Das EU-Parlament stimmte am Mittwoch mit überwältigender Mehrheit für das Einsetzen eines internationalen Sondergerichtshofs, um die mutmaßlichen Kriegsverbrechen im russischen Krieg gegen die Ukraine zu untersuchen. Zuvor hatte Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock ein solches juristisches Format vorgeschlagen - Russland erkennt schließlich den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag nicht an.
Gräueltaten, die aus Butscha, Irpin und anderen ukrainischen Städten gemeldet worden seien, zeigten die Bedeutung koordinierter internationaler Maßnahmen, teilte das EU-Parlament am Donnerstag mit, nachdem die Abgeordneten mit großer Mehrheit für eine entsprechende Resolution gestimmt hatten. Die Entscheidung ist rechtlich nicht bindend.
Den Haag ermittelt bereits
Ein Sondergerichtshof würde die Ermittlungsbemühungen des Internationalen Strafgerichtshofs ergänzen, wo dieser derzeit nicht tätig werden darf, hieß es. Dem Willen der Abgeordneten zufolge soll ein solcher Gerichtshof nicht nur gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und die politische und militärische Führung Russlands ermitteln, sondern auch gegen die politische und militärische Führung in Belarus.
Wirksame Konsequenzen schwierig
Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs mit Sitz in Den Haag ermittelt bereits wegen der Lage in der Ukraine. Da Russland aber seine Unterstützung für den Gerichtshof bereits im Jahr 2016 aufgekündigt hat. Sollte es also in Den Haag zu Verurteilungen kommen, besitzt das Gericht keine Machtmittel, um den Staat zu zwingen, ein Urteil auch umzusetzen. Es gilt also als schwierig, wirksame Konsequenzen zu setzen.
Verhandlung nach ukrainischem Recht?
Um dennoch Gerechtigkeit für die Menschen vor Ort walten lassen zu können, schlug Baerbock am Montag einen solchen entsprechenden Sondergerichtshof vor. Die russischen Kriegsverbrechen sollten nach ihrer Vorstellung nach ukrainischem Recht verhandelt werden. Es soll jedoch im Ausland sitzen und mit internationalen Elementen gestärkt werden, um eine breite Legitimität zu erfahren, so die studierte Völkerrechtlerin.
Zahlreiche Kriegsverbrechen befürchtet
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj begrüßte die Annahme der Resolution im Europaparlament. „Ich rufe alle unsere Partner auf, ein solches Tribunal zu unterstützen“, schrieb er auf Twitter. Russland müsse für seinen Angriffskrieg zur Rechenschaft gezogen werden.
Russische Streitkräfte haben nach bisherigen Ermittlungen der ukrainischen Behörden in mehreren Gebieten Kriegsverbrechen begangen. Beispielsweise wurden nach dem Abzug russischer Einheiten aus dem Kiewer Vorort Butscha dort die Leichen von mehr als 400 Menschen entdeckt. Die meisten von ihnen waren eines gewaltsamen Todes gestorben. Die Ermittlungen dauern an.
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