Nach der Ukraine hat nun auch Polen Aussagen von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) in Bezug auf Russland scharf verurteilt. Dieser hatte am Montag die Ausladung Russlands von einem OSZE-Treffen in Polen kritisiert. Der polnische Vizeaußenminister Pawel Jablonski nannte Schallenbergs Vorstoß am Mittwoch „absurd“ und zog einen wenig diplomatischen Vergleich zu seiner Vorgängerin.
Schallenberg hatte am Montag in Bezug auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine dafür plädiert, gegenüber Moskau „Augenmaß“ zu bewahren. „Die OSZE ist eine der wenigen verbliebenen Plattformen, in denen russische Diplomaten sitzen und sich unsere Argumente, unsere scharfe Kritik am russischen Angriffskrieg anhören müssen“, so der Außenminister. Er sprach sich auch gegen ein generelles Visaverbot für russische Staatsbürger aus.
„Prorussische Haltung bis in höchste Regierungsebenen sehr stark“
Diese Aussagen zeigten, „dass eine prorussische Haltung in vielen Ländern Europas noch immer sehr stark ist und manchmal bis in die höchsten Regierungsebenen reicht“, so Jablonski. Wenn jemand sage, dass die Sanktionen zu hart seien oder dass Polen den russischen Außenminister - „eigentlich ein Kollaborateur bei diesen Verbrechen“, für die der russische Regierungsapparat verantwortlich sei - einreisen lassen sollte, „dann sind dies völlig inakzeptable Dinge in der Familie zivilisierter Länder“.
Parallelen zu Kneissl-Zeit?
Wenn solche Menschen „nach den gleichen Grundsätzen“ behandelt würden wie „andere vernünftige Politiker“, dann würde etwas „sehr falsch“ laufen. „Das ist eine völlig unverständliche, absurde Aussage, die leider in der schlechten Tradition des österreichischen Außenministeriums steht“, verwies Jablonski auf die frühere Außenministerin Karin Kneissl und deren Tanz mit Kreml-Chef Wladimir Putin bei ihrer Hochzeit sowie ihre spätere berufliche Tätigkeit bei russischen Unternehmen.
Polens Präsident: Einheit der EU zerbrochen
Kurz nach dem Vizeaußenminister schaltete sich am Nachmittag auch Polens Präsident Andrzej Duda in die Schallenberg-Debatte ein - ebenfalls mit schwerer Kritik. „Es tut mir leid, solche Stimmen zu hören, denn wenn wir berücksichtigen, dass dies von einem Politiker aus einem EU-Mitgliedsstaat gesagt wird, dann sehe ich das zweifellos als Zerbrechen der europäischen Einheit“, so Duda beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Und weiter: „Wie Sie sehen, gibt es Menschen, die bereit sind, Geschäfte zu machen, ohne Rücksicht auf das vergossene Blut.“
Ukraine lädt Schallenberg nach Dnipro
Auch in der Ukraine waren Schallenbergs Aussagen auf wenig Verständnis gestoßen. Das ukrainische Außenministerium lud Schallenberg in die Stadt Dnipro ein. Dort könne er den Angehörigen der 44 Todesopfer des russischen Raketenangriffs auf ein Hochhaus seine Argumente darlegen, sagte Sprecher Oleh Nikolenko am Dienstag.
Auch Schach-Legende Kasparow schaltet sich ein
Der ehemalige Schachweltmeister und Kreml-Kritiker Garry Kasparow forderte am Mittwoch auf Twitter eine Klarstellung zur Äußerung Schallenbergs, dass die europäische Sicherheitsarchitektur auch in Zukunft auf die eine oder andere Weise Russland als ständiges Mitglied im UNO-Sicherheitsrat und als Atommacht einbeziehen müsse. „Welches Russland? Eines, das in der Ukraine besiegt, zur Rechenschaft gezogen wird und keine Bedrohung mehr darstellt? Oder Putins Mafia, die noch immer am Tisch willkommen ist?“, wollte Kasparow wissen.
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