Fall Teichtmeister

Kritik an neuen Regeln für Anstalts-Einweisungen

Gericht
20.01.2023 18:00

Der Fall Teichtmeister erweckt die jahrelang im Dornröschenschlaf steckende Diskussion um zu milde Strafdrohungen bei Sexualdelikten. Der Ruf nach strengeren Strafen ist lauter denn je. Doch in der Realität steht eine Lockerung bevor. Mit 1. März tritt die Reform des Maßnahmenvollzugs in Kraft. Die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher ist dann in der Regel erst ab einer Strafdrohung von mehr als drei Jahren vorgesehen (statt bisher einem Jahr). 

Verhandlungssaal 303 im Wiener Landesgericht ist reserviert, das Haus in der Josefstadt muss sich auf enormes Medieninteresse einstellen. Obwohl ein Delikt verhandelt wird, das für die Justiz auf der Tagesordnung steht: Paragraf 207a, pornografische Darstellung Minderjähriger, findet sich ständig auf den Verhandlungslisten. Ein Einzelrichter entscheidet. Oft geht es schnell, und ein Angeklagter geht mit einer Therapieweisung und einer Vorstrafe wieder nach Hause. Ohne jegliches Aufsehen.

Einweisung: Ab 1. März schwerer möglich
Im Fall von Florian Teichtmeister ist es anders. Der Ex-Mime ist wegen des Besitzes von Kindesmissbrauchsdarstellungen angeklagt. Prompt wird über die zu geringe Strafandrohung diskutiert, über die Dauer von Ermittlungsverfahren oder die schlechte Ausstattung des Büros Sittlichkeit und Kinderpornografie im Bundeskriminalamt. Etliche Politiker fordern härtere Strafen, doch die Realität sieht anders aus. Hier wird mit 1. März sogar gelockert. Denn da tritt die Reform des Maßnahmenvollzugs in Kraft und Einweisungen in Anstalten für geistig abnorme Rechtsbrecher sind dann für Täter, die Kindesmissbrauchsdarstellungen konsumieren, per Gesetz schwerer möglich.

Rechtsanwältin Astrid Wagner kritisiert die Reform. (Bild: Kronen Zeitung/Martin A. Jöchl)
Rechtsanwältin Astrid Wagner kritisiert die Reform.
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Für Gutachter gibt es immer noch keine einheitlichen Standards. Die Reform des Maßnahmenvollzugs ist leider viel zu schwammig.

Anwältin Astrid Wagner zur Reform des Maßnahmenvollzugs ab 1. März.

„Die Zahlen explodieren“
In Zukunft kann eine Einweisung in ein „forensisch-therapeutisches Zentrum“ - wie die Einrichtungen dann offiziell genannt werden - nur bei Taten erfolgen, die mit mehr als einem Jahr bedroht sind. Wenn die angedrohte Freiheitsstrafe drei Jahre nicht übersteigt, muss ein Gutachter eine besonders hohe Gefährlichkeit, die gegen Leib und Leben oder die sexuelle Selbstbestimmung gerichtet ist, attestieren. „Für Gutachter gibt es immer noch keine einheitlichen Standards. Die Reform ist viel zu schwammig und daher zu kritisieren“, findet Strafverteidigerin Astrid Wagner klare Worte. Laut der Anwältin bräuchte es „mehr Therapien, denn die Zahlen explodieren“.

Teichtmeister reizte die Rolle des Egon Schiele
In neuem Licht erscheint indes ein Interview mit dem gefallenen TV-Star, das dieser bei einer Ausstellungseröffnung in Salzburg im August 2022 gab. Auf die Frage, welchen bildenden Künstler er gerne als Darsteller verkörpern würde, antwortete Teichtmeister: „Die österreichische bildende Kunst hat sehr viele avantgardistische Figuren, die in ihrer Zeit sehr umstritten waren, die viel gewagt haben und deren Lebensgeschichten auch in negativer Hinsicht sehr wert sind, erzählt zu werden. Also insofern würde ich sagen: Schiele, Klimt.“ - Ersterer war wegen des Verdachts auf Verführung einer Minderjährigen vorübergehend inhaftiert.

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