Als gezeichneter Mann saß ein Lokführer der Raaberbahn am Dienstag auf der Anklagebank am Landesgericht Wiener Neustadt. Bei der Entgleisung im Mai 2022 bei Münchendorf in Niederösterreich (wir berichteten) starb ein junger Fahrgast, Dutzende Fahrgäste wurden verletzt.
Zwei Stunden lang lag der Mann selbst unter dem Zug, den er zum Entgleisen brachte. Ehe er mit Knochenbrüchen und Prellungen per Hubschrauber ins Krankenhaus Meidling geflogen wurde.
Am Dienstag musste sich der Lokführer der Raaberbahn wegen fahrlässiger Gemeingefährdung am Landesgericht Wiener Neustadt verantworten. Sein Zug war am 9. Mai 2022 auf dem Weg von Deutschkreutz nach Wien am bei Münchendorf (NÖ) entgleist. Zwei Waggons kippten dabei zur Seite. Ein junger Fahrgast wurde aus der Bahn geschleudert und eingeklemmt. Er starb infolge eines Quetschtraumas. Weitere Dutzende Fahrgäste wurden verletzt.
Ich kann nicht mehr Zug fahren, auch nicht mehr mit dem Auto. Fast jede Nacht träume ich von schreienden Passagieren.
Lokführer
Laut Angeklagtem war die Signalschaltung falsch
Saal 152 war zum Bersten voll, etliche Opfer folgten der Verhandlung. Ihnen präsentierte sich ein gebrochener Mann. Der seit dem Unglück in Krankenstand ist und im Februar erneut operiert werden muss. Nicht nur körperlich, sondern auch psychisch ist der Ungar ein Wrack: „Ich kann nicht mehr Zug fahren, auch nicht mehr mit dem Auto. Fast jede Nacht träume ich von schreienden Passagieren.“ Zum Vorwurf bekannte er sich nicht schuldig.
Was war also geschehen an jenem verregneten Abend im Mai? Fest steht, dass es auf der Strecke eine Störung gab, weshalb die Weiche umgestellt wurde, um den Zug über das Nebengleis zu führen. Der Lokführer wird mittels Signal darüber informiert. Der Angeklagte gab an, dass er nach dem gelb leuchtenden Vorsignal vorschriftsgemäß gebremst hatte.
Mit 145 km/h auf gestellte Weiche zugesteuert
Das Hauptsignal hätte aber dreimal grün geleuchtet. Weshalb der 53-Jährige beschleunigte. Mit 145 km/h statt 60 km/h steuerte er die Garnitur auf die gestellte Weiche zu - die Tragödie nahm ihren Lauf.
„Ich bin mir nicht 99, sondern 100 Prozent sicher, dass es drei grüne Lichter waren", so der Mann, der 35 Jahre Berufserfahrung hat. Der Richter ging in seiner Urteilsbegründung nicht davon aus, dass es einen Signalfehler gab. Sein Urteil fiel dennoch mild aus: Sechs Monate bedingte Haft, nicht rechtskräftig.
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