Der Ex-Kommandant der Söldner-Gruppe Wagner, Andrej Medwedew, ist nach Norwegen geflüchtet und hofft dort auf politisches Asyl. Im vergangenen Sommer war er zum Kampf in die Ukraine aufgebrochen. Er spricht über Hinrichtungen ukrainischer Kriegsgefangener und russischer Soldaten, die nicht zu den Waffen greifen wollten.
Wie das oppositionelle russische Online-Portal Gulagu.net schildert, habe Andrej Medwedew sein Schweigen gebrochen und den Versuch unternommen, aus der Gruppe Wagner auszutreten. Daraufhin habe man ihn sofort zur Fahndung ausgeschrieben. Medwedew beschreibt in einem Video, dass er am 6. Juli 2022 einen viermonatigen Vertrag mit der Gruppe Wagner unterschrieben hätte. Nach den vier Monaten wollte Medwedew demnach den Kriegsdienst beenden - zu sehr hätten ihn der sinnlose Krieg, die „dummen Befehle“ sowie die Willkür der Militärführung frustriert. Allerdings habe man über seinen Kopf hinweg entschieden, den Vertrag auf acht Monate auszuweiten. Als der Söldner Beschwerde dagegen einlegte, habe man ihn „in eine Grube gesteckt“. Von dort sei ihm die Flucht nach Russland geglückt.
Vom Staat im Stich gelassen
Medwedew ist 26 Jahre alt und wurde in der Oblast Tomsk geboren. Er wuchs im Waisenhaus auf. Er gibt an, die ihm zustehende Wohnung für Waisen vom Staat nie bekommen und generell nie etwas geschenkt bekommen zu haben. Mehr wollte er allerdings nicht von seiner Vorgeschichte preisgeben.
„Wenn sie mich erwischen, werden sie mich beseitigen“
Nach seinem Austritt aus der Gruppe Wagner hätten Repressalien begonnen, auch das russische Innenministerium und der Inlandsgeheimdienst FSB hätten nach ihm gesucht.
„Wenn sie mich erwischen, werden sie mich beseitigen“, schildert der ehemalige Wagner-Söldner gegenüber Gulagu.net. „Entweder richten sie mich hin, oder sie erschießen mich. Ich weiß nicht, wie weit ihre Fantasie reicht, aber auf jeden Fall werde ich das nicht überleben“, so Medwedew.
Gefängnisinsassen für Ukraine-Krieg rekrutiert
Im Sommer war bekannt geworden, dass Mitglieder der Gruppe Wagner und sogar ihr Chef, Jewgeni Prigoschin, persönlich Gefängnisinsassen für den Ukraine-Krieg rekrutiert hätten. Im Gegenzug habe man ihnen einen Straferlass in Aussicht gestellt, gleichzeitig aber davor gewarnt, dass man Fahnenflucht mit dem Leben bezahlen würde.
„Ich war Zeuge mehrerer solcher Momente, ich habe solche Hinrichtungen beobachtet. Sie wurden extra anderen Gefangenen vorgeführt und öffentlich hingerichtet - um die anderen einzuschüchtern“, erzählte Medwedew. Dabei habe man nicht nur „Verweigerer“ mit dem Tod bestraft, sondern auch ukrainische Kriegsgefangene - man habe von ihnen die „notwendigen Informationen“ erhalten und sie anschließend getötet.
Schlüsselrolle bei Ermittlungen
Medwedew selbst räumte gegenüber Gulagu.net ein, zu hoffen, dass seine Angaben eine Schlüsselrolle bei den Ermittlungen gegen die Gruppe Wagner spielen würden.
„Ich hoffe sehr, dass meine Schilderungen und das, was ich noch berichten werde, vielen Müttern, Schwestern, Brüdern, Töchtern und Kindern dabei helfen werden, ihre Männer zu finden“, fuhr er fort. „Und vielleicht helfen sie auch dabei, sich an der Gruppe Wagner für den Tod geliebter Menschen zu rächen“, meinte er abschließend.
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