Auswirkung auf Ozeane

Klimaerwärmung ließ Meeresfische schrumpfen

Wissenschaft
17.01.2023 10:10

In einer Zwischeneiszeit vor rund 800.000 bis 700.000 Jahren stiegen Temperaturen um rund vier Grad Celsius, weshalb Fische in nur mehr schwach durchleuchteten Dämmerzonen der Ozeane ihre Körpergröße um bis zu 35 Prozent reduzierten. Auch die Meere dürften dadurch weniger CO2 aufgenommen haben.

In mehreren Studien wurde bereits prognostiziert, dass durch die aktuelle Klimaerwärmung Fische, die in den lichtdurchfluteten obersten 200 Metern der Meere leben, kleiner werden. So wurde bis zum Jahr 2050 ein Größenrückgang von 14 bis 24 Prozent gegenüber den frühen 2000er Jahren vorhergesagt. Grund dafür ist u.a. der geringere Sauerstoffgehalt von wärmerem Wasser, das gleichzeitig den Sauerstoffbedarf der Fische in Tiefen von 200 bis 1000 Meter steigen lässt.

Fossilien für Studie analysiert
„Bisher gab es jedoch kaum Studien, die sich mit den Folgen der Klimaerwärmung auf die tieferen Meeresschichten, die Dämmer- oder mesopelagische Zone, befassten“, erklärte Konstantina Agiadi vom Institut für Paläontologie der Universität Wien in einer Aussendung. Sie hat anhand von Fossilien aus dem mittleren Pleistozän, als sich Kalt- und Warmzeiten relativ rasch abwechselten, untersucht, wie sich damals die Körpergröße von Fischen entwickelt hat.

Anhand von Fossilien aus dem mittleren Pleistozän, als sich Kalt- und Warmzeiten relativ rasch abwechselten, wurde untersucht, wie sich damals die Körpergröße von Fischen entwickelt hat. (Bild: Uni Wien/Konstantina Agiadi)
Anhand von Fossilien aus dem mittleren Pleistozän, als sich Kalt- und Warmzeiten relativ rasch abwechselten, wurde untersucht, wie sich damals die Körpergröße von Fischen entwickelt hat.

Dazu hat sie sogenannte Otolithen aus zwei Eiszeiten und einer Zwischeneiszeit analysiert. Diese Gehörsteinchen aus dem Innenohr von Knochenfischen ermöglicht den Tieren die Wahrnehmung von Schall und Gleichgewicht und bleiben üblicherweise im Sedimentgestein erhalten. Otolithen sind einige Millimeter bis wenige Zentimeter groß. Aus ihrer Größe kann auf die Größe des Fischs, von dem sie stammen, geschlossen werden, aus ihrer Form auf die Fischart. Dadurch können die Forscher anhand der Gehörsteinchen gut vergangene Fischfaunen rekonstruieren.

Proben vor Rhodos genommen
Für ihre Studie, welche die Wiener Forscher im Fachjournal „Proceedings B“ der Royal Society veröffentlichten, analysierte das Forscherteam um Agiadi Fisch-Otolithen aus Sedimentformationen von der Insel Rhodos (Griechenland), die auf die Zeit vor 800.000 bis 700.000 Jahren datiert werden. Es zeigte sich, dass in der Zwischeneiszeit, als die globale Temperatur um vier Grad Celsius gestiegen war, die mittlere Größe der Fischbestände in der Dämmerzone des östlichen Mittelmeeres um 35 Prozent abnahm. Die einzelnen Arten folgten diesem Trend im Allgemeinen nicht, vielmehr verschob sich die Artenzusammensetzung hin zu einer höheren Häufigkeit von kleineren Arten.

Für ihre Studie analysierte das Forscherteam um Agiadi Fisch-Otolithen aus Sedimentformationen von der Insel Rhodos. (Bild: Uni Wien/Konstantina Agiadi)
Für ihre Studie analysierte das Forscherteam um Agiadi Fisch-Otolithen aus Sedimentformationen von der Insel Rhodos.

Fische aus diesem Bereich der Ozeane spielen eine zentrale Rolle - wie die Wissenschafter anhand sogenannter Laternenfische veranschaulichen: Diese Gruppe kleiner Fische verdankt ihren Namen Leuchtorganen entlang des Körpers und auf dem Kopf, die blaues, grünes oder gelbes Licht ausstrahlen. Auch wenn sie klein sind, macht diese Fischfamilie mehr als die Hälfte der Fischbiomasse in der Tiefsee aus. Die Biomasse der Fische aus der Dämmerzone wird auf zwei bis rund 20 Milliarden Tonnen geschätzt, womit sie die Masse der weltweit jährlich gefangenen Fische um das Hundertfache übersteigen.

Auch aktuelle Klimaerwärmung könnte Effekt haben
Nicht nur mit dieser enormen Masse, sondern auch aufgrund ihrer Lebensweise leisten insbesondere die Laternenfische „einen wichtigen Beitrag zur sogenannten biologischen Kohlenstoffpumpe - einem natürlichen Mechanismus zur Reduzierung des atmosphärischen Kohlendioxids“, so Agiadi. Denn die Fische wandern - gesteuert vom Tageslicht - vertikal: In der Nacht schwimmen sie - geschützt von der Dunkelheit - Hunderte Meter Richtung Meeresoberfläche, wo sie pflanzliches Plankton fressen, das während des Tages durch Photosynthese CO2 aus der Atmosphäre aufgenommen hat. Wenn die Fische dann wieder in die Tiefe wandern, um dem Tageslicht auszuweichen, transportieren sie den mit dem Plankton aufgenommenen Kohlenstoff von der Oberfläche in die Tiefsee.

Aus diesem Grund erwartet Co-Autor Martin Zuschin, Leiter des Instituts für Paläontologie, durch das von der aktuellen Klimaerwärmung ausgelöste Schrumpfen der Fische in der Dämmerzone in näherer Zukunft negative Folgen auf die Fähigkeit der Ozeane, atmosphärisches Kohlendioxid aufzunehmen.

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