Klage wegen Missbrauch
Gerichtsverfahren gegen Papst Benedikt ausgesetzt
Das Gerichtsverfahren gegen Joseph Ratzinger - den kürzlich verstorbenen Papst Benedikt XVI. - am deutschen Landgericht Traunstein ist vorläufig ausgesetzt worden. Das bestätigte eine Gerichtssprecherin am Dienstag. Die Anwaltskanzlei des verstorbenen emeritierten Papstes habe beantragt, das Verfahren pausieren zu lassen, bis ein Rechtsnachfolger feststehe.
Sobald das der Fall sei, werde es wieder aufgenommen, sagte die Sprecherin. Das Verfahren gegen andere beklagte Kirchenverantwortliche laufe aber weiter. Zuvor hatten der Bayerische Rundfunk und das Recherchekollektiv Correctiv von der vorläufigen Aussetzung berichtet.
Wurden Taten vertuscht?
Im Sommer vergangenen Jahres hatte ein Mann, der nach eigenen Angaben vom verurteilten Wiederholungstäter Priester H. in Garching an der Alz missbraucht worden sei, am Landgericht Traunstein eine Zivilklage, eine sogenannte Feststellungsklage, erhoben. Sie richtet sich nicht nur gegen Ratzinger, der damals Erzbischof von München und Freising war, als der Missbrauchstäter in seine Diözese versetzt wurde. Die Klage richtet sich auch gegen den verurteilten Mann selbst, das Erzbistum sowie Ratzingers Nachfolger im Amt des Erzbischofs, Kardinal Friedrich Wetter. Ziel der Klage ist unter anderem, festzustellen, ob Verantwortliche in der Diözese Taten vertuscht und so weitere Taten möglich gemacht haben.
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Ratzinger, Wetter und auch dem jetzigen Münchner Kardinal Reinhard Marx wurden in einem Gutachten persönlich Fehlverhalten in mehreren Fällen vorgeworfen. Ein Jahr nach der Veröffentlichung der aufsehenerregenden Studie hat Marx am Dienstag erneut die Betroffenen um Entschuldigung gebeten. „Für das damit verbundene Leid werde ich immer in der Verantwortung stehen und bitte darum nochmals um Entschuldigung“, sagte der Erzbischof von München und Freising am Dienstag. „Ich kann Geschehenes nicht rückgängig machen, aber jetzt und zukünftig anders handeln. Und das tue ich.“
„Der Schrecken ist geblieben“
Dass die Perspektive der Betroffenen anfänglich zu wenig berücksichtigt worden sei, „war unser größtes Defizit. Das müssen wir als Kirche, das muss ich als Erzbischof selbstkritisch einräumen“. Auch ein Jahr nach dem Gutachten sei das Entsetzen über die Fälle groß. „Der Schrecken ist geblieben“, sagte Marx. „Missbrauch ist und bleibt eine Katastrophe.“ Das vom Bistum bei der Münchner Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) in Auftrag gegebene Gutachten geht von mindestens 497 Opfern und 235 mutmaßlichen Tätern aus - und von einem weit größeren Dunkelfeld.
Marx rief am Dienstag dazu auf, Hinweise auf möglichen Missbrauch zu melden. Seit Veröffentlichung der Studie im Jänner 2022 gingen nach Angaben seines Bistums bis Ende des Jahres 57 Meldungen bei den unabhängigen Ansprechpersonen für die Prüfung von Verdachtsfällen ein. Darunter seien auch Hinweise zu Grenzverletzungen, die nicht in den Bereich sexuellen Missbrauchs fallen, sowie Hinweise zu bereits bekannten Missbrauchsfällen.
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