Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat der internationalen Gemeinschaft zu langes Zögern bei Waffenlieferungen vorgeworfen. Das ukrainische Militär müsse Russland bei dessen militärischer Mobilmachung zuvorkommen, sagte er am Mittwoch beim Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos in einer Videoansprache.
„Die Zeit, die die freie Welt zum Denken benötigt, wird vom Terrorstaat (Russland) zum Töten genutzt. Die Belieferung mit westlichen Kampfpanzern muss einer nächsten Invasion mit russischen Kampfpanzern zuvorkommen“, sagte der ukrainische Präsident. Das betreffe auch Flugabwehrsysteme. Hunderte Kampfpanzer aus dem Westen könnten aus ukrainischer Sicht zu einer erfolgreichen Gegenoffensive führen.
Stoltenberg: Keine Hinweise auf Frieden
Am Rande des WEF in Davos forderte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg auch ein weiteres Mal, der Ukraine schwere Waffen zur Verfügung zu stellen. Russlands Präsident Wladimir Putin gebe keine Hinweise darauf, dass er für Frieden eintrete. „Deshalb muss er realisieren, dass er auf dem Schlachtfeld nicht gewinnen kann“, sagte Stoltenberg. In dem „ausschlaggebenden Moment des Krieges“ brauche es eine „signifikante Steigerung“ der Waffenlieferungen.
Unterdessen dauern die Beratungen der westlichen Alliierten über die mögliche Lieferung von Kampfpanzern an das ukrainische Heer an. Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz hielt sich in Davos bezüglich Leopard-Kampfpanzer-Lieferungen bedeckt. Deutschland sei hinter den USA und mit Großbritannien bereits das Land, das der Ukraine am meisten Militärhilfe zukommen lasse. Man müsse sich mit den USA absprechen und aufpassen, dass sich der Krieg nicht in eine Auseinandersetzung zwischen Russland und der NATO entwickle.
Grüne brachten Antrag auf Kampfpanzer ein
Die Abgeordneten des Europaparlaments forderten Scholz wiederum auf, Lieferungen von Kampfpanzern an die Ukraine zu ermöglichen. Die Grünen stellten einen entsprechenden Antrag, die Mehrheit stimmte zu. Dass ein Regierungschef eines EU-Landes namentlich in einem Bericht des Europaparlaments zu etwas aufgefordert wird, gilt als außergewöhnlich - zumal der Antrag von einem Mitglied der an der deutschen Bundesregierung beteiligten Grünen eingebracht wurde. Rechtlich bindend ist der Bericht jedoch nicht.
Zu langes Zögern warf der ukrainische Präsident dem Westen am Mittwoch aber nicht nur in Bezug auf Waffenlieferungen, sondern auch bei den Sanktionen gegen Russland vor. So seien im Februar mehrere Tage verstrichen, bevor die ersten Sanktionen verhängt worden seien. „Die Welt darf weder heute noch irgendwann zögern“, sagte Selenskyj.
Moskau kontrolliert einschließlich der Halbinsel Krim derzeit rund 18 Prozent des ukrainischen Territoriums. Weitere Waffen an die Ukraine sagte kürzlich unter anderem Kanadas Regierung zu, konkret 200 Panzerfahrzeuge vom Typ Senator. Die Fahrzeuge sind für den Transport von Soldatinnen und Soldaten gedacht.
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