Scheinfirmen, teure Autos für Familienmitglieder, ein Stuckateur lieferte das Essen für die Kinder. Und die zuständige MA 10 will über Jahre davon nichts mitbekommen haben. Viele Steuergeldmillionen sind offenbar in einem zwielichtigen Kindergartenverein in Wien versenkt worden, deckt der Stadtrechnungshof jetzt auf. Nun ist die Justiz am Zug.
„Ideale Rahmenbedingungen für alle zu schaffen ist mein Traum, daran arbeite ich jeden Tag“, schreibt die Obfrau das Vereins Minibambini (zehn Kindergarten-Standorte in Wien, 800 Kinder in Betreuung) auf ihrer Homepage. Diese trifft wohl speziell auf ihr familiäres Umfeld zu.
Der „Familienbetrieb“ kassierte von 2019 bis 2021 mehr als 15 Millionen Euro Steuergeld von der Stadt Wien. Zumindest ein Teil soll in einem dubiosen Netzwerk versickert sein, wie der Stadtrechnungshof aufdeckt. Ein weiterer Teil wurde für Luxusautos und sogar für Verkehrsstrafen des Clans aufgewendet. ÖVP und Grüne sprechen von Veruntreuung, systematischem Missbrauch, einem „Selbstbedienungsladen“.
Zum Verständnis: Obfrau, Schriftführer (ihr Ex-Mann) und Kassierin (Tochter der Obfrau) bilden den Vereinsvorstand. Zudem ist der Sohn der Obfrau als Haustechniker bei Minibambini tätig, die Schwiegertochter ist Standortleiterin, der Schwiegersohn Assistent der Geschäftsführung.
Das deckt der Prüfbericht auf:
Jahrzehntelang haben SPÖ und NEOS dabei zugeschaut, wie Millionenbeträge an Kindergarten-Fördermitteln veruntreut wurden. Der dreiste und offenbar seit 2009 unkontrollierte Fördermittelmissbrauch beim Kindergartenverein Minibambini zeigt einmal mehr, wie in dieser Stadt mit dem Geld der Wiener umgegangen wird.
Karl Mahrer, Landesparteiobmann ÖVP
Dieser Stadtrechnungshofbericht lässt selbst erfahrene Insider schockiert zurück. Der Kindergartenverein hat offensichtlich als Selbstbedienungsladen agiert. Es ist unglaublich, dass der systematische Missbrauch von Fördermittel von Seiten der MA 10 unentdeckt blieb.
Martin Margulies, Grüne
Die Stadt hat den Bericht der Justiz übermittelt und im ersten Schritt 125.000 Euro Subvention zurückgefordert. Der Verein Minibambini bestreitet die Vorwürfe. „Ob ein rechtswidriges Verhalten vorliegt, ist nun durch die Gerichte zu klären“, heißt es aus dem Büro von Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS).
Ob in diesem Fall rechtswidriges Verhalten vorliegt, ist nun durch die Gerichte zu klären. Die Stadt Wien wird alles in ihrer Macht stehende tun, um einerseits die Kindergartenplätze der betreuten Kinder zu sichern und andererseits aktiv die Aufklärung der Vorwürfe voranzutreiben.
Sprecher von Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos)
Für die betroffenen Kindern und Eltern ändert sich vorerst nichts. Sie müssen sich nicht um einen neuen Platz umsehen. Keine Beanstandung gibt es in der Kinderbetreuung selbst. Die hat der Stadtrechnungshof aber auch nicht untersucht.
Die MA 10 hat ein Infotelefon für Fragen eingerichtet: 01/277 55 55.
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