Neuerlicher Rückschlag im Kampf gegen das HI-Virus: Ein als besonders aussichtsreich geltender Impfstoffkandidat gegen die durch Sexualkontakt übertragbare Immunschwächekrankheit Aids schützt nicht ausreichend vor einer HIV-Infektion. Das gab der US-Pharmakonzern Johnson & Johnson nach der Begutachtung von Daten der entscheidenden klinischen Studie bekannt.
„Wir sind enttäuscht von diesem Ergebnis“, sagte die verantwortliche Forscherin Penny Heaton laut einer Mitteilung des Unternehmens. Die Phase-III-Studie („Mosaico“) mit 3900 Probanden werde beendet. Dem deutschen HIV-Experten Hendrik Streeck zufolge, der an der Studie am Rande beteiligt war, hatte kein anderes Präparat so gute Aussichten gehabt.
Die nun veröffentlichten schlechten Ergebnisse der Studie hätten die Suche nach einem Impfstoff „deutlich zurückgeworfen“, erläutert Streeck, der das Institut für Virologie der Universität Bonn leitet. „Bis vor Kurzem habe ich noch gehofft, dass dieser Impfstoff funktionieren könnte.“
„Bis vor Kurzem habe ich noch gehofft, dass dieser Impfstoff funktionieren könnte.“
HIV-Experten Hendrik Streeck
Vakzin zeigte bei Affen gute Immunantwort
So hätten Affen eine sehr gute Immunantwort gegen das Virus gezeigt, so der deutsche Experte. Allerdings war im Herbst 2021 bereits eine Studie („Imbokodo“) zu einem ähnlichen HIV-Impfstoff gestoppt worden (krone.at berichtete), das habe auch die Erwartungen in die „Mosaico“-Studie gedämpft.
Der Impfstoff, dessen Studie nun beendet wird, ist ein sogenannter vektorbasierter Impfstoff. Dabei wird ein abgeschwächtes Erkältungsvirus so verändert, dass es einen Bauplan für das Virus in Zellen einschleusen kann, damit das Immunsystem Antikörper gegen HIV produziert. Zusätzlich wird das Immunsystem noch durch das Oberflächenprotein des HI-Virus angeregt. Insgesamt wären vier Impfdosen notwendig.
1,5 Millionen Aids-Neuansteckungen pro Jahr
Der Kampf gegen die Immunschwächekrankheit Aids ist global gesehen eine der größten medizinischen Herausforderungen. Zuletzt steckten sich rund 1,5 Millionen Menschen pro Jahr mit HIV an. Wenn eine Infektion nicht behandelt wird, schwächt das Virus das Immunsystem so stark, dass lebensgefährliche Krankheiten auftreten. Man spricht dann von Aids (Erworbenes Immunschwäche-Syndrom).
Zwar gibt es für Menschen mit erhöhtem Infektionsrisiko mittlerweile Medikamente, die vor einer Ansteckung schützen (PrEP). Dabei wird eine tägliche Einnahme empfohlen. Zudem gibt es Arzneimittel, die bei infizierten Menschen die Vermehrung des Virus hemmen, sodass die Krankheit Aids nicht ausbricht.
Erreger kommt in vielen Varianten vor
Das HI-Virus stellt Forscher vor besondere Herausforderungen. So komme der Erreger in vielen verschiedenen Varianten vor und verändere sich vergleichsweise schnell, erklärte Streeck. Das macht es schwer, einen Impfstoff zu entwickeln, der auf breiter Front schützt. Außerdem habe das Virus eine besondere Oberfläche, an die - durch den Impfstoff angeregte - Immunstoffe vergleichsweise schwer angreifen können.
Eine weitere Herausforderung sei, dass ein Impfstoff dazu führen müsste, dass man eine komplett schützende, also sterile, Immunität erzeugen muss. Eine kurzfristige oder leichte Infektion trotz Impfung ist hierbei nicht möglich, da das Virus direkt das Immunsystem angreift.
Schon Tests mit mehreren Impfstoffen
In den vergangenen Jahrzehnten wurden mehrere potenzielle HIV-Impfstoffe in klinischen Untersuchungen an Probanden getestet. Mit einer der Vakzine konnte in einer Wirksamkeitsstudie zwar eine Schutzrate von 31 Prozent vor einer Infektion bewiesen werden, das war allerdings viel zu gering, um einen breiten Einsatz zu rechtfertigen.
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