den nächsten Monaten wiederhergestellt wird.

Da Sie es wissen, verraten Sie es mir bestimmt.
Nein, ich halte Spaßfragen schon für gut, glaube nur, dass das Thema mittlerweile eine Ernsthaftigkeit erreicht hat, bei der es konzentriert um die Lösung von Problemen geht.

Wobei ich keine Spaßfrage gestellt habe, sondern ich habe den Öffi-Stadtrat gefragt, ob er das Netz kennt, für das er verantwortlich ist.
Ich kenne das Netz, und ich kenne auch alle Baustellenabschnitte.

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Mit der jetzigen Situation bin ich natürlich nicht zufrieden.

Peter Hanke, Finanzstadtrat

Wartezeiten von bis zu 40 Minuten auf Straßenbahnen, ständig Pannen, seit Montag eine erneute Intervallausdehnung, jeden Tag vollgestopfte Waggons. 2,40 Euro kostet ein Einzelfahrschein, 365 Euro die Jahreskarte. Ist ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis überhaupt noch gegeben?
Ja, mit absoluter Sicherheit. 97 Prozent derer, die mit den Wiener Linien unterwegs sind, werden pünktlich ans Ziel gebracht. Aber mit der jetzigen Situation bin ich natürlich nicht zufrieden. 

Welche Mitschuld tragen Sie an der Wiener-Linien-Krise?
Natürlich trifft uns alle ein Stück weit Mitschuld, denn es kann nicht einer für alles verantwortlich gemacht werden. Aber ich habe dort seit November eine neue Geschäftsführung, und die ist jetzt gefordert. Und wenn diese Lücke bis Anfang September nicht geschlossen wird, wird es Konsequenzen geben.

Welche Konsequenzen?
Darüber rede ich mit den Betroffenen. Wir haben Organisationsstrukturen und dort Verantwortlichkeiten. Und diese Verantwortlichkeiten werde ich einfordern.

Wann werden die Öffi-Tarife steigen, wann die Jahreskarte teurer?
Die Tarife werden heuer nicht steigen. Die Jahreskarte halte ich für ein einmaliges Angebot in dieser Stadt, das mir persönlich wichtig ist. Also: gleichbleibende Jahreskarte für zumindest die nächsten zwei Jahre. Ein weiterer Ausblick wäre unseriös. Wir sehen derzeit Teuerungsraten in der Größenordnung von 10,5 Prozent im Monatsschnitt. Ich möchte hier keine Versprechungen abgeben, die mit der wirtschaftlichen Realität nicht mehr Hand in Hand gehen.

Mehr Gehalt für die Mitarbeiter, Schienenausbau, Verbesserung der Infrastruktur, neue Waggons usw.? Wie sollen sich die Wiener Linien dann weiter finanzieren?
Das Geld wird am Ende von der Stadt kommen müssen. Und es wird natürlich bedeuten, dass die Bezuschussung für dieses Unternehmen steigen wird. Wir reden hier von einem zweistelligen Millionen-Euro-Bereich pro Jahr.

Die Stadt Wien verschlechtert die Öffis, baut aber brav neue Straßen. Sollen die Wiener nun vom Auto auf die Öffis umsteigen oder von den Öffis aufs Auto?
Das ist eine vollkommen falsche Analyse. Wir investieren alleine in diesem Jahr über 700 Millionen in den öffentlichen Verkehr. Und es ist auch schön, dass die Öffis nach den schwierigen Corona-Jahren wieder klar im Steigen sind.

Was halten Sie von den Klimaklebern?
Die Klimaneutralität ist eines unserer wichtigsten Ziele. Ich stehe hier für eine Politik der Investition in die erneuerbaren Energieformen, Wien setzt auf Geothermie, Großwärmepumpen und Sonnenenergie. Ich halte aber auch von Klebeaktionen nicht viel, weil sie zu einer permanenten Eskalation führen. Ich lehne solche Aktionen ab. Die Klimakleber sollen die Kosten, die sie verursachen, vielmehr selbst tragen.

Ab zur nächsten Baustelle. Wien Energie und die Finanzierungskrise. Das Schiedsgremium der U-Kommission hat Ihr Handy als Beweismittel zugelassen. Haben Sie es schon abgegeben?
Nein, ich werde auch mein Handy nicht abgeben, sondern ich werde bestmöglich kooperieren im Sinne der Informationen, die ich freiwillig und in Abstimmung mit unseren Rechtsberatern freigeben kann.

Glauben Sie, dass es viel Sinn macht, wenn die Personen, deren Daten ausgewertet werden sollten, ihre Daten selbst auswerten?
Ich werde sie nicht selbst auswerten, sondern Telefonnummern und Informationen weiterreichen im Sinne einer Unterstützung des Untersuchungsgegenstands.

Wir berichten unentwegt über enorme Rechnungen in der Höhe von Tausenden Euro für kleine Wohnungen, über absurde Vorschreibungen und lange Schlangen bei der Wien Energie. Die Wiener brennen sich aus, viele müssen entscheiden, ob sie heizen oder doch Miete zahlen. Gleichzeitig gönnen sich Wien Energie und Wiener Netze Weihnachtsfeiern für rund 400.000 Euro. Aufgetischt wurden 100 Kilogramm Hirschfleisch und 80 Kilogramm Lachs. Das ist Dekadenz in Reinkultur, oder sehen Sie das anders?
Ich möchte darauf hinweisen, dass wir gerade auch bei jenen Unternehmen über Jahre hervorragende Leistung von Mitarbeitern sehen, die einen Service bieten, auf den wir immer stolz waren und stolz sein können. Dass jenen Mitarbeitern auch die Möglichkeit einer Weihnachtsfeier eingeräumt wird, würde ich jetzt nicht als überheblich ansehen, sondern als ein Dankeschön.

Die Müllverbrennungsanlage der Wien Energie in Spittelau (Bild: Wolfgang Spitzbart)
Die Müllverbrennungsanlage der Wien Energie in Spittelau

Wie hoch sind im Jahr 2022 die Prämien, Boni und Sonderzahlungen für Geschäftsführer, Manager und andere hochrangige Mitarbeiter der Wien Energie?
Es gibt überall Leistungsverträge. Und die Leistungsverträge sind in der Form die Basis für die Entlohnung. Und ich glaube, es ist eine gute Praxis in dem Land, dass wir nicht in den Medien über Boni-Höhen sprechen. Das ist ein Thema des Datenschutzes und der Seriosität. 

Aber es gibt solche Boni?
Es gibt in einem Konzern immer wieder Boni, in jedem Unternehmen dieses Landes. Aber sie werden sich an der Leistungserbringung orientieren, die vereinbart wurde.

Auf den Weltmärkten purzeln aktuell die Gaspreise, während die Wiener immer noch hohe Summen für ihre Rechnungen bezahlen. Wann werden die Preise an die Kunden weitergegeben?
Ich lege großen Wert darauf, dass die Preise schnellstmöglich wieder den Weg nach unten finden, wenn es der Markt zulässt. Also werde ich einer der Ersten sein, die sich dieses Thema am Ende des ersten Quartals ansehen, und ich werde dann eine entsprechende politische Entscheidung treffen.

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Mir ist wichtig, dass es einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt, der gut aufgestellt ist.

Peter Hanke, Finanzstadtrat

20 Prozent der ORF-Gebühr sind Landesabgabe, die in den Topf der Stadt Wien wandert. Können Sie sich als Finanzstadtrat vorstellen, auf diesen Betrag zu verzichten, um die Wiener zu entlasten?
Mir ist wichtig, dass es einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt, der gut aufgestellt ist. Die Finanzierung gehört jetzt einmal in Summe geklärt.

Wobei die Landesabgabe nicht dem ORF zufließt, sondern der Stadt Wien.
Nein, aber es ist die Frage, wie der ORF finanziert ist. Ich glaube einfach, dass das zusammenhängend auch zu diskutieren ist.

Wie viele Millionen erhält die Stadt pro Jahr durch die Landesabgabe?
Einen zweistelligen Millionen-Euro-Betrag.

Wie ist es denn aktuell um den Schuldenstand Wiens bestellt?
Die Höhe liegt bei 8,8 Milliarden Euro.

Tendenz steigend?
Es ist sehr erfreulich, dass wir trotz eines schwierigen Jahres im Jahr 2022 keine weiteren Schulden machen mussten. Dass dieses und das nächste Jahr natürlich eine Herausforderung darstellen, ist klar. Natürlich wird auch ein großes Gehaltsplus zu stemmen sein. Wenn wir von Erhöhungen von rund sieben Prozent im Personalbereich ausgehen, dann bedeutet das eine hohe Mehrbelastung für unsere Stadtbudgets. Da geht es um einen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag.

Kommen wir zur Bundespolitik. Hat sich SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner in den vergangenen Wochen als Bundeskanzlerin empfohlen?
Sie ist unsere Parteivorsitzende und hat in der Form unser Vertrauen.

Finanzstadtrat Peter Hanke (Bild: APA/EVA MANHART)
Finanzstadtrat Peter Hanke

Laut Umfragen hat die FPÖ die SPÖ im Bund längst überholt. Haben Sie eine Erklärung dafür?
Ich glaube, dass die allgemeine Situation, die getragen ist von permanenten Krisen, Erschwernissen, Teuerungen und Ängsten, dazu führt, dass die Gesellschaft da oder dort ein Stück weit auch nach rechts driftet. Deshalb ist es dann leider so, dass das Parteienspektrum in diesem Bereich auch stärkere Zugewinne hat.

Trägt auch Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil an der Situation eine Mitschuld?
Ich glaube, dass Geschlossenheit und Gemeinsamkeit immer nur Vorteile sein können. Alles, was uns davon ablenkt, ist eine Erschwernis.

Abschlussfrage: Was ist das Schlimmste, das jemand, der Ihr Handy auswertet, darauf finden würde?
Was ist das Schlimmste? Ein paar Fotos, die den einen oder anderen vielleicht in einer Pose zeigen, in der er nicht abgelichtet sein möchte.

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