Ungesunde Angewohnheit

Arbeiten im Krankenstand oft an der Tagesordnung

Wien
19.01.2023 15:00

90 Prozent der Arbeitnehmer gehen krank arbeiten. Wer zu Hause bleibt, werde dennoch von Vorgesetzten kontaktiert und unter Druck gesetzt, besagt eine Umfrage der Wiener Arbeiterkammer.

Mit einem Schnupfen zu Hause bleiben und sich krankmelden, bei etwas Husten lieber den Tag im Bett als hinter dem Schreibtisch verbringen oder bei Fieber sich auskurieren und nicht ins Homeoffice wechseln - klingt logisch, den Österreichern ist das aber offenbar fremd. Laut einer Arbeiterkammer-Studie stehen oder sitzen 90 Prozent der Befragten nämlich regelmäßig krank am Arbeitsplatz. „Gesundheitlich angeschlagen zu arbeiten ist heute die Regel“, bestätigt Expertin Ines Stilling diesen besorgniserregenden Trend.

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Anscheinend haben wir nichts aus Corona und der Pandemie gelernt. Eigentlich sollten wir mittlerweile wissen, dass krank zu arbeiten nicht nur die eigene Gesundheit, sondern auch die unserer Kollegen und Mitmenschen gefährdet.

Ines Stilling, Bereichsleiterin Soziales, Arbeiterkammer Wien

Über 6500 Personen schildern ihre Erfahrungen
Im Oktober 2022 hatte die AK zu einer Online-Umfrage eingeladen. Mehr als 6500 Personen haben den Fragebogen komplett ausgefüllt. Die Ergebnisse sind überraschend und als gesundheitsgefährdend einzustufen. So stehen im Handel sowie im Hotel- und Gastgewerbe das Arbeiten trotz Krankheit offenbar auf der Tagesordnung. Das gaben jeweils 96 Prozent der Befragten an. Irritierend: Obwohl man vermutlich nirgends mehr über die schädlichen Auswirkungen dieser Praxis wissen sollte, ist im Gesundheitswesen (94 Prozent) die Anwesenheit trotz akuten Unwohlseins anscheinend normal.

Acht Prozent

der Befragten wurde während eines Krankenstandes schon einmal fristlos entlassen oder gekündigt. Im Hotel- und Gastgewerbe sogar jeder Siebte.

Mehrheit hat Angst vor Kollegen und Chefs
Doch warum gehen die Menschen trotz Krankheit in die Arbeit? Die Antworten erschüttert fast noch mehr als der Umstand, dass es so viele machen. So ist der häufigste Grund, krank arbeiten zu gehen (61 Prozent), die Kollegen nicht im Stich lassen zu wollen. Auch der zweithäufigste Grund bezieht sich auf die Kollegen, die die Arbeit alleine kaum schaffen würden. „Beides weist auf den Druck hin, der in Betrieben herrscht“, ist sich Stilling sicher.

An dritter Stelle wird angeführt, dass Terminarbeit liegen bleiben würde oder es unaufschiebbare Termine gibt. Der vierte Grund - keine Vertretung zu haben - geht auch in diese Richtung. Jeder vierte Arbeitnehmer hat Angst, den Job zu verlieren, und geht deshalb nicht gesund in die Arbeit.

(Bild: Krone KREATIV)

Viele berichten von Kündigungen
Dass diese Angst nicht unberechtigt ist, legen die Befragungsergebnisse ebenfalls nahe. Jeder zwölfte Teilnehmer wurde während des Krankenstands bereits einmal fristlos entlassen oder gekündigt - manchmal mit dem Versprechen, nach dem Krankenstand wieder eingestellt zu werden. Nicht unbedingt besser ist die Situation, wenn ein Mitarbeiter doch einmal in den Krankenstand geht. Dann stellen Chefs gerne Fragen zur Art der Erkrankung (17 Prozent) oder es werden Fragen zur Arbeit (24 Prozent) gestellt. Jeder 20. Befragte wurde sogar explizit aufgefordert, in die Arbeit zu kommen.

Unternehmen müssen Rahmenbedingungen ändern
Für die Arbeiterkammer alarmierende Signale. Sie fordert nun einen Kündigungsschutz und mehr Verantwortung in Unternehmen. Stilling: „Nur durch bessere Rahmenbedingungen können kranke Arbeitnehmer in Ruhe gesund werden.“ 

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