Bundeskanzler Karl Nehammer und Innenminister Gerhard Karner (beide ÖVP) besichtigten am Montag die bulgarisch-türkische Grenze. Nehammer sprach sich für mehr EU-Unterstützung beim Schutz der Außengrenze aus. So sollen zwei Milliarden Euro für einen Grenzzaun auf bulgarischer Seite nach dem Vorbild Griechenlands bereitgestellt werden.
Außerdem forderte Nehammer EU-Rechtsänderungen, wie etwa eine Zurückweisungsrichtlinie. Der bulgarische Präsident, Rumen Radew, nannte den Ausschluss seines Landes aus dem Schengenraum „nicht gerecht“. Er zeigte sich dennoch von einer raschen Lösung überzeugt.
Bisher hat sich die EU-Kommission geweigert, Geld für Mauern, Zäune und Stacheldraht zu geben, sie will lediglich Infrastruktur an der Grenze unterstützen. Österreich hat wegen der illegalen Migration im Dezember ein Veto gegen den Schengen-Beitritt Bulgariens und Rumäniens eingelegt. Vor dem Besuch betonte Nehammer, das Schengen-Veto Österreichs bleibe so lange aufrecht, „bis sich die Situation grundlegend ändert“.
Hohe Dunkelziffern bei illegalen Migranten vermutet
Österreich argumentiert, dass in der Alpenrepublik 2022 mehr als 100.000 Migranten aufgegriffen worden seien. Laut Innenministerium kamen 40 Prozent aus der Türkei über Bulgarien, vor allem Menschen aus Afghanistan, Syrien, Marokko, Ägypten und Somalia. Der bulgarische Migrationsforscher Tihomir Bezlov bezweifelte dies und forderte, sich die Zahlen der irregulären Migranten genauer anzuschauen. Das österreichische Innenministerium reagierte mit einem Verweis auf die hohen Dunkelziffern.
Nehammer und Karner flogen am Montag nach dem Empfang per Helikopter gemeinsam mit dem bulgarischen Präsidenten, Rumen Radew, und dem bulgarischen Innenminister, Iwan Demerdschiew, an die Grenze, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Sie besichtigten dort das regionale Koordinationszentrum der Grenzpolizei nahe der Stadt Elchowo und im Anschluss gab es eine gemeinsame Pressekonferenz. Nach der Rückreise nach Sofia ist auch ein Treffen des Kanzlers mit dem bulgarischen Premierminister, Galab Donew, vorgesehen. Den Besuch in Bulgarien hatte Nehammer bereits beim Besuch des bulgarischen Präsidenten, Rumen Radew, zum Neujahrskonzert in Wien angekündigt.
Grenzzaun für Schlepper „kein ernstzunehmendes Hindernis“
Nehammer und Karner werden unter anderem vom Leiter der Schleppereibekämpfung im Bundeskriminalamt, Gerald Tatzgern, begleitet. Tatzgern erklärte im Vorfeld, der bisherige Grenzzaun, von den bulgarischen Behörden als „technisches Hindernis“ bezeichnet, sei zum größten Teil über 155 Kilometer einreihig ausgeführt und stelle für kriminelle Schlepper kein ernstzunehmendes Hindernis dar. Lediglich 80 Kilometer seien zweireihig ausgebaut. Schlepper würden die Schwachstellen des bestehenden Grenzzauns konsequent ausnutzen. Der Migrationsdruck aus der Türkei nach Bulgarien sei nach wie vor sehr hoch, deshalb sei der Ausbau der „technischen Sperren“ von entscheidender Bedeutung zur Schleppereibekämpfung, sagte Tatzgern.
Ergebnisse des Treffens
Im Zuge der Gespräche kam man überein, dass man gemeinsam Druck auf die Europäische Kommission ausüben werde, damit zwei Milliarden Euro für den Außengrenzschutz in Bulgarien zur Verfügung gestellt würden. Darüber hinaus wurde ein umfangreiches Paket zur Verstärkung der polizeilichen Zusammenarbeit im Bereich des Grenzschutzes und der Schleppereibekämpfung vereinbart. Zudem will Bulgarien seine Dublin-Rückführungen aus Österreich nach Bulgarien verstärken, und mit Österreich an einem Pilotprojekt zu beschleunigten Verfahren in Grenznähe zusammenarbeiten.
„Der Schutz der EU-Außengrenze ist eine europäische Aufgabe - dabei dürfen die Länder an der Außengrenze nicht alleine gelassen werden. Die Kommission ist daher aufgefordert Bulgarien mit zwei Milliarden Euro für den Grenzschutz zu unterstützen - es braucht Technik, Personal, Fahrzeuge, Infrastruktur. Das muss uns die Sicherheit wert sein.“
Bundeskanzler Karl Nehammer
Die bulgarische Grenze sei auch unsere Grenze - die Grenze aller EU-Mitgliedsstaaten, so Nehammer weiter. Man stehe an Seite mit Bulgarien, wenn es darum gehe, die Grenze zu schützen und damit mehr Sicherheit zu schaffen. Die Innenminister hätten eine polizeiliche Partnerschaft zum Kampf gegen die Schleppermafia vereinbart - auch hier gelte es strukturell die kriminellen Netzwerke zu zerschlagen, so der Bundeskanzler.
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