In Tirol bietet nur ein Arzt Schwangerschaftsabbrüche an. Was sagt er zur wieder aufgeflammten und hitzig geführten öffentlichen Debatte um Anlaufstellen in Spitälern? Und wie denkt er über die Demonstrationen vom Wochenende?
Hans Joachim Wolf ist derzeit der einzige Arzt in Tirol, der in seiner Ordination Schwangerschaftsabbrüche durchführt. Seit 19 Jahren betreut er unter anderem Frauen mit Konfliktschwangerschaften. Was sagt er zur aktuell wieder aufgeflammten Debatte um Abtreibung in den Spitälern und den Demonstrationen in Innsbruck?
Mediziner hat keine Freude mit öffentlicher Debatte
Der Mediziner hat keine Freude mit der öffentlich ausgetragenen Diskussion und den Straßenaktionen, wie er auf Anfrage der „Tiroler Krone“ betont. Seine Befürchtung: „Wenn das Thema zu sehr politisch und medial instrumentalisiert wird, könnten sich die Rahmenbedingungen für die betroffenen Frauen unter Umständen verschlechtern.“
„Frauen bekommen rasch einen Termin für eine Beratung“
Eine krasse Unterversorgung für Frauen mit Konfliktschwangerschaften sieht er in Tirol derzeit nicht: „Es stimmt, ich bin offiziell der einzige Facharzt, der Schwangerschaftsabbrüche durchführt. Jedoch bekommen Frauen, die unsere Hilfe suchen, stets innerhalb einer Woche einen Termin für ein ausführliches, menschlich und medizinisch korrektes Aufklärungsgespräch und – sofern eingefordert und möglich – noch in derselben, spätestens darauffolgenden Woche einen Termin für eine Intervention.“
Wolf räumt ein, dass er bisher „ohne Netz“ – sprich ohne ständige Vertretung – gearbeitet habe. Doch ein Konzept dafür und für seine Nachfolge, wenn er in Pension geht, sei in Ausarbeitung.
Ich möchte keinesfalls Entwicklungen heraufbeschwört wissen, wie sie in osteuropäischen Ländern oder gar in Amerika gerade geschehen.
Hans Joachim Wolf
Sorge wegen zusätzlichem Druck auf die Frauen
Ob ein Schwangerschaftsabbruch in einer Ordination oder in einem Ambulatorium an einem öffentlichen Spital durchgeführt wird, spiele wohl eine untergeordnete Rolle, meint Wolf. Er sieht aber bei eigenen Ambulatorien die Gefahr, dass sich vor der Tür Abtreibungsgegner postieren und so die Frauen zusätzlich unter Druck gesetzt würden.
Das österreichische Gesetz zur Fristenlösung bezeichnet Wolf als Vorzeigemodell: „Ich möchte keinesfalls Entwicklungen heraufbeschwört wissen, wie sie in osteuropäischen Ländern oder gar in Amerika gerade geschehen (Anm. Verbot von Abtreibung). Das haben sich die Frauen in Österreich wahrlich nicht verdient.“
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.