Heute ist der traurigste Tag im Jahr - auch bekannt unter „Blue Monday“. Eine Plauderpartnerin der Caritas erzählt über den Umgang mit Einsamkeit. Diese kennt kein Alter.
Kalt, nass, dunkel und trist: Die Wintermonate schlagen vielen Menschen aufs Gemüt. Heute - am traurigsten Tag des Jahres - ist die Lage Forschern zufolge aber besonders deprimierend.
Daniela Zupancic kann das Gefühl von Alleinsein gut nachvollziehen. Vor drei Jahren ist ihr Mann gestorben, die erwachsenen Kinder sind aus dem Haus, und dann kam auch noch die Pandemie. „Zum ersten Mal habe ich in der ,Kronen Zeitung‘ über das Plaudernetz gelesen und war sofort interessiert“, erinnert sich die 67-Jährige. Seitdem plaudert die Pensionistin jeden Tag mit ihr unbekannten Menschen. „Es ist erschütternd, wie einsam viele Menschen sind. Ich erfahre Glück, wenn ich eine Zeit lang für sie da sein kann“, so Zupancic. Auch wenn manche Gespräche ganz schön herausfordernd sind.
Manche Menschen wollen nur über das Wetter reden, aber die meisten schütten mir ihr Herz aus.
Daniela Zupancic ist seit drei Jahren Plauderpartnerin
Sie fühlen sich einsam und brauchen jemanden zum Reden? Das Plaudernetz der Caritas ist unter der Telefonnummer 05 1776 100 täglich zwischen 12 und 20 Uhr erreichbar. Einer von 4100 Plauderpartner in ganz Österreich hebt am anderen Ende der Leitung ab. Der Andrang war von Beginn des Projekts im April 2020 an groß. Die Reichweite ebenfalls, Menschen zwischen 20 und 80 Jahren rufen bei der Hotline an. Gespräche mit den Plauderpartnern dauern im Durchschnitt eine halbe Stunde.
„Diese Menschen haben oft niemanden, mit dem sie reden können“
„Manche Menschen wollen nur über das Wetter reden, aber die meisten schütten mir ihr Herz aus“, weiß die erfahrene Plauderpartnerin. Oft würden auch alkoholisierte Männer anrufen, sie könnte, wenn es ihr zu viel wird, das Telefonat jederzeit beenden. Das macht die gutherzige Seniorin aber nur in den seltensten Fällen. „Diese Menschen haben oft niemanden, mit dem sie reden können, ich sehe es als meine Aufgabe, ihnen Gehör zu schenken“, sagt die Wienerin. Sie sei zwar keine ausgebildete Psychologin, hat in ihrem Leben aber einiges erlebt, sodass sie sich oft gut in die Anrufer hineinversetzen kann. Bei Männern kommt zur Einsamkeit noch die fehlende Sexualität hinzu, bis ins hohe Alter ist das Thema in den Gesprächen. „Die Sehnsucht nach einem Menschen ist ganz normal, die empfinde ich selbst oft genug.“
An Sonntagen laufen die Leitungen heiß
Der Andrang ist enorm. Obwohl es Tausende Plauderpartner in ganz Österreich gibt, müssen Anrufer oft Geduld haben, bis am anderen Ende jemand abhebt. Sonntag ist für alleinstehende Menschen ein besonders schwieriger Tag. „Erst vor Kurzem hat mich ein Herr angerufen, der mich gefragt hat, ob er mir etwas am Keyboard vorspielen darf. Am Ende haben wir zwei Stunden lang telefoniert, er hat gespielt, und ich dazu gesungen“, schmunzelt die Plauderpartnerin. Und obwohl ein Großteil der Anrufer in ihrem Alter ist, melden sich zunehmend auch Jüngere. „Auch junge Menschen ohne fixen Partner können einsam sein“, weiß die Hobbypsychologin. Doch egal, wie alt und in welcher Lebenslage, einfach zum Telefon greifen, rät die Pensionistin. Und wer Daniela Zupancic erwischt, darf sich besonders glücklich schätzen.
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